Vitamin D ist ein lebenswichtiger Nährstoff und Hormon – bei einem Vitamin D-Mangel kommt es zu gesundheitlichen Nachteilen. Weil ganzjährig 80-90 % aller Menschen in Deutschland nicht ausreichend mit Vitamin D versorgt sind, bekommt dieses Thema (zum Glück) immer mehr Aufmerksamkeit. Doch wie viel Vitamin D am Tag ist gesund und optimal? Wie kannst Du eine Vitamin D Überdosierung vermeiden? Das erfährst Du in diesem Beitrag.
Passend zum Thema haben wir eine Podcastfolge aufgenommen – Du kannst sie Dir hier anhören:
Vitamin D – Ein Nährstoff für alle Fälle
Vitamin D ist sowohl Vitamin D als auch Hormon und damit einzigartig. Unser Körper kann es auf der Haut selbst bilden, wenn wir in die Sonne gehen (genauer gesagt, mit UV-B-Strahlung in Kontakt kommen). Wir können es über die Ernährung aufnehmen – oder als Nahrungsergänzung.
Es gehört zu den fettlöslichen Vitaminen und hat weitreichende Funktionen in unserem Körper – etwa 3000 Gene sind direkt von Vitamin D abhängig. Bei einem Vitamin D-Mangel kann sich daher Deine Gesundheit anfühlen, wie mit dem 4. Gang auf der Autobahn zu fahren.
Die wichtigsten Funktionen von Vitamin D sind:
- Aufnahme von Calcium aus der Nahrung und Regulation des Calcium-Spiegels
- Einbau von Calcium in die Knochen (zusammen mit Vitamin K2 über das Osteocalcin)
- Wachstumsfaktor und Regulator für unser Immunsystem
- Hält die Blutgefäße sauber und beugt Ablagerungen vor
- Wichtig für ein gesundes Nervensystem und Denkprozesse
- Für gesunde und strahlende Haut
- Für stabile Immunbarrieren (Haut, Lunge, Darm, Schleimhäute)
- Wichtig für gute Stimmung, eine gesunde Psyche und natürliche Serotonin-Bildung
- Reguliert die Bildung von Insulin in der Bauchspeicheldrüse
- Präventiv vor zahlreichen Zivilisationserkrankungen, darunter Autoimmunerkrankungen, Depressionen und sogar Krebs
Du kannst Dir vorstellen, was ein Vitamin D-Mangel bedeutet … und wie tragisch es ist, dass 80-90 % aller Deutschen einen Mangel aufweisen.
Was ist ein Vitamin D-Mangel?
In der wissenschaftlichen Forschung und Praxis sprechen wir bei einem Blutwert von 40-80 ng/ml 25(OH)Vitamin D von einem gesunden Vitamin D-Spiegel.
30-40 ng/ml ist grenzwertig und nicht optimal. 20 ng/ml (50 nmol/l) ist ein absolutes Minimum für ein funktionierendes Immunsystem.
< 30 ng/ml ist ein Mangel. Hier fallen über 80 % der Bevölkerung mit rein (gerundet – im Winter sind es fast 100 %, im Sommer 60 %).
Das ergaben nicht nur zahlreiche Studien, sondern eine Erhebung, die vom Robert-Koch-Institut mitfinanziert wurde (Smollich & Podlogar, 2009):

Untersuchung der Vitamin D-Versorgung in Deutschland vom RKI – das absolute Minimum von 20 ng/ml (bzw. 50 nmol/l) erreicht im Winter über 90 % der Bevölkerung nicht.
Wie viel Vitamin D braucht der Körper?
Die empfohlene Tagesdosis für Vitamin D liegt, je nach, Quelle, bei 800-1000 IE (Internationale Einheiten).
Diese Empfehlung beruhigt auf einem Rechenfehler (um den Faktor 10) aus einer Studie der 90er-Jahre (Veugelers & Ekwaru, 2014).
Seitdem wird diese Menge empfohlen, und Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln dürfen nicht mehr als 1000 IE als Tagesdosis angeben.
Dass das viel zu wenig ist, interessiert dabei niemanden. Stattdessen wird regelmäßig vor „gefährlich hohen Dosierungen von 5000 IE“ gewarnt.
