Was ist Rohmilch überhaupt?
Unter dem Begriff Rohmilch versteht man Milch, die nicht erhitzt und anderweitig behandelt wurde, also direkt vom Tier stammt. Konventionelle Milch aus dem Laden wird pasteurisiert, also kurzeitig erhitzt, um Bakterien abzutöten. Die Pasteurisierung wurde im 19. Jahrhundert vom bekannten französischen Wissenschaftler Louis Pasteur entwickelt und ist seitdem ein gängiges Verfahren, um die Lebensmittelsicherheit sicherzustellen und die Haltbarkeit zu erhöhen. Ursprünglich wurde das Verfahren zur Konservierung von Wein angewendet, später jedoch auf Milch und andere Flüssigkeiten übertragen. Bei Rohmilch fallen sowohl Pasteurisierung, als auch Homogenisierung weg. Homogenisierung ist ein weiterer gängiger Prozess, bei dem Milch unter hohem Druck durch feine Düsen gepresst wird, um die Fetttröpfchen gleichmäßig in der Flüssigkeit zu verteilen. Dies verhindert, dass das Fett sich an der Oberfläche absetzt und die Milch wird “homogen“ und haltbarer. Man spricht jetzt von H-Milch.
Was verspricht man sich von Rohmilch?
Befürworter von Rohmilch behaupten oft, dass die Hitze beim Pasteurisieren wichtige Enzyme, Nährstoffe und Probiotika zerstört. So soll Rohmilch vorteilhaft für den Körper, insbesondere Immunsystem, Darm und Blutgefäße sein. Einige gehen davon aus, dass Rohmilch Allergien vorbeugen kann und bei Unverträglichkeiten geeignet ist.
Rohmilch-Behauptungen auf einen Blick:
- Mehr Nährstoffe enthalten
- Wertvolle Probiotika enthalten
- Mehr Immunfaktoren enthalten
- Verträglicher sein
- Allergien vorbeugen oder heilen
- Sicher zu trinken sein
- Besser für die Knochen sein
Schauen wir uns die Aussagen etwas genauer an und überprüfen die wissenschaftliche Lage und Erfahrungsberichte.
Enthält Rohmilch mehr Nährstoffe?
In Deutschland wird die Milch bei der Pasteurisierung typischerweise 15 bis 30 Sekunden auf 72 bis 75 Grad Celsius erhitzt [1]. Dies wirft die Frage auf, ob durch diese Erhitzung wertvolle Nährstoffe verloren gehen.
Der Einfluss von Hitze auf Proteine ist gut erforscht: Etwa 80 % der in der Milch enthaltenen Proteine sind Casein-Proteine, während 20 % auf Molkenproteine (Whey) entfallen. Diese Verhältnisse können je nach Tierart leicht variieren. Casein ist hitzestabil, sodass sich weder der Proteingehalt noch die Bioverfügbarkeit durch die Pasteurisierung verändert. Molkenproteine sind hingegen hitzeempfindlicher, doch auch hier bleibt der Effekt gering. Interessanterweise zeigen Studien, dass die Erhitzung und teilweise Denaturierung von Molkenproteinen ihre Verdaulichkeit sogar verbessern kann [2].
Auch die Mineralstoffe wie Kalzium, Jod und Kalium bleiben von der Hitzeeinwirkung weitgehend unberührt. Vitamine hingegen reagieren empfindlicher auf Hitze, was zu leichten Verlusten führen kann. Studien zeigen, dass bei der Pasteurisierung bis zu 10 % der Vitamine C, B12, B6, B1 sowie Folsäure verloren gehen können [3]. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2011 bestätigte, dass die meisten Nährstoffe in pasteurisierter Milch weitgehend erhalten bleiben, mit Ausnahme von Vitamin B2, das durch Hitze stärker abgebaut wird [4].
Es wird auch diskutiert, dass die Bioverfügbarkeit von Nährstoffen wie Vitamin A, Kalzium und Phosphor trotz unveränderter Konzentration leicht verringert sein könnte. Vitamin A z.B. verändert teilweise seine Isomerisierung, wodurch die Aufnahme im Körper geringer ausfällt. [18] Besonders empfindlich auf Erhitzung reagieren Omega-3-Fettsäuren, die durch Oxidation unbrauchbar werden können. Diese Fettsäuren sind essenziell, da sie entzündungshemmend wirken und eine wichtige Rolle in der Ernährung spielen [5].
