Dies ist ein Transkript des zweiteiligen Podcast-Interviews mit Lucas Buchholz, der seine Erfahrungen mit den Kogi, einem Naturvolk, mit uns teilt – vielen Dank an Lucas an der Stelle. Wenn Du mehr über ihn und seine spannende Arbeit erfahren möchtest, bist Du hier genau richtig.
Hinweis: Hier kannst Du Teil 1 des Podcast-Interviews hören (oder direkt zu Spotify gelangen):
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode hier bei SchnellEinfachGesund. Schön, dass ihr wieder zuhört und reinschaut. Mein heutiger Gesprächspartner ist Lucas Buchholz, ein Vortragsredner, Buchautor und Unternehmensberater, mit dem wir eine große Bandbreite an Themen abklären werden.
Lucas erzählt uns, wo er herkommt, was er derzeit macht was es mit der Reise der Kogi nach Deutschland auf sich hat. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit regenerativer Bewegung, Medizin und Landwirtschaft. Herzlich willkommen, lieber Lucas.
Lucas: Danke Martin, ich freue mich auch.
Martin: Wie stellst du dich auf einer Party vor, wenn du gefragt wirst, was du so machst?
Lucas: Tatsächlich erhalte ich diese Frage oft, und meine Antwort fällt jedes Mal ein wenig anders aus. Ich habe zwei Bücher geschrieben und halte Vorträge zum Thema indigenes Wissen für die moderne Welt. Ich begleite Unternehmen auf dem Weg, ihre Prinzipien mit dem Lebendigen zu verbinden und das Ergebnis in ihre Art zu Wirtschaften zu integrieren. Mein beruflicher Werdegang begann klassisch-elitär. Ich habe einen Teil meiner Schulzeit in einem Internat in England verbracht und später Internationale Beziehungen an einer privaten Uni studiert. Anschließend habe ich für den Europäischen Auswärtigen Dienst im Ausland gearbeitet, unter anderem in Pakistan. Ich dachte, ich hätte meinen Traumjob im Bereich der Internationalen Beziehungen gefunden, doch irgendwann merkte ich, dass es leider nicht das ist, was ich machen möchte. Ich konnte die Dinge, die mir wichtig sind, in meine Arbeit weder einbringen noch entfalten.
Eines Tages erhielt ich die sehr ungewöhnliche Einladung, ein indigenes Volk in Kolumbien zu besuchen, nämlich den Stamm der Kogi. Über zwei Ecken habe ich hier in Deutschland einen ihrer Vertreter kennengelernt, man könnte sagen, den “Außenminister” der Kogi. Er heißt Máma José Gabriel und sagte, “Lucas, komm doch mal in unser Dorf!” Da ich gerade die genannte enttäuschende Erfahrung im Beruf gemacht hatte und auf der Suche nach neuen Herausforderungen war, bin ich diesem Impuls gerne gefolgt und schließlich in den Dörfern Kolumbiens gelandet. Als ich dort ankam, sagte mir Máma José Gabriel, dass er bereits einen Plan für mich hätte. Die Gemeinschaft wollte, dass ich ein Buch für sie schreibe. Diesem Schicksal fügte ich mich sehr gerne und verbrachte einige Monate damit aufzuschreiben, wie die Kogi die Welt sehen, was für sie besonders ist und was sie glauben, was wir falsch machen. So ist mein erstes Buch entstanden, und das war der Beginn meiner Reise. Das Buch heißt “Kogi – wie ein Naturvolk unsere moderne Welt inspiriert”.
Martin: Wahnsinn! Das Buch kommt auf jeden Fall auf meine Leseliste. Ich beschäftige mich auch gerade intensiv mit solchen Themen, und später möchte ich dir gerne noch einige Fragen zu deinem zweiten Buch stellen. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass du begonnen hast, an deinem bisherigen Werdegang zu zweifeln oder war das eher ein schleichender Prozess?
Lucas: Es war die Arbeit in meinem vermeintlichen Traumjob bei der EU-Delegation to Pakistan, also beim Europäischen Auswärtigen Dienst. Ich mochte das Land und seine Menschen sehr gerne, aber es fiel mir immer schwerer, für diese monströse Behörde zu arbeiten. Es klingt cool, wenn man sagt, dass man für die EU im Ausland tätig ist, aber ich fühlte mich wie in einem großen Bürgeramt. Einmal kam der Tag, an dem mir klar wurde, dass mein Leben erst um 18:00 Uhr abends beginnt, wenn meine Arbeit endet. So wollte ich nicht weiterleben.