Die EFSA (European Food Safety Authority) gibt als UDA (Upper Daily Allowance), also die tägliche Maximaldosis ohne Nebenwirkungen, immerhin 4000 IE an (s. Vieth, 2001). Das Vierfache von Deutschland. Immerhin.
Mit 1000 IE täglich kommen wir jedoch nicht weit. Säuglingen wird nach der Geburt 800 IE Vitamin D täglich gespritzt, zur Prävention einer Vitamin D-Mangelerkrankung namens Rachitis. Ein Erwachsener mit der 30-fachen Körpermasse soll das selbe erhalten? Da stimmt doch etwas nicht.
Eine Studie hat sich angesehen, wie sich verschiedene tägliche Vitamin D-Gaben auf den Blutspiegel auswirken (in nmol/l, wobei 2,5 nmol/l gleich 1 ng/ml entspricht):

Aus Holick, 2009: Wie ändert sich der Vitamin D Spiegel im Blut abhängig von eingenommenen Mengen?
Du siehst, dass 1000 IE täglich sich nicht nennenswert auf den Blutspiegel auswirken. Einen gesunden Blutwert erreichen die meisten Menschen mit 2500-5000 IE täglich.
In wenigen Fällen sind auch 5000-10000 IE täglich nötig. Das ist der Fall, wenn ein sehr starker Mangel vorliegt oder eine längerfristige Einnahme von 2500-5000 IE täglich noch nicht den erwünschten Blutspiegel ergibt.
Wobei mit einem “gesunden Blutspiegel” 40-80 ng/ml gemeint sind.
Um ein Gefühl für unseren wahren Tagesbedarf zu bekommen, ein Blick auf die Mengen, die unsere Haut bildet:
Vitamin D-Bildung auf der Haut
Ich erinnere mich noch an die Empfehlung, 20 Minuten täglich mit Gesicht, Händen und Unterarmen in die Sonne zu gehen, um ausreichend Vitamin D auf der Haut zu bilden.
Auch das ist bei weitem nicht ausreichend.
(genauer gesagt ermöglicht die UV-B-Strahlung einen Strangbruch im Molekül des 7-Deoxy-Cholesterols. Durch diese Veränderung kann es dann in Cholecalciferol und dann in 25(OH)Vitamin D, die Speicherform, umgewandelt werden).
Geht ein Mensch mit mitteleuropäischem Hauttyp für eine Stunde in die Sonne (nackt oder in Badekleidung), bildet er auf der Haut 20.000-50.000 IE Vitamin D.
Menschen mit dunklerem Hauttyp bilden weniger, Menschen mit hellem Hauttyp mehr.
20.-50.000 IE Vitamin D! Das klingt nach einer Überdosierung – oder?
Gegenfrage: Wenn es gefährlich ist, warum macht unser Körper es dann?
Natürlich gehen wir nicht jeden Tag in die pralle Sonne, und nicht immer mit dem ganzen Körper – auch unsere Vorfahren nicht in den letzten Jahrmillionen.
Aber die Mengen, die auf unserer Haut bereits in kurzer Zeit gebildet werden, zeigen, dass 1000 IE (was in 1-5 Minuten Sonne gebildet wird), nicht unserem tatsächlichen Bedarf entsprechen können.
Dann müsste ja eigentlich davor gewarnt werden, sich länger als 5 Minuten in die Sonne zu legen! 3 Minuten, allerhöchstens!
Auch das passiert nicht.
Wieviel Vitamin D am Tag unser Körper braucht, zeigen uns besonders die schönen Studien, die die Vitamin D-Gabe und in Folge den Blutspiegel untersucht haben:
Der tatsächliche Vitamin D-Bedarf unseres Körpers
Um einen gesunden Blutspiegel zu erreichen, hat sich die Faustregel von 25.00-5.000 IE täglich (= 62,5-125 µg) bei Erwachsenen bewährt. Ganzjährig.
Bei dieser Menge ist es unmöglich, überzudosieren und einen toxischen Blutwert (> 120 ng/ml) zu erreichen, aber es ist ausreichend, um einen Vitamin D-Mangel zu beseitigen.
