Oxalsäure ist eine organische Verbindung, die in vielen häufig verzehrten pflanzlichen Lebensmitteln vorkommt. In letzter Zeit kommen vermehrt Informationen ins Netz, in denen es heißt, Oxalsäure sei schädlich, sorge für Nierensteinbildung, Mineralstoffmangel, Entzündungen und Verdauungsbeschwerden. Selbst ganze Bücher wurden zu dieser Thematik geschrieben. In diesem Artikel betrachten wir Oxalsäure etwas genauer und erklären, was es mit den gesundheitlichen Bedenken auf sich hat.
Artikel von Joshua Hübner.

Was ist Oxalsäure?

Oxalsäure, auch Ethandisäure bekannt, ist eine chemische Verbindung, die in vielen Pflanzen vorkommt. Isolierte Oxalsäure findet auch in der Chemie Einsatz, z.B. als Rostentferner, Reduktionsmittel oder Komplexbildner. Isolierte Oxalsäure findet man in Pflanzen aber kaum, sondern meist nur Oxalate. 

Oxalate entstehen, wenn die freie Säure an Mineralstoffe wie Eisen, Kalzium und Magnesium bindet und somit ein Salz wird. Oxalsäure spielt im Stoffwechsel der Pflanze eine entscheidende Rolle und dient auch der Abwehr von Fressfeinden über Kalziumoxalatkristalle.


In welchen Lebensmitteln ist Oxalsäure enthalten?

Oxalsäure bzw. Oxalate finden sich in vielen gesunden und auch häufig konsumierten Lebensmitteln. Zu den bekanntesten und relevantesten Quellen gehören:

·        Grünes Blattgemüse: Spinat, Mangold & Rhabarber
·        Nüsse und Samen: Mandeln, Cashewnüsse, Sesam
·        Bohnen & Hülsenfrüchte: Kakao, Sojabohnen, Kidneybohnen und Linsen
·        Tee und Kaffee: Grüner Tee, Schwarztee, Kaffee
·        Getreide: Quinoa, Buchweizen

Hier eine tabellarische Übersicht:

LebensmittelOxalsäure-Gehalt (mg/100g)
Spinat970
Rhabarber860
Mangold700
Rote Beete675
Kakao623
Schokolade (dunkel)500
Tee (schwarz)375
Erdnüsse187
Petersilie170
Zuckerrüben152
Süßkartoffeln130
Bohnen (grün)100
Kaffee90
Kartoffeln10
Äpfel5
Bananen4
Erdbeeren2
Reis (weiß)1

Eine ausführliche Liste bietet die St.Joseph’s Healthcare Hamilton-Institute.

Der Gehalt an Oxalsäure in Pflanzen kann stark schwanken und ist abhängig von der Bodenqualität, der Pflanzengenetik, Stress und andere Faktoren.


Ist Oxalsäure schädlich?

Sehen wir uns das mal etwas kritischer an: ist Oxalsäure schädlich?

Nierensteine

Oxalsäure steht im Verdacht, sich mit Kalzium im Urin zu verbinden, sodass Kalziumoxalat-Kristalle entstehen können, welche sich weiter zu Nierensteinen formen können. Circa 80% aller Nierensteine sind Kalziumoxalate. Aus diesem Grund empfehlen einige Urologen immer noch, Oxalsäure über die Ernährung bei Nierensteinen zu vermeiden.

Ein Faktor, der hierbei häufig vergessen wird, ist, dass die Hälfte der Oxalate im Urin nicht aus Nahrungsquellen stammen, sondern vom eigenen Körper produziert werden. Oxalate entstehen auch im menschlichen Körper als Abfallprodukt im Stoffwechsel von Glycin, Hydroxyprolin oder Vitamin C. Wie Du den körpereigenen Oxalatstoffwechsel optimierst, erfährst Du weiter unten.

Ein aktuelles Review bestätigt, dass Lebensmittel, mit vielen Oxalaten bei anfälligen Personen das Risiko für Nierensteine erhöhen, wobei die körpereigene Oxalatproduktion nicht unterschätzt werden sollte. Wer ist "anfällig"? Hier hilft ein Blick auf die eigene Verwandtschaft: wie häufig sind hier Nierensteine?


Verdauungsbeschwerden

Erfahrungsgemäß leiden auch viele Reizdarmpatienten unter einer Oxalsäureunverträglichkeit. Dies kann sich in Blähungen, Verstopfung oder Durchfall äußern. Es lassen sich wenig wissenschaftliche Daten zum Zusammenhang zwischen Oxalatkonsum und Verdauungbeschwerden finden, sodass es zunächst bei Beobachtungen bleibt.

Was jedoch deutlich wird: bei einer Dysbiose in der Darmflora fehlt ein Stamm namens Oxalobacter - dieser kann Oxalsäure abbauen und scheint ein wichtiger Faktor bei der Entstehung von Darmreizungen und Nierensteinen zu sein.

Wer vermehrt mit Verdauungsbeschwerden reagiert, kann ausprobieren, Oxalate in der Ernährung zu reduzieren. Die Ursache hinter Verdauungsbeschwerden liegt aber meistens an anderen Stellen, sodass eine oxalarme Ernährung nur Symptomlinderung ist.


