AGEs (Advanced Glycation Endproducts) – wie schädlich sind sie wirklich?

von Moritz Penne
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Steak - Advanced Glycation Endproducts

Ein saftiges Steak vom Grill, knusprige Pommes oder ein frisches Brot vom Bäcker um die Ecke sind Köstlichkeiten, die wir uns gerne schmecken lassen. Außerdem haben diese Lebensmittel eine Gemeinsamkeit: Sie enthalten sogenannte AGEs (Advanced Glycation Endproducts). Wieso diese nicht von jedem Menschen vertragen werden und wie Du sie meidest, erfährst Du im Beitrag.

Übrigens: In unserem Podcast findest Du zu unserem heutigen Thema eine spannende Episode – viel Spaß beim Reinhören!

 

Was sind Advanced Glycation Endproducts (AGEs)?

AGEs oder Advanced Glycation Endproducts sind chemische Verbindungen aus Zucker und Aminosäuren/Proteinen. Sie entstehen in großen Mengen beim Erhitzen von Lebensmitteln, die Proteine und Kohlenhydrate enthalten.

AGEs kommen zudem auf natürliche Weise in unserem Körper vor, allerding nur in geringen Mengen. Grund dafür: Glukose (Traubenzucker) und Fruktose (Fruchtzucker) sind chemisch reaktiv und reagieren besonders gerne mit Proteinen (Bierhaus, 2004). Dabei kommt es beispielsweise zur Entstehung von HbA1c (Glykosyliertes Hämoglobin). Viele Diabetiker kennen diesen Wert, da er den Langzeitblutzucker wiederspiegelt. Je höher der Blutzucker ausfällt, desto höher ist der Anteil an glykosiliertem Hämoglobin. Ein langfristig erhöhter Blutzuckerspiegel führt daher zu einem erhöhten HbA1c-Wert.

Außerdem entstehen AGEs beim Kochen und Backen. Je brauner, desto mehr Glykosylierungen haben stattgefunden. Aus diesem Grund werden Steaks, Brot oder Pommes braun. Beim Rauchen resultieren ebenfalls AGEs, die wir über die Atmung aufnehmen.

 

Wie entstehen AGEs?

AGEs entstehen, wenn Zucker unter hohen Temperaturen mit Aminosäuren, Fetten, Nukleinsäuren oder Proteinen reagiert. In der Praxis spielen vor allem letztere eine Rolle. Dies wird als Maillard-Reaktion bezeichnet. Haben sich erstmal AGEs gebildet, kann die Reaktion nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Übersicht zur Entstehung und Gefahr von AGEs

(IMD Labor Berlin, 2019)

Durch kohlenhydratreiche Lebensmittel erhöht sich der Blutzuckerspiegel, sodass Zucker und Protein schneller miteinander reagieren. Dies führt zur Bildung früher Glykierungsprodukte (Early Glycation Products).

Bleibt der Blutzuckerspiegel langfristig erhöht, was typisch für unsere westliche Ernährung ist, entstehen aus den frühen Glykierungsprodukten die AGEs. Daher ist es ratsam, die Zuckerzufuhr einzuschränken. Zudem sollten Lebensmittel schonend zubereitet werden (bei geringer Hitze). Besonders bei bestimmten Indikationen wie entzündlichen Darmerkrankungen oder Bluthochdruck ist dies wichtig.

 

Was ist die Maillard-Reaktion?

1912 untersuchte der Biochemiker Louis Maillard, warum sich Lebensmittel beim Erhitzen braun verfärben. Dabei stieß er auf die heute als Maillard-Reaktion bekannte Verbindung von Zucker mit Aminosäuren und Proteinen.

Regiert ein Zucker mit einem Protein, entsteht eine sogenannte Schiffbase. Diese wird zu einem Amadori-Produkt reduziert. Bis hierhin ist die Reaktion umkehrbar und kann in Maßen vom Körper reguliert werden.

Findet die Reaktion zu häufig statt, entstehen aus den Amadori-Produkten langfristig die AGEs. Sie können Zellen beeinträchtigen, da sie mit wichtigen Enzymen und Zellwandproteinen reagieren und diese, vereinfacht ausgedrückt, „verklumpen“ lassen. Dies kann die Zellgesundheit und damit unser Wohlbefinden stören. Mit dem fortschreitenden Alterungsprozess entstehen immer mehr Advanced Glycation Endproducts im Körper.