Martin: War diese Erkenntnis schmerzhaft oder hat sie dir auch Erleichterung gebracht, nachdem du neue Wege gegangen bist?
Lucas: Wie dieser Weg aussehen würde, das wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ich wusste lediglich, dass ich nicht so weitermachen wollte wie bisher. Ich spürte Angst und Orientierungslosigkeit. Ich kam mir vor, als sei ich einem Trugbild gefolgt, von dem ich dachte, dass es gut für mich sei. Das Studium mit seinen Themen, das Inhaltliche, das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Auch der Austausch mit anderen Kulturen und die Vermittlung in ungewöhnlichen Kontexten hat mich schon immer interessiert und begeistert. Ich merkte jedoch, dass das nur einen winzigen Teil meiner täglichen Arbeit ausmachte. Der größte Teil drehte sich um Verwaltungsprozesse, auch wenn sie ganz hochgestochen geklungen haben.
Martin: Hast du das Gefühl, dass du deine Ausbildung heute immer noch einsetzen kannst oder sogar besser einsetzen kannst?
Lucas: Auf einer Meta-Ebene auf jeden Fall. Ich würde sagen, dass ich gelernt habe, differenziert und präzise zu denken. Ich bin in der Lage, Situationen von verschiedenen Standpunkten aus zu betrachten, und das macht auch heute den Kern meiner Arbeit aus. Im Studium habe ich mich mit den gedanklichen Grundlagen beschäftigt. Mich interessieren die Geschichten, die wir uns über die Welt erzählen, zum Beispiel, wenn es über Realismus, Konstruktivismus und Beziehungen geht. Ich fand die grundsätzlichen Perspektiven auf die existierende Welt mit den Konsequenzen, die daraus erwachsen, schon immer spannend. Letztendlich ist genau das der Kern meiner heutigen Arbeit, nur in einem ganz anderen Format und in einem anderen Zusammenhang.
Martin: Ich habe dich durch Anja Wagner kennengelernt, und sowohl bei ihr als auch bei mir waren die Prozesse ähnlich. Wenn man ein Studium absolviert, bekommt man einen Weg vorgegeben, den man befolgen kann. Es ist leicht, diesen Weg zu gehen. Man kann seine erlernten Fähigkeiten aber auch auf eine andere Art und Weise einsetzen. Das ist wahrscheinlich der kompliziertere, aber glücklichere Weg. Bei SchnellEinfachGesund setzen wir uns auch mehr und mehr dafür ein, dass Menschen ihren eigenen Weg gehen, denn wirklich gesund ist man erst, wenn Körper, Geist und Seele im Einklang sind. Wir müssen herausfinden, was unsere Lebensaufgabe ist und nicht, wie wir uns noch besser im Hamsterrad abstrampeln können. Dieser Punkt beschäftigt sehr viele Menschen, und ihm wollen wir mehr Raum geben.
Lucas: Diese Überlegung ist alles andere als banal und gleichzeitig sehr spannend. Durch unsere Art aufzuwachsen haben wir nie gelernt, unsere Lebensaufgabe zu finden. Die indigenen Völker trainieren Orientierung und den Zugang zu den eigenen Werten und Fähigkeiten. Wir hingegen machen das nicht. Unser Bildungssystem gibt uns verschiedene äußere Narrative vor und erwartet, dass wir selbst irgendwann unseren Weg erkennen.
Martin: Mit unserem Bildungssystem habe ich so meine Problemchen, aber es bleibt jedem selbst überlassen, dieses Prinzip zu hinterfragen. Ich bin mir sicher, dass es andere Wege gibt. Wie wir beide outside the Box zu gehen, das ist allerdings ein anderes Extrem. Auf Dauer wird man krank, wenn man immer den Weg befolgt, den andere einem vorgeben. Die Seele wehrt sich, wenn dieser Weg nicht der eigenen Lebensaufgabe entspricht. Irgendwann warst du bei den Kogi im kolumbianischen Regenwald. Wie hat sich das angefühlt?