Entzündungen und Schmerzen

Zudem werden Oxalat-Überschuss auch Hautentzündungen, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen und Vulvodynie zugeschrieben. Tatsächlich werden teilweise Oxalat-Kristall-Ablagerungen in den Gelenken gefunden, wobei es keine Hinweise darauf gibt, dass eine oxalatarme Ernährung diese Symptome lindern kann. [1] 


Die positiven Seiten von Oxalsäure

Häufig wird Oxalsäure einseitig betrachtet und als negativ abgestempelt. In Wahrheit besitzt Oxalsäure in adäquaten Mengen auch gesundheitliche Vorteile.

·        Oxalsäure besitzt antioxidative Eigenschaften (ähnlich wie Phytinsäure)
·        Förderung der Entgiftung durch Bindung an toxische Metalle
·        Verbessert Aufnahme von pflanzlichem Eisen über pH-Wert-Modulation


Oxalate reduzieren

Sprechen wir mal darüber, wie man Oxalate in der Ernährung, aber auch im Körper reduzieren kann:


Oxalatabbau im Körper

Ein gesunder Körper hat meist keine Probleme mit Oxalaten, hierfür sind 3 Dinge wichtig:

1.       Gesunder Darm

2.       Genügend Ballaststoffe

3.       Genügend Nährstoffe

Viele Probleme mit Oxalaten entstehen, weil die Darmbarriere und das Mikrobiom nicht intakt sind. Mit der Stuhlanalyse Plus von medivere kannst Du herausfinden, ob Du genügend Oxalatabbauende Bakterien hast (Oxalobacter formigenes)

Durch ein ausbalanciertes, vielfältiges Mikrobiom, können Oxalate schon im Darm besser abgebaut werden. Eine Studie aus dem Jahr 2023 zeigt, dass die verringerte Aktivität von Oxalat-Abbauenden Darmbakterien mit einer Vielzahl an entzündungsbasierten Krankheiten in Verbindung steht. [2] 

 

Studien zeigen, dass eine ausreichende Ballaststoffzufuhr das Risiko für Nierensteine signifikant senkt und die Wirkung von Oxalaten abschwächt. Ballaststoffe können zu kurzkettigen Fettsäuren fermentiert werden, welche die renalen (Niere) Calcium-Oxalat-Steine reduzieren können. [3] 

Ein Mangel an Vitamin B-6 (Co-Faktor für den Oxalat- und Histaminabbau), Magnesium und Vitamin B-1 kann ebenfalls zu einem erhöhten Oxalatspiegel führen.

Oxalatabbau durch richtige Zubereitung

Die richtige Zubereitung von Lebensmitteln kann den Gehalt an Oxalaten erheblich reduzieren. Man beachte, dass unsere Vorfahren diese Methoden schon ohne wissenschaftliche Studien benutzt haben. Hier sind einige bewährte Methoden: 

·        Kochen: Blanchieren und Kochen in viel Wasser ist eine der effizientesten Methoden, um Oxalate zu reduzieren
·        Einweichen: Bohnen, Hülsenfrüchte, Nüsse & Samen können über mehrere Stunden oder Nacht eingeweicht werden, um den Oxalsäuregehalt zu senken
·        Fermentation
·        Kombination mit kalziumreiche Lebensmittel: Spinat mit Feta, Rhabarber mit Sahne oder Quark
·        Schälen: Kartoffeln und Süßkartoffeln
·        Keine Smoothies: Vermeide Smoothies mit unphysiologisch viel Oxalsäure-reichem Gemüse, wie Spinat-Smoothies

 

Fazit

Oxalat-Überschuss im Körper kann tatsächlich negative Effekte haben. Dieser Überschuss ist aber in den meisten Fällen nicht auf zu viele gesunde Lebensmittel zurückzuführen, sondern eher auf ein geschwächtes Körpersystem (ähnlich, wie Cholesterin in Lebensmitteln wenig Auswirkung auf den Blut-Cholesterinspiegel hat). 

Durch ausreichend Ballaststoffe, Nährstoffe, einen gesunden Darm und die richtige Zubereitung kann man oxalsäurereiche Lebensmittel meist ohne Probleme verzehren. 

Bei Neigung zu Nierensteinen oder generell geschwächtem Körpersystem kann die Reduktion von Oxalsäure in der Ernährung Linderung schaffen. Ich empfehle, auf das eigene Körpergefühl zu hören und nicht blind Empfehlungen im Internet zu folgen.


[1] Bargagli, M., Tio, M. C., Waikar, S. S. & Ferraro, P. M. (2020). Dietary Oxalate Intake and Kidney Outcomes. Nutrients, 12(9), 2673. https://doi.org/10.3390/nu12092673 [2] Stepanova, N., Tolstanova, G., Aleksandrova, I., Korol, L., Dovbynchuk, T., Driianska, V. & Savchenko, S. (2023). Gut Microbiota’s Oxalate-Degrading Activity and Its Implications on Cardiovascular Health in Patients with Kidney Failure: A Pilot Prospective Study. Medicina, 59(12), 2189. https://doi.org/10.3390/medicina59122189 [3] Sorensen, M. D., Hsi, R. S., Chi, T., Shara, N., Wactawski-Wende, J., Kahn, A. J., Wang, H., Hou, L. & Stoller, M. L. (2014). Dietary Intake of Fiber, Fruit and Vegetables Decreases the Risk of Incident Kidney Stones in Women: A Women’s Health Initiative Report.˜The œJournal Of Urology/˜The œJournal Of Urology, 192(6), 1694–1699. https://doi.org/10.1016/j.juro.2014.05.086