Chemische Strukturformel von AGEs

Reaktion der Carbonyl-Gruppe eines Zuckers mit der Amin-Gruppe einer Aminosäure: Eine Maillard-Reaktion (Starke Vereinfachung, normalerweise mit 7 Zwischenschritten)

 

Sind Advanced Glycation Endproducts schädlich?

Wir alle lieben den Duft von frisch gebackenem Brot oder einem saftigen Steak vom Grill. Doch derlei Köstlichkeiten haben ihre Kehrseiten.

Da die Proteine mit den Zuckern reagieren, stehen sie dem Körper funktionell nicht mehr zur Verfügung. Folglich sind sie „Zellschrott“, der abgebaut werden muss.

Bei diesen Reaktionen können sehr große AGEs entstehen, die ihre 3D-Struktur verändern können. Da sie nicht mehr so gut wasserlöslich sind, können sie im Körper auskristallisieren. Problematisch wird es, wenn dies im Blut passiert. Auf diese Weise können sich Gefäßablagerungen bilden, was sich negativ auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit auswirkt (Prasad and Tiwari, 2017).

Immer, wenn AGEs in großen Mengen entstehen und Kristalle bilden, aktivieren sie direkt oder indirekt das Immunsystem und können zu chronischen Entzündungen im Körper führen. Dies geschieht über spezielle Rezeptoren (RAGE). Sie kommen auf den meisten Zellen im Körper vor und binden die AGEs. Durch diesen Prozess wird eine Reaktionskaskade ausgelöst, die zu oxidativem Stress führt und Transkriptionsfaktoren wie NF-kB aktiviert.

Chronische Entzündungen können sich, je nach Entstehungsort, auf vielerlei Weisen negativ auf die Gesundheit auswirken. So begünstigen sie Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes, Arthritis, Bindegewebsschwäche, Fibromyalgie, Autoimmunerkrankungen und mehr.

Der Zusammenhang mit Bluthochdruck kommt wie folgt zustande: Das zentrale Protein, das die Blutgefäße weitet (eNOS), wird von AGEs und oxidativem Stress gehemmt. Kommen zu viele AGEs im Blutkreislauf vor, schränkt sich die Weitung der Blutgefäße ein.

Knuspriges, dunkelbraunes Brot umfasst von zwei Händen in Nahaufnahme

AGEs machen Brot, Toast und Kekse erst so richtig knusprig

 

Wer sollte bei AGEs vorsichtig sein?

In geringen Mengen sind AGEs natürlich. In großen Mengen können sie nicht nur Krankheiten begünstigen, sondern auch verschlimmern und die Regeneration erschweren. Bei bestimmten Indikationen sollte man deshalb Vorsicht walten lassen.

 

Bluthochdruckpatienten

Wie bereits beschrieben, begünstigt ein Übermaß an AGEs kardiovaskuläre Erkrankungen (Prasad and Tiwari, 2017) (Prasad and Mishra, 2017) und einen erhöhten Blutdruck. Die glykosylierten Proteine können sich in den Gefäßen ablagern und sie verstopfen. Außerdem verändert sich die Beweglichkeit und Festigkeit der Blutgefäße, was den Blutdruck erhöht.

 

Diabetiker

Das vermehrte Auftreten von AGEs aktiviert nicht nur Entzündungsfaktoren wie NF-kB, sondern reduziert auch die Insulinsensitivität der Zellen. Und zwar indem AGEs unter anderem den Insulinrezeptor schädigen. Dadurch kann nicht genügend Zucker in die Zellen aufgenommen werden und verbleibt im Blut. (Vlassara and Uribarri, 2014) (Singh et al., 2001) (Nowotny et al., 2015)

Ein langfristig erhöhter Blutzuckerspiegel und die Entstehung weiterer AGEs sind die Folge. Ein Teufelskreis droht. Diabetes Typ II kann entstehen. Werden weiterhin AGEs konsumiert, kommt es zu chronischen Erkrankungen, neurologischen Dysfunktionen und Nierenproblemen. Diabetiker sollten daher auf eine natürliche Ernährung mit schonend zubereiteten Lebensmitteln achten.