Glutathion
Ein oft übersehener Nährstoff, beziehungsweise ein Peptid, ist Glutathion. Dieses sogenannte "Master-Antioxidans" spielt eine zentrale Rolle im Körper, indem es Zellen vor oxidativem Stress schützt. Glutathion kommt auch in roher Milch vor, insbesondere in den Sommermonaten, wenn die Kühe verstärkt Gras fressen [6]. Allerdings wird Glutathion durch die Pasteurisierung weitgehend denaturiert, was seine antioxidative Wirkung beeinträchtigt. Dennoch ist die Aufnahme von Glutathion im menschlichen Darm begrenzt, weshalb dieser Verlust in der Praxis vermutlich keine großen Auswirkungen auf die Gesundheit hat.
Halten wir fest: Die Pasteurisierung von Milch hat keinen signifikanten Einfluss auf den Nährstoffgehalt in Bezug auf Proteine, Mineralstoffe und Vitamine, mit Ausnahme von Vitamin B2. Die Auswirkungen auf die Bioverfügbarkeit müssen aber noch genauer untersucht werden.
Ist Rohmilch besser bei Laktose-Intoleranz?
Laktose ist ein Zucker in der Milch, der durch das Enzym Laktase im Dünndarm verdaut werden muss. Menschen mit Laktoseintoleranz produzieren nicht ausreichend Laktase, was zu Verdauungsproblemen wie Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall führen kann. Das Erhitzen von Milch hat keinen Einfluss auf den Laktosegehalt oder die Fähigkeit unseres Körpers, Laktase zu produzieren. Eine weit verbreitete These über Rohmilch besagt jedoch, dass sie Laktase oder laktaseproduzierende Bakterien wie Lactobacillus acidophilus enthält, was ihre Verträglichkeit bei Laktoseintoleranz verbessern könnte.
Die wissenschaftliche Grundlage für diese These ist jedoch schwach. Eine randomisierte, verblindete Studie aus dem Jahr 2014, die 16 Teilnehmer mit Laktoseintoleranz in zwei Gruppen aufteilte, zeigte keinen signifikanten Unterschied in der Verträglichkeit zwischen Rohmilch und pasteurisierter Milch. Beide Gruppen konsumierten über einen Zeitraum von acht Tagen entweder Rohmilch oder pasteurisierte Milch, aber die Ergebnisse zeigten, dass Rohmilch keine bessere Verträglichkeit bot [7]. Allerdings ist die geringe Anzahl der Versuchsteilnehmer ein Schwachpunkt dieser Studie.
Demgegenüber stehen zahlreiche Erfahrungsberichte von Rohmilchkonsumenten, die behaupten, Rohmilch besser zu vertragen. Eine Umfrage in Michigan, an der 155 diagnostizierte Laktoseintolerante teilnahmen, ergab, dass 118 von ihnen (76 %) nach dem Verzehr von Rohmilch keine Symptome einer Laktoseintoleranz zeigten [8]. Diese Umfrage wurde jedoch von der Weston A. Price Foundation finanziert, einer Organisation, die den Konsum von Rohmilch stark befürwortet, was zu möglichen Verzerrungen bei der Durchführung und Auswertung der Ergebnisse führen könnte.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Es gibt keine überzeugenden wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Rohmilch bei Laktoseintoleranz besser verträglich ist. Der Effekt kann jedoch individuell sehr unterschiedlich ausfallen, und manche Menschen berichten von positiven Erfahrungen. Hier gilt: Probieren geht über Studieren.
Enthält Rohmilch Probiotika?
Probiotika sind Bakterien, die in ausreichender Menge nachweislich positive gesundheitliche Effekte auf den Menschen haben. Rohmilch wird oft als natürliche Quelle für Probiotika beworben, da sie eine Vielzahl von Mikroorganismen enthält. Die für den Menschen wichtigsten Probiotika sind jedoch Laktatbildner wie Bifidobacterien und Lactobacillen. Diese sind in Rohmilch allerdings nicht in nennenswerten Mengen vorhanden. Stattdessen wird die Mikrobiota von Rohmilch zu über 90 % von Pseudomonadaceae dominiert, die auch in pasteurisierter Milch vorkommen. Diese Bakterien sind keine Probiotika, sondern tragen maßgeblich zum Verderb von Milch bei.