Lucas: Sie haben mir relativ deutlich gesagt, was meine Aufgabe ist, nämlich zuhören, mir möglichst viel zu merken und aufzuschreiben. Mein erster Besuch war ein großer Kulturschock. Das verwunderte mich, denn schließlich war ich schon sehr viel gereist. Ich war in Pakistan, in Mosambik und in Jordanien gewesen, und auch Südamerika kannte ich schon gut. Bei den Kogi wurde mir bewusst, inwieweit wir Menschen uns global gesehen bereits gleichgeschaltet haben, und zwar ganz besonders im städtischen Kontext. Die Menschen in den Metropolen ticken ähnlich. Wenn ich Geld habe, kann ich überall auf der Welt in einen Laden gehen und mir etwas zu essen kaufen.
Bei den Kogi funktioniert das nicht. Es gibt kein Geld und keine Läden. Niemand erklärt dir, wo du dein Essen und Trinken bekommst, wo du auf die Toilette gehst und wo du dich waschen kannst. Sie können sich überhaupt nicht vorstellen, wie wir leben. Es gibt wenige, die schon einmal außerhalb ihrer Gemeinde waren und die Außenwelt kennengelernt haben. Viele haben ihren Lebensraum noch nie verlassen. Sie leben in den Bergen an der kolumbianischen Karibikküste. Die Gemeinschaft der Kogi umfasst circa 30.000 Menschen. Sie leben in Dörfern, betreiben Ackerbau und stellen ihre Kleidung selbst her.
Sie haben ihre eigene Sprache und wissen nicht, was in unserer urbanisierten Moderne passiert. Dieses Unverständnis darüber, wer wir sind, war eine spannende Erfahrung, die nicht immer angenehm für mich war. Die erste Frage, die mir gestellt wurde, lautete: wann gehst du wieder? Verständlicherweise haben die Menschen in den letzten 500 Jahren nicht die allerbesten Erfahrungen mit Außenstehenden gemacht. Sie signalisieren den Fremden sehr klar, dass sie von deren Anwesenheit nur mäßig begeistert sind.
Diejenigen, die mich eingeladen hatten, machten den anderen klar, warum ich gekommen war und dass ich ihnen weder ihr Land wegnehmen noch Drogen anbauen will. Es hat lange gedauert, bis die Menschen Vertrauen zu mir gefasst hatten. Das war kein leichter Prozess.
Martin: Wie lange warst du bei den Kogi?
Lucas: Mein Aufenthalt dauerte vier Monate. Ich habe mich in verschiedenen Dörfern aufgehalten. Zwischendurch bin ich immer mal wieder in die Stadt zurück, aber insgesamt war ich vier Monate dort.
Martin: Sind die Kogi isoliert oder haben sie sich auch für Besucher geöffnet?
Lucas: Sie sind sehr isoliert. Es gibt nur wenig Außenstehende, die hineingelassen werden. Aber das ändert sich gerade ein bisschen. Das Gebirge, in dem die Kogi leben, ist eines der höchsten am Rande des Meeres. Es gibt Berge von fast 6.000 Metern Höhe, die nur etwa 30 Kilometer von den tropischen Stränden der Karibik entfernt sind. Das heißt, es herrscht eine große Klimavariation. Am unteren Teil des Gebirges befindet sich ein undurchdringlicher, ungefähr zwei Kilometer breiter Dschungelring, der es den Kogi ermöglicht, isoliert zu leben. In höheren Lagen des Gebirges leben Menschen, die noch nie Außenstehende gesehen haben.
Martin: Sie leben versprengt in den Bergen.
Lucas: Richtig. Am Fuße der Berge liegt der Dschungel, und weiter oben beginnt eine gemäßigte Savanne. Dort ist es kalt, und das Klima ist dem in Deutschland ähnlich. Auf den Feldern wachsen sogar Kartoffeln.
Martin: Wie läuft ein typischer Tag bei den Kogi ab? Gibt es überhaupt einen typischen Tagesablauf?
Lucas: Die Tage verlaufen relativ gleichförmig. Die Menschen stehen mit dem Sonnenaufgang um 06:00 Uhr auf. Das Gebiet liegt unweit des Äquators, weswegen die Sonne immer zur gleichen Zeit auf- und untergeht. Nach dem Frühstück gegen 07:30 Uhr gehen die Menschen auf die Felder. Um 10:30 Uhr, bevor es in den unteren Höhenlagen sehr heiß wird, gehen sie zurück in ihre Häuser und ruhen sich aus. Danach werden handwerkliche Arbeiten ausgeführt. Anschließend wird gegessen, und nachmittags gegen 16:30 Uhr gehen sie nochmal hinaus auf die Felder oder in den Wald, um dort etwas Essbares zu sammeln. Diese Arbeiten dauern bis circa 18:00 Uhr. Dann geht die Sonne unter, und es gibt Abendessen. Die Menschen baden zweimal täglich, also morgens und abends. Sie finden es richtig schmuddelig, dass wir uns nur einmal täglich waschen.
