Wie Du Burn-Out im Frühstadium erkennst und dann handelst

von Martin Auerswald, M.Sc.
Veröffentlicht: Zuletzt bearbeitet:
Junge Frau zusammengekrümmt an Wand gelehnt

Zu dem Thema haben wir eine passende Episode in unserem Podcast – Du kannst sie Dir hier anhören:

In diesem Beitrag erfährst Du, wie Du Burn-Out im Frühstadium erkennen und dann vorsorglich handeln kannst.

Psychische Erkrankungen in Deutschland – Ein großes Image-Problem

Psychische Erkrankungen sind in der deutschen Gesellschaft nach wie vor verpönt. Wer psychisch krank ist, gilt als schwach oder sogar gestört und sieht es auch selbst als großes Stigma.

Depressionen, Angststörungen & Co befinden sich hierzulande zwar seit vielen Jahren auf dem Vormarsch, dennoch handelt es sich um ein Tabuthema und Betroffene schämen sich in den meisten Fällen sogar für ihre Problematik.

Doch dabei ist eigentlich gar nichts Verkehrtes – bin ich krank, gehe ich zum Arzt. Habe ich psychische Probleme, nehme ich eine Beratung oder Behandlung in Anspruch. Ich selbst habe dies auch schon getan, da ist nichts dabei.

Die Ausnahme: Burn-Out

Es gibt nur eine Ausnahme und hierbei handelt es sich um das sogenannte Burnout-Syndrom. Wer unter „Burnout“ leidet, hat eben zu viel gearbeitet, sich übernommen, ausgepowert, Disziplin gezeigt oder sich zu viel Stress ausgesetzt. So oder so ähnlich wird das Burnout-Syndrom vor allem im beruflichen Kontext plötzlich sogar auf eine schräge Art und Weise positiv wahrgenommen.

Es ist in den letzten Jahren geradezu zu einer Modekrankheit herangewachsen. Ein Problem, denn das Burnout-Syndrom ist für die Gesundheit, Karriere und viele weiteren Lebensbereiche der Betroffenen ein großes Risiko. Wie also kannst Du ein solches Burnout im Frühstadium erkennen und vor allem: wie darauf reagieren?

Burnout im Frühstadium erkennen – Das hat Priorität

Burnout im Frühstadium zu erkennen, ist essentiell, um anschließend zu handeln und Schlimmeres zu vermeiden. Im Anschluss findest Du einige gute Tipps zur Früherkennung:

 

Psychische Erkrankungen haben körperliche Ursachen…

Lasse uns von vorne beginnen: Erst einmal ist die in Deutschland übliche Unterteilung in psychische sowie physische Erkrankungen alles andere als sinnvoll.

Genau genommen sind psychische Krankheiten nämlich nichts anderes als Erkrankungen des Nervensystems und haben somit nicht nur geistige und seelische, sondern auch körperliche Ursachen, welche sich über das Gehirn eben auch auf die Psyche der Betroffenen auswirken.

Als psychisch gesund gilt ein Mensch, wenn er seinen Alltag meistert, seine Ziele verfolgt und einen Sinn in seinem eigenen Wirken erkennen kann. Es dürfen zudem keine erheblichen Störungen im Kontakt zur Realität bestehen. Ein Mensch, der aufgrund eines Burnout-Syndroms zu erschöpft ist, um seinen Job noch auszuüben, gilt also ebenso als psychisch krank wie jemand mit Schizophrenie.

Allein das macht deutlich, wie groß die Spannbreite bei den „psychischen“ Krankheiten ist und macht verständlich, warum viele eine psychische Erkrankung als Makel oder Last sehen.

Dies macht die Diagnose entsprechender Erkrankungen sehr schwierig, denn nicht selten gehen diese mit weiteren Störungen des Nervensystems einher.

 

…und umgekehrt!

Dazu gehören beispielsweise Magen-Darm-Beschwerden, Bluthochdruck, Migräne oder andere physische Erkrankungen, welche beispielsweise bei Depressionen und Angststörungen besonders häufig zu beobachten sind.