Es ist auch interessant zu wissen, dass Bifidobacterien nicht in Milch vorkommen sollten, da sie üblicherweise im Verdauungstrakt der Kuh leben. Ihre Anwesenheit in Milch würde auf eine Verunreinigung durch Fäkalien hindeuten und wäre ein Zeichen mangelnder Hygiene [9].
Das Risiko, dass Rohmilch mit pathogenen Bakterien wie E. coli, Campylobacter oder Listerien kontaminiert ist, überwiegt bei weitem den möglichen Nutzen durch probiotische Bakterien. Eine bessere Alternative stellen fermentierte Milchprodukte wie Joghurt oder Kefir dar, bei denen gezielt probiotische Kulturen gezüchtet werden. Diese können in ausreichend großen Mengen gesundheitliche Vorteile entfalten, ohne die Risiken, die mit dem Konsum von Rohmilch verbunden sind.
Ist Rohmilch gut für das Immunsystem und bei Allergien?
Eine weit verbreitete These besagt, dass der Verzehr von Rohmilch das Risiko, Allergien zu entwickeln, senken oder sogar bestehende Allergien lindern kann. Tatsächlich gibt es einige kleine Studien, die darauf hindeuten, dass der Konsum von Rohmilch bei Kindern das Risiko für Allergien wie Heuschnupfen sowie Atemwegserkrankungen wie Asthma reduzieren könnte [10] [11] [12]. Diese Effekte wurden besonders bei Kindern beobachtet, die auf Bauernhöfen leben und regelmäßig frische Rohmilch konsumieren. Dabei ist anzumerken, dass die Milch meist unmittelbar nach dem Melken verzehrt wurde, was darauf hindeutet, dass die Frische der Milch eine entscheidende Rolle spielen könnte. In Studien zeigte sich auch, dass pasteurisierte und homogenisierte Milch mit einem höheren Risiko für Asthma und Allergien assoziiert sein könnte [13].
Die genauen Mechanismen, warum Rohmilch möglicherweise schützende Effekte gegen Allergien und Asthma hat, sind noch nicht vollständig geklärt. Forscher vermuten, dass bestimmte Proteine in Rohmilch, wie Alpha-Lactalbumin, Beta-Lactoglobulin und Lactoferrin, eine Rolle spielen könnten. Diese Proteine haben potenziell schützende Effekte und könnten das Immunsystem unterstützen. Zudem enthält Rohmilch Transforming Growth Factor Beta (TGF-β), einen Wachstumsfaktor, der die Funktion der epithelialen Barriere stärken kann und gleichzeitig als antientzündliches Zytokin wirkt [14].
Während diese Studien vielversprechend erscheinen, ist die Forschung noch begrenzt, und weitere Untersuchungen sind nötig, um die genauen Effekte von Rohmilch auf das Immunsystem und die Prävention von Allergien besser zu verstehen.
Wie schädlich ist Homogenisierung?
Die Homogenisierung ist ein Prozess, bei dem Milch durch feine Düsen gepresst wird, um die Fettkügelchen zu verkleinern und gleichmäßig in der Flüssigkeit zu verteilen. Dadurch bleibt das Fett homogen in der Milch, anstatt sich oben abzusetzen, was die Milch haltbarer und cremiger macht. Während dieser Prozess aus ästhetischen und praktischen Gründen durchgeführt wird, gibt es seit langem Bedenken hinsichtlich möglicher negativer gesundheitlicher Auswirkungen, insbesondere auf das Herz-Kreislauf-System.
Eine Theorie, die seit den 1970er Jahren diskutiert wird, besagt, dass durch die Homogenisierung das Enzym Xanthinoxidase (X-O-Faktor), das sich in den Fettkügelchen der Milch befindet, leichter über den Darm ins Blut gelangen könnte. Dort soll es potenziell Blutgefäße schädigen und so das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Allerdings wurde diese Theorie in mehreren Studien widerlegt, und es gibt keine schlüssigen Beweise dafür, dass homogenisierte Milch das Risiko für Herzerkrankungen erhöht [15].