Abends treffen sich die Einwohner im so genannten Nu-hué, dem Weltenhaus. Es gibt eines für die Männer und eines für die Frauen, also Geschlechtertrennung. Dort verbringen die Menschen den Abend. Sie unterhalten sich, tauschen sich aus und philosophieren. Das geht bis spät in die Nacht hinein, teilweise sogar bis um 02:00 Uhr. Die Kogi schlafen relativ wenig, denn sie stehen bereits um 06:00 Uhr wieder auf. Trotzdem sind sie topfit.
Martin: Wahrscheinlich stehen sie ohne Wecker auf und trinken keinen Kaffee.
Lucas: Wenn die Hähne krähen, ist es Zeit, aufzustehen.
Martin: Hast du alle diese Routinen mitgemacht?
Lucas: Die Kogi haben relativ schnell gemerkt, dass ich nicht damit aufgewachsen bin, tropisches Unterholz mit einer Machete zu beackern. Meine Nützlichkeit hat sich in Grenzen gehalten. Ich glaube, ich habe mich des Öfteren zum Affen gemacht, als ich versucht habe, mitzuhelfen. Sie wunderten sich darüber, dass ich Mühe hatte, bei der körperlich schweren Arbeit in der Landwirtschaft mitzuhalten. Deshalb haben sie mir die Aufgabe des Schreibens übertragen. Auch habe ich viel Zeit damit verbracht, mich mit den Menschen zu unterhalten. Ich habe ihnen Fragen gestellt, und sie haben im Gegenzug ebenfalls Fragen gestellt.
Martin: Auf der einen Seite leben die Kogi isoliert, auf der anderen Seite scheinen sie sehr im Reinen mit sich selbst und mit der Natur zu sein. Für mich hört sich das so an, als seien sie gesund und glücklich. In unserer global vernetzten Welt werden die Menschen immer kränker und depressiver, weil sie isoliert sind von ihrem eigenen Innenleben, von ihrer Seele und von der Erde. Viele Menschen wissen nicht, woher das Essen stammt, das sie zu sich nehmen. Das sind zwei komplett gegensätzliche Lebensweisen, und das scheint mir eine Erklärung dafür zu sein, warum die Naturvölker im Gegensatz zu uns noch robust und zufrieden sind. Diesem Gedanken möchte ich gerne mehr Raum geben, weil ich glaube, dass wir viel von den Naturvölkern lernen können. Es geht um den Bezug zur Natur, zur Nahrung, zu uns selbst und auch zu höheren Dimensionen. Kannst du uns einige deiner Erfahrungen mitteilen, von denen wir lernen können?
Lucas: Die Lebensweise der Kogi hat mich sehr beeindruckt, auch wenn ich im Vorfeld schon einiges darüber gehört und gelesen hatte. Neben der circa 30.000 Menschen umfassenden Population der Kogi gibt es in Kolumbien drei weitere Nachbarvölker, die sehr ähnlich leben, und zwar die Arhuaco, die Wiwa und die Kankuamo. Das sind insgesamt 100.000 Menschen, die in der Sierra Nevada de Santa Marta leben. Ich fand mich in einer sehr großen Gruppe von Menschen wieder. Sie alle leben ihre Prinzipien in ihren täglichen Handlungen aus. Ihre Verortung ist zutiefst in ihrem Selbstverständnis verankert. Sie würden sich nie die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen, denn das würde ihnen völlig absurd vorkommen. Ihrer Meinung nach ist es selbstverständlich, warum sie auf der Welt sind. Ihre Aufgabe ist es, das Herz der Welt zu hüten. “Das Herz der Welt” nennen sie das Gebirge, in dem sie leben. Wir in der westlichen Welt fragen uns ständig, was wir wollen. Es gibt das deutsche Wort der Willkür, das “den Willen kürt”.
Der Wille ist für die Kogi kein relevantes