 

Nierenpatienten

Zu den wichtigsten Ursachen für Nierenerkrankungen wie Niereninsuffizenz (nachlassende bis ungenügende Nierenleistung) gehört die Schädigung der Filter-Zellen in den Nierenkörperchen. Diese kommt durch die Schädigung von Fetten (Oxidation) in den Zellen sowie durch die Entstehung von AGEs zustande. Dadurch werden die Zellen so stark beeinträchtigt, dass sie ihrer Funktion (der Blutfiltrierung) nicht mehr ausreichend nachkommen können.

Das ist übrigens der Grund, warum Niereninsuffizienz eine Spätfolge von Typ-2-Diabetes sein kann.

 

Menschen mit Darmerkrankungen

AGEs scheinen den Darm durchlässiger für Schadstoffe zu machen und das Mikrobiom zu stören. (Snelson and Coughlan, 2019). Die guten Bakterien produzieren dadurch weniger gesunde, kurzkettige Fettsäuren (Yacoub et al., 2017). Dies kann längerfristig strukturelle Schädigungen wie das Leaky-Gut-Syndrom oder Reizdarmsyndrom begünstigen.

Bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen führen Advanced Glycation Endproducts zu übermäßigen Entzündungsreaktionen im Darm. Gesunde Menschen reagieren darauf nur schwach bis gar nicht. Daher wird Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa auch Schonkost empfohlen.

 

In welchen Lebensmitteln sind Advanced Glycation Endproducts enthalten und wie viele?

Am meisten AGEs bergen:

  • Nüsse
  • gebratenes Fleisch
  • gebratener Fisch
  • industriell verarbeitete Lebensmittel und Fastfood
  • erhitzte Eierspeisen
  • Brotprodukte
  • frittierte Lebensmittel
  • Kaffee mit hohem Röstgrad
  • Kakao
  • Kekse

Durch schonende Zubereitung (kochen oder dämpfen statt braten und frittieren) und eine natürliche Ernährung, wie wir sie bei SchnellEinfachGesund empfehlen, kannst Du den Konsum von AGEs deutlich reduzieren.

Und natürlich: Mit dem Rauchen aufhören! 🙂

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Wie kann ich die Bildung von AGEs verhindern?

Es ist wichtig, die Aufnahme von AGEs aus der Nahrung zu reduzieren und deren Bildung im Körper zu verhindern. Doch wie geht das?

 

Niedriger Blutzuckerspiegel

AGEs entstehen vor allem durch einen konstant erhöhten Blutzuckerspiegel. Morgens ein Stück Kuchen, zwei Stunden später Trockenobst und mittags ein großer Teller Nudeln sind daher nicht optimal.

Zielführend ist eine gesunde, natürliche Ernährung, die auf möglichst unverarbeitete Lebensmittel setzt. Hinzu kommt regelmäßige Bewegung sowie eine gelegentliche kalte Dusche.

Suche Dir bei SchnellEinfachGesund leckere und gesunde Rezepte heraus, die Deinen Blutzucker stabil halten und Heißhungerattacken reduzieren. Mehr gesunde Fette, Proteine und Ballaststoffe helfen Dir dabei. Auch (intermittierendes) Fasten kann zur Stabilisation des Blutzuckers beitragen.

Starte Deinen Tag beispielsweise mit einem Bulletproof-Kaffee oder einem selbst gemachten Low-Carb-Müsli. Bereite Dir mittags einen Salat mit Olivenöl, Gemüse und Quinoa zu. Abends kommt eine Gemüsepfanne mit gedünstetem Lachs auf den Tisch. Probiere Dich hier gern aus.

 

Kochen oder Dünsten

Im Körper entstehen AGEs durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel, außerhalb des Körpers durch eine lange Zubereitung von Lebensmitteln bei großer Hitze. Verzichte also aufs Braten, Grillen und Backen oder reduziere dabei die Temperatur.

Alternativen sind Kochen oder Dünsten. Knackiges Gemüse aus dem Dampfgarer und gekochter Fisch schmecken köstlich, sind gesund und enthalten nahezu keine AGEs.