Ein weiterer Aspekt betrifft Menschen mit einer gestörten Darmbarriere (Leaky-Gut-Syndrom). Bei ihnen könnten kleinere Fettpartikel möglicherweise leichter in den Blutkreislauf gelangen und zu Entzündungen führen. Obwohl keine offizielle Statistik vorhanden ist, sind viele Menschen von Leaky-Gut betroffen, ohne es zu wissen. Wie entzündlich Milch letztendlich wirkt, hängt stark von der Qualität und Tierrasse ab.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Homogenisierung der Milch birgt nach aktuellem wissenschaftlichen Stand keine ernsthaften Gesundheitsrisiken, dennoch sollte wenn möglich auf H-Milch verzichtet werden. Die einzig sinnvolle Anwendung für H-Milch liegt meiner Meinung nach in der Herstellung von selbstgemachtem Joghurt. Bakterien können sich in H-Milch besonders gut ausbreiten.
Superfood: Rohmilchbutter
Rohmilchbutter ist ein besonders wertvolles Lebensmittel. Butter, wenn sie in Maßen konsumiert wird, liefert zahlreiche gesundheitliche Vorteile, vor allem durch ihren hohen Gehalt an Buttersäure (Butyrat). Diese kurzkettige Fettsäure hat stark entzündungshemmende Eigenschaften und spielt eine wichtige Rolle im Darm und Gehirn. Zusätzlich enthält Butter mittelkettige Triglyceride (MCTs), die schnell und effizient ohne die Notwendigkeit von Carnitin als Energiequelle verstoffwechselt werden können.
Rohmilchbutter hebt sich von konventioneller Butter ab, da sie eine der wenigen natürlichen Nahrungsquellen für Vitamin K2 ist. Vitamin K2 unterstützt die Knochengesundheit und kann helfen, Kalzium in die Knochen statt in die Arterien zu leiten, was das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen senkt. Darüber hinaus enthält Rohmilchbutter aktive Lipasen – Enzyme, die den Fettabbau fördern und die Verdauung erleichtern. Diese Kombination aus Butyrat, MCTs, Vitamin K2 und aktiven Lipasen macht Rohmilchbutter zu einem nährstoffreichen Lebensmittel mit besonderen gesundheitlichen Vorteilen.

Ist Rohmilch gefährlich?
Rohmilch wird oft als naturbelassenes, gesundes Lebensmittel beworben, das angeblich ein eigenes antibakterielles System enthält, welches die Verbreitung von schädlichen Mikroorganismen verhindern soll. Dennoch ist Rohmilch keineswegs frei von Risiken. Sie kann gefährliche Bakterien enthalten, die ernsthafte Erkrankungen auslösen können. Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wurden zwischen 2007 und 2013 mindestens 27 Krankheitsausbrüche auf den Verzehr von Rohmilch zurückgeführt, wobei die meisten Fälle durch das Bakterium Campylobacter verursacht wurden [16].
Eine Untersuchung des Bundesamts für Verbraucherschutz aus dem Jahr 2019 ergab, dass bis zu 5 % der 360 getesteten Rohmilchproben mit pathogenen Keimen wie Campylobacter spp. oder shiga-toxinproduzierenden Escherichia coli (STEC) verunreinigt waren. Zudem enthielten etwa 10 % der Proben multiresistente Bakterien [17]. Diese Ergebnisse unterstreichen das potenzielle Gesundheitsrisiko von Rohmilch. Deshalb lautet die offizielle Empfehlung, Rohmilch vor dem Verzehr unbedingt abzukochen, um schädliche Mikroorganismen abzutöten.
Wenn du Rohmilch konsumieren möchtest, sei dir der Risiken bewusst. Je frischer die Milch und je besser die Tierhaltung, desto geringer das Risiko einer Kontamination. Es ist wichtig, sich für einen vertrauenswürdigen Bauern zu entscheiden, der hohe Hygienestandards einhält, um die Sicherheit der Milch zu gewährleisten.