An Tagen, in denen Du Dich in die Sonne legst, benötigst Du kein zusätzliches Vitamin D. Das gilt für die uneingecremte Zeit (d.h. ohne Sonnencreme).
Im Sommer nehme ich zeitweise, wenn ich regelmäßig (4-7x wöchentlich) in der Sonne bin, gar kein Vitamin D. Ich rechne so, dass 30-60 Minuten gutes Sonnenbaden für 2 Tage reicht.
Im Zweifel (und auch so regelmäßig) empfehle ich eine Blutanalyse, um den Vitamin D-Blutwert zu errechnen.
Ist er im Rahmen (40-80 ng/ml), ist das optimal. Ist er zu hoch (> 80 ng/ml), empfiehlt sich eine Reduktion der Sonnendauer und/oder der Vitamin D-Gabe.
Ist er zu niedrig, empfiehlt sich eine höhere Vitamin D-Gabe und Sonnenbaden.
Dazu gibt es im Internet Vitamin D-Rechner, die sehr gut sind.
Hier kannst Du Dir als Faustregel merken, dass pro 10 ng/ml Vitamin D-Mangel 2000 IE täglich benötigt werden. Bei einem aktuellen Wert von 20 ng/ml und einem Zielwert von 50 ng/ml, entspricht das also 6000 IE.
1-2x jährlich sollte der Blutwert ermittelt werden, da Vitamin D für unsere Gesundheit unabdingbar ist und eine Blutanalyse hier nur 30-35 € kostet.
Ab wann tritt eine Überdosierung ein?
Ab 120 ng/ml sprechen wir von einer Vitamin D-Intoxikation. Die wichtigsten Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Schwindel und ein erhöhter Blut-Calcium-Wert.
In Studien treten Überdosierungs-Erscheinungen erst bei einer längerfristigen Einnahme von 20.000-40.000 IE täglich auf (s. Burton et al.). Mit 2.500-5.000 IE täglich als Faustregel bist Du also auf der sicheren Seite.
Immer, wenn irgendwo vor Vitamin D gewarnt wird, kannst Du also nun lächelnd mit dem Kopf schütteln. Mit 1.000 IE täglich kommen wir nicht weit, und gefährlich wird es erst bei Dosierungen, die wir hier nicht empfehlen.
Die Risiken einer Überdosierung und eine bessere Wirksamkeit von Vitamin D, kannst Du übrigens deutlich verringern, wenn Du auch an Vitamin A (ca. 5000 IE täglich), Vitamin K2 (200-400 mcg täglich) und Magnesium (300-500 mg) denkst. Mit diesen Mikronährstoffen wirkt Vitamin D im Körper zusammen.

Vitamin D bilden wir auf unserer Haut, können es aber auch gezielt einnehmen.
Zusammenfassung und Fazit
Wie viel Vitamin D am Tag ist gesund und optimal? Dieser Frage haben wir uns heute angenommen.
Der tatsächliche Vitamin D-Bedarf unseres Körpers beträgt 2500-10.000 IE täglich, je nach Körpergewicht, Bedarf (entscheidet sich auch an der Einnahme von Medikamenten und Vorerkrankungen) und aktuellem Blutwert.
Die 1000 IE täglich, die offiziell empfohlen werden, beziehen sich auf veraltete und widerlegte Studien und helfen nicht einmal dabei, einen Mangel zu beseitigen.
In einer Stunde Sonnenbaden bildet Dein Körper etwa 20.000 IE – habe also keine Angst vor höheren Dosierungen, besonders nicht, wenn Du auch an die Cofaktoren Vitamin A, Vitamin K2 und Magnesium denkst.
Eine gute Faustregel für Erwachsene sind 5000 IE täglich – damit lässt sich fast jeder Mangel beseitigen, aber Überdosierungen sind unmöglich.
Lasse am besten 1-2x jährlich im Blut nachmessen, um Deinen Vitamin D- (und Vitamin K2) Status zu überprüfen. Wenn Du das gerne machen möchtest, schreibe mir eine Mail an martin@schnelleinfachgesund.de, und wir gehen es zusammen an!
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