Auch das macht deutlich, dass eine klare Trennung zwischen körperlichen und seelischen Krankheiten weder sinnvoll noch möglich ist.

Körper, Geist und Seele hängen unmittelbar miteinander zusammen und sollten in einer ganzheitlichen Therapie auch zusammen angegangen werden.

Viele Burnout-Patienten klagen bereits lange Zeit vor der eigentlichen Diagnose über solche körperlichen Beschwerden, während es ihnen psychisch zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch gut zu gehen scheint.

Glücklicherweise reift dieses Bewusstsein, dass psychische Erkrankungen kein Stigma sind, langsam in der deutschen Gesellschaft heran.

 

Ein Burn-Out entsteht, wenn Berufliches und Privates zusammenkommen

Meist ist es beides, das zusammenkommt und Dich vollends aus dem Gleichgewicht bringt: Wenn Du nicht nur beruflichen Stress und Probleme hast, sondern auch privat einiges nicht rund läuft.

Betroffene denken dann lange, dass sie es “wieder rausarbeiten und das Ruder herumreißen” können, aber im Laufe von Monaten und teilweise Jahren kann der Körper immer weniger kompensieren, bis er vollends erschöpft ist.

Auch gesundheitliche Beschwerden wie Nährstoff-Mängel, Vorerkrankungen, Medikamente, Borreliose, chronisches Müdigkeitssyndrom, Autoimmunerkrankungen oder Darmerkrankungen können ein Beschleuniger sein und sollten bei der Früherkennung mit einbezogen werden.

 

Das Burnout-Syndrom als gefährliche Modeströmung

Vielleicht liegt es an der zunehmenden Akzeptanz, doch die Diagnosen haben in den vergangenen Jahren extrem zugenommen. Einerseits führen das die Experten tatsächlich auf die Enttabuisierung des Burnouts zurück, sprich die Betroffenen schämen sich weniger, suchen sich somit eher Hilfe und die Dunkelziffer sinkt.

Andererseits sind es aktuelle Entwicklungen in der deutschen Gesellschaft sowie internationalen Arbeitswelt, welche den Vormarsch psychischer Erkrankungen bedingen:

Ständige Erreichbarkeit über digitale Medien, steigende Komplexität in der Arbeitswelt, ständiger Stress, Schlafmangel, Zukunftssorgen, Nährstoff-Defizite – diese sind nur einige mögliche Ursachen für ein Burnout-Syndrom.

Junges Mädchen in gekrümmter Haltung mit Therapeut

Lass uns erst einmal einen Blick in aktuelle Statistiken werfen: Laut einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ist die Zahl der Burnout-Diagnosen zwischen den Jahren 2000 und 2014 um 50 Prozent gestiegen. Insgesamt 75.000 Fälle werden mittlerweile pro Jahr gezählt – Tendenz steigend. Zudem sind psychische Erkrankungen mittlerweile die Hauptursache für eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.

Rund ein Viertel aller Erwerbstätigen wird im Laufe seines Berufslebens mindestens einmal berufs- oder erwerbsunfähig – psychische Erkrankungen sind hierfür mittlerweile der häufigste Grund, mit etwas Abstand gefolgt von Skelett- und Gelenkerkrankungen sowie Krebs. Somit kommen Nervenkrankheiten auf 32 Prozent.

 

Ein Burnout entwickelt sich in zwölf Stufen

Die Diagnose Burnout wird häufig zu spät gestellt. Das liegt oftmals daran, dass Betroffene ihr Burnout nicht rechtzeitig bemerken oder nicht akzeptieren wollen und sich somit zu spät Hilfe holen.