Wer sollte keine Rohmilch trinken?
Der Verzehr von Rohmilch birgt aufgrund möglicher krankheitserregender Keime Risiken, weshalb bestimmte Personengruppen davon absehen sollten. Insbesondere Schwangeren, Kindern, älteren Menschen und Personen mit einem geschwächten Immunsystem wird vom Konsum von Rohmilch abgeraten. Diese Gruppen sind besonders anfällig für durch Lebensmittel übertragene Infektionen, die schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben können.
Eine sicherere Alternative stellen fermentierte Produkte wie selbstgemachter Joghurt oder Kefir dar, die durch den Fermentationsprozess Probiotika liefern und für das Immunsystem förderlich sein können. Ziegen-, Schafs- oder Büffelmilch eignen sich ebenfalls gut für solche Produkte.
Rohmilch in der Praxis: Herstellung, Verkauf und rechtliche Lage
In Deutschland ist der Verkauf von Rohmilch streng reguliert, um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen. Rohmilch darf nur direkt ab Hof verkauft werden, also direkt vom Erzeuger an den Endkunden, und muss dabei den Hinweis "Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" tragen. Wenn man etwas herumfragt und sucht, findet man meist in der Region Landwirte, die Rohmilch anbieten.
Rohmilchprodukte wie Rohmilchbutter oder -Käse, die eine längere Haltbarkeit aufweisen, können in der Regel auch online, beispielsweise aus Österreich, bestellt werden. Diese Produkte sind in der Regel sicherer, da die längere Reifezeit von Rohmilchkäse bestimmte pathogene Bakterien inaktivieren kann, was den Konsum weniger riskant macht. Der Geschmack von Rohmilchprodukt ist hervorragend!
Vor- und Nachteile von Rohmilch auf einen Blick
Rohmilch | Pasteurisierte Milch | |
---|---|---|
Nährstoffmenge | Volle Nährstoffmenge | 10% weniger Nährstoffe |
Bioverfügbarkeit von Nährstoffen | Hohe Bioverfügbarkeit | Möglicherweise verringerte Bioverfügbarkeit |
Verdaubarkeit | Möglicherweise bessere Verdaubarkeit | Bessere Proteinverwertung nach Denaturierung |
Allergien | Geringeres Risiko für Allergien und Asthma | Gesteigertes Risiko für Allergien und Asthma |
Sicherheit | Häufig verunreinigt, hohes Risiko | Frei von pathogenen Keimen durch Erhitzung |
Zugang | Schwerer Zugang zu frischer Rohmilch in Deutschland | Leichter Zugang in allen Läden |
Sonstiges | Glutathion, Immunfaktoren | Längere Haltbarkeit, sichere Konsummöglichkeit |
Fazit: Ist Rohmilch die bessere Wahl?
Rohmilch erfreut sich wachsender Beliebtheit, doch die wissenschaftliche Evidenz hinter den gesundheitlichen Behauptungen ist begrenzt. Es stimmt, dass Rohmilch aufgrund ihres höheren Nährstoffgehalts einige Vorteile bieten könnte. Zudem berichten manche Menschen, dass sie Rohmilch besser bei Laktoseintoleranz und Milchunverträglichkeiten vertragen – dieser Effekt ist jedoch individuell und wissenschaftlich nicht ausreichend belegt. Einige Studien legen nahe, dass der Konsum von Rohmilch das Risiko für Asthma und Allergien, besonders bei Kindern, senken könnte.
Der größte Nachteil von Rohmilch liegt jedoch in der möglichen Kontamination mit schädlichen Bakterien wie E. coli, Campylobacter und Listerien, die schwere Krankheiten verursachen können. Dieses Risiko sollte nicht unterschätzt werden, besonders für empfindliche Gruppen wie Kinder, Schwangere und ältere Menschen.
Letztlich sollte die Frage weniger auf den Vergleich von Rohmilch und pasteurisierter Milch abzielen, sondern auf die allgemeine Qualität der Milch. Hochwertige Milch sollte immer von Tieren aus Freilandhaltung stammen, vorzugsweise von alten Rassen wie Jersey-Kühen, Schafen, Ziegen oder Büffeln. Diese Tiere produzieren Milch, die Casein A2 enthält, ein Protein, das potenziell weniger entzündungsfördernd ist und somit besser vertragen wird.