Teste es gern aus: Verzichte für eine Woche aufs Braten, Backen, Frittieren und Grillen und prüfe danach, ob es Dir besser geht.

 

Wie kann ich AGEs meiden?

Um Dir möglichst wenigs AGEs zuzuführen, eignen sich folgende Tipps.

 

Nicht rauchen

In Zigarettenrauch sind ebenso AGEs enthalten wie in Brot, gegrilltem Fleisch oder Pommes. Höre daher mit dem Rauchen auf und meide auch passives Rauchen.

 

Wenig verarbeitete Lebensmittel

Verarbeitete Lebensmittel werden zu einem Großteil vorbehandelt, frittiert oder gebraten. Hat ein Lebensmittel eine lange Zutatenliste, ist es besser, darauf zu verzichten.

Besonders hellhörig solltest Du werden, wenn die Zutat „modifizierte Stärke“ vorkommt. Hier kannst Du sicher sein, dass Advanced Glycation Endproducts in hohen Mengen enthalten sind.

 

Zucker reduzieren

Zuckerhaltige Lebensmittel wie Limonaden, Schokolade und weitere Süßigkeiten erhöhen Deinen Blutzuckerspiegel und führen zu einer vermehrten AGE-Produktion. Reduziere den Konsum Deiner Gesundheit zuliebe auf ein Minimum.

 

Fazit

Advanced Glycation Endproducts können problematisch sein, wenn Du sie zu häufig konsumierst. Bei manchen Indikationen können sie die Symptomatik verschlimmern. Zudem reagieren einige Menschen von Haus aus sensibler auf AGEs. Achte darauf, Dein Essen schonend zuzubereiten und es nicht zu scharf anzubraten. Frittiertes und Brot solltest Du von Deinem Teller verbannen.

Eine natürliche und nährstoffreiche Ernährung unterstützt Deine Gesundheit und reduziert automatisch die Aufnahme von AGEs.

Auf SchnellEinfachGesund findest Du viele einfache und gesunde Rezepte mit geringem AGE-Gehalt. Schaue in unserer Rezeptdatenbank vorbei und lass Dich inspirieren!

 

 


  1. BIERHAUS, A. 2004. Das Geheimnis des Alterns. UGB, 6/04, 296-299.
  2. IMD LABOR BERLIN 2019. Advanced Glycation Endproducts (AGEs). Diagnostikinformation, Nr. 306, 1-2.
  3. NOWOTNY, K., JUNG, T., HOHN, A., WEBER, D. & GRUNE, T. 2015. Advanced glycation end products and oxidative stress in type 2 diabetes mellitus. Biomolecules, 5, 194-222.
  4. PRASAD, K. & MISHRA, M. 2017. Do Advanced Glycation End Products and Its Receptor Play a Role in Pathophysiology of Hypertension? Int J Angiol, 26, 1-11.
  5. PRASAD, K. & TIWARI, S. 2017. Therapeutic Interventions for Advanced Glycation-End Products and its Receptor- Mediated Cardiovascular Disease. Curr Pharm Des, 23, 937-943.
  6. SINGH, R., BARDEN, A., MORI, T. & BEILIN, L. 2001. Advanced glycation end-products: a review. Diabetologia, 44, 129-46.
  7. SNELSON, M. & COUGHLAN, M. T. 2019. Dietary Advanced Glycation End Products: Digestion, Metabolism and Modulation of Gut Microbial Ecology. Nutrients, 11.
  8. VLASSARA, H. & URIBARRI, J. 2014. Advanced glycation end products (AGE) and diabetes: cause, effect, or both? Curr Diab Rep, 14, 453.
  9. YACOUB, R., NUGENT, M., CAI, W., NADKARNI, G. N., CHAVES, L. D., ABYAD, S., HONAN, A. M., THOMAS, S. A., ZHENG, W., VALIYAPARAMBIL, S. A., BRYNIARSKI, M. A., SUN, Y., BUCK, M., GENCO, R. J., QUIGG, R. J., HE, J. C. & URIBARRI, J. 2017. Advanced glycation end products dietary restriction effects on bacterial gut microbiota in peritoneal dialysis patients; a randomized open label controlled trial. PLoS One, 12, e0184789.

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