Eine frühzeitige Reaktion ist jedoch das A und O bei einem sich entwickelnden Burnout. Aber wie erkennst Du dieses? Prinzipiell läuft eine Burnout-Erkrankung immer in zwölf Stufen ab:

  1. Überschreiten eigener Grenzen und übertriebene Motivation bis hin zum Zwang, sich – beruflich oder privat – beweisen zu müssen. Häufig resultiert dieses Verhalten aus Minderwertigkeitsgefühlen und der Suche nach Bestätigung.
  2. Verstärkter Einsatz aufgrund eines Gefühls der Unentbehrlichkeit, obwohl Du Dich bereits gestresst fühlst.
  3. Zunehmende Vernachlässigung Deiner Bedürfnisse und erste Schlafstörungen. Eventuell greifst Du zu Aufputschmitteln wie Kaffee, Alkohol, Medikamenten oder Drogen. Deine Nebennieren arbeiten auf Hochtouren, halten dies jedoch nicht lange aus. Zudem gehen ihnen Nährstoffe aus – bis Nebennieren und Schilddrüse irgendwann ihre Arbeit reduzieren.
  4. Erstes Auftreten von Fehlleistungen aufgrund Deiner Erschöpfung. Du gibst Deine Hobbys auf und verdrängst auftretende Konflikte – mit Dir selbst sowie anderen Personen, und ziehst Dich zurück.
  5. Erste soziale Probleme mit Freunden, Kollegen oder in der Beziehung treten auf. Du reagierst mit Vermeidungsverhalten, ziehst Dich zunehmend zurück und stumpfst emotional ab.
  6. Deine Motivation ist verschwunden. Du hast das Gefühl, Deine Leistungen werden nicht anerkannt, zeigst Trotzverhalten oder ein Verhalten der „inneren Kündigung“. Du fehlst zunehmend am Arbeitsplatz, eventuell aufgrund von ersten körperlichen Beschwerden wie chronischer Müdigkeit, Übelkeit oder Migräne.
  7. Es folgt die soziale Isolation mit Gefühlen der Hoffnungslosigkeit und inneren Leere. Häufig suchen sich die Betroffenen Ersatzbefriedigungen wie Essen, Drogen oder Alkohol und zeigen körperliche Veränderungen wie eine Gewichtszunahme, Bluthochdruck oder andere psychosomatische Reaktionen.
  8. Es folgt eine für Außenstehende deutliche Persönlichkeitsveränderung wie cholerische Anfälle, Selbstmitleid oder Gleichgültigkeit. Wenn Du überhaupt noch zur Arbeit gehst, machst Du nur Dienst nach Vorschrift.
  9. Du entfremdest Dich zunehmend von Dir selbst und fühlst Dich auf körperlicher Ebene immer kränker.
  10. Mittlerweile hast Du ein beklemmendes Gefühl der inneren Leere und vielleicht erste Panikattacken, Suizidgedanken oder andere offensichtliche Anzeichen für eine psychische Erkrankung.
  11. Du fällst in eine Depression, häufig mit Phasen im Dauerschlaf. Du hast eine negative Lebenseinstellung, fühlst Dich hoffnungslos und eventuell so verzweifelt, dass Du über einen Selbstmord nachdenkst.
  12. Die letzte Stufe kann dementsprechend tödlich enden: Du nimmst eine lebensgefährliche geistige, emotionale sowie körperliche Erschöpfung ein. Es herrscht Selbstmordgefahr und Dein Immunsystem wird immer schwächer, während somatische Störungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Magen-Darm-Beschwerden weiter zunehmen.

Neben diesen Verhaltensänderungen und -auffälligkeiten sind es mit zunehmenden Stadien vor allem die Nebennieren, die erst immer härter arbeiten, dann jedoch erschöpfen. Im Stadium der Nebennierenerschöpfung bist Du komplett ausgelaugt und erschöpft und kannst Dich zu nichts mehr “aufraffen” – kleine Belastungen führen sofort zu einer Stress-Überreaktion mit Herzrasen und Bluthochdruck.

Bei der Einschätzung der Nebennierenerschöpfung kann Dir ein Cortisol-Tagesprofil helfen – viele naturheilkundliche Ärzte und Heilpraktiker bieten dies an.

Um rechtzeitig aus diesem Teufelskreis zu entkommen, musst Du ihn also auf der frühesten möglichen Stufe durchbrechen.

 

Verdacht oder Diagnose – Was nun?