Quellen
- [1] Pasteurisierung | Milkipedia | MIV Milchindustrie-Verband E.V. (2020, August 31). MIV Milchindustrie-Verband e.V. https://milchindustrie.de/milkipedia/pasteurisierung/
- [2] Claeys, W., Verraes, C., Cardoen, S., De Block, J., Huyghebaert, A., Raes, K., Dewettinck, K., & Herman, L. (2014). Consumption of raw or heated milk from different species: An evaluation of the nutritional and potential health benefits. Food Control, 42, 188–201. https://doi.org/10.1016/j.foodcont.2014.01.045
- [3] Lucey J. A. (2015). Raw Milk Consumption: Risks and Benefits. Nutrition today, 50(4), 189–193. https://doi.org/10.1097/NT.0000000000000108
- [4] Macdonald, L. E., Brett, J., Kelton, D., Majowicz, S. E., Snedeker, K., & Sargeant, J. M. (2011). A systematic review and meta-analysis of the effects of pasteurization on milk vitamins, and evidence for raw milk consumption and other health-related outcomes. Journal of food protection, 74(11), 1814–1832. https://doi.org/10.4315/0362-028X.JFP-10-269
- [5] Europe PMC. (n.d.). Europe PMC. https://europepmc.org/article/med/9627844
- [6] Hojo, Y. (1982). Selenium concentration and glutathione peroxidase activity in cow’s milk. Biological Trace Element Research, 4(2–3), 233–239. https://doi.org/10.1007/bf02783262
- [7] Mummah, S., Oelrich, B., Hope, J., Vu, Q., & Gardner, C. D. (2014). Effect of raw milk on lactose intolerance: a randomized controlled pilot study. The Annals of Family Medicine, 12(2), 134–141. https://doi.org/10.1370/afm.1618
- [8] Milk, R. (2020, June 16). Lactose intolerance Survey. Real Milk. https://www.realmilk.com/lactose-intolerance-survey/
- [9] United States Public Health Service. (1924). Raw Milk is NOT a Probiotic. In The USPHS Standard Milk Ordinance for Alabama Municipalities (p. 1). https://aeprobio.com/wp-content/uploads/2024/05/Opinion-Corner-April-2024-final.pdf
- [10] Sozańska B. (2019). Raw Cow's Milk and Its Protective Effect on Allergies and Asthma. Nutrients, 11(2), 469. https://doi.org/10.3390/nu11020469
- [11] Perdijk, O., van Splunter, M., Savelkoul, H. F. J., Brugman, S., & van Neerven, R. J. J. (2018). Cow's Milk and Immune Function in the Respiratory Tract: Potential Mechanisms. Frontiers in immunology, 9, 143. https://doi.org/10.3389/fimmu.2018.00143
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- [14] Perdijk, O., Van Splunter, M., Savelkoul, H. F. J., Brugman, S., & Van Neerven, R. J. J. (2018). Cow’s Milk and Immune Function in the Respiratory Tract: Potential Mechanisms. Frontiers in Immunology, 9. https://doi.org/10.3389/fimmu.2018.00143
- [15] Clifford, A., Ho, C., & Swenerton, H. (1983). Homogenized bovine milk xanthine oxidase: a critique of the hypothesis relating to plasmalogen depletion and cardiovascular disease. American Journal of Clinical Nutrition, 38(2), 327–332. https://doi.org/10.1093/ajcn/38.2.327
- [16] Lebensmittelsicherheit, E. B. F. (2015, January 13). Rohe Trinkmilch: Was sind die Risiken? Europäische Behörde Für Lebensmittelsicherheit. https://www.efsa.europa.eu/de/press/news/150113
- [17] BVL - Pressemitteilungen - Rohmilch kann krankmachende Keime enthalten. (n.d.). https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/01_lebensmittel/2020/2020_11_18_PI_Zoonosen_Monitoring_2019.html
- [18] Europe PMC. (n.d.-b). Europe PMC. https://europepmc.org/article/med/9627844