Wenn Du nun zu dem Ergebnis gekommen bist, dass Du Dich auf dem besten Weg in ein Burnout-Syndrom befindest oder bereits Stufe für Stufe erklimmst, solltest Du schnellstmöglich handeln.

Viele Menschen wissen aber nicht, wie sie sich verhalten sollen und wo sie die dringend benötigte Hilfe finden. Natürlich ist eine Therapie in vielen Fällen sinnvoll, allein schon, um einen späteren Rückfall nach der Wiederaufnahme des Alltags präventiv zu verhindern.

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Junge Frau in Yoga-Haltung an Seeufer mit Bäumen im Hintergrund

Doch die erste und wirkungsvollste Maßnahme ist in der Regel Zeit zur Erholung. Der Körper und auch die Seele müssen endlich Raum zur Regeneration finden, ohne Stress, Termine, Leistungsdruck & Co.

Glücklicherweise ist die Absicherung bei einer ärztlich verordneten Auszeit in Deutschland sehr gut, sodass Du Dir um die Themen Geld oder Arbeitsplatzverlust in der Regel keine Sorgen machen musst.

Eine Kündigung wegen Burnout ist zwar möglich, jedoch nur bei langwieriger Erkrankung mit negativer Prognose. Auch das macht deutlich, wie wichtig es für Dich ist, frühzeitig zu reagieren.

Dein erster Gang sollte somit jener zum Hausarzt sein, damit er Dich krankschreiben und mit Dir gemeinsam einen Plan für die weitere Behandlung entwickeln kann.

Eventuell wird er Dich anschließend an einen Burnout-Berater, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Internisten oder andere Fachärzte überweisen, um das Burnout sowie dessen Begleiterscheinungen wie Rückenschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden oder andere Symptome zu behandeln.

Auch an dieser Stelle wieder abschließend der Appell: Je früher Du reagierst und gegensteuerst, umso weniger schlimm werden die Begleiterscheinungen und desto schneller kannst Du das Burnout in den Griff kriegen – vielleicht sogar noch rechtzeitig abwenden!

 

Was Dir bei der Erholung hilft

Damit sich Dein Körper, Immunsystem und Deine Nebennieren erholen und Du bald wieder mit beiden Beiden im Leben stehst, können Dir diese Maßnahmen zusätzliche Unterstützung bieten:

  • Täglich ausreichend schlafen (8-9 Stunden)
  • In die Natur gehen, frische Luft tanken
  • Täglich erden
  • Die Speicher für Vitamin C, B-Vitamine, Vitamin D, Magnesium und Omega 3-Fettsäuren auffüllen
  • Adaptogene wie Ashwagandha, Rosenwurz, Taigawurzel und Ginseng unterstützen Deine Hormonachsen …
  • … ebenso wie Heilpilze wie Reishi, Löwenmähne und Cordyceps
  • Meide Stimulanzien wie Zucker, Alkohol, Nikotin, Kaffee und Drogen und greife lieber zu grünem Tee
  • Versuche Dich vorsichtig an leichtem Ausdauersport
  • Versuche es mit Wechselduschen, um den Kreislauf frisch zu halten
  • Regelmäßige Mahlzeiten (3x täglich) mit hochwertigen Proteinen und gesunden Kohlenhydraten bringen Stabilität in Deinen Alltag
  • Meditiere oder mache Musik, um Geist und Seele zu regenerieren

 

Fazit – Burnout frühzeitig erkennen und handeln!

Der heutige Beitrag greift sehr direkt auf, wie sich ein Burnout entwickelt und nennt einige Gründe, wie die Burnout-Diagnosen zuzunehmen scheinen. Nimm dies bitte als Warnsignal für Dich und für Deine Mitmenschen – wenn Dir Menschen in Deinem Umfeld diesbezüglich auffallen, wende Dich direkt, taktvoll und mitfühlend an sie.

Eine Therapie sowie Zeit zur Erholung und Regeneration ist meist das letzte, was Betroffene in dieser Situation möchten, aber das, was sie am meisten benötigen.

Unterstütze sie daher und hilf ihnen, aus diesem Teufelskreis zu entfliehen und sich und andere damit zu schützen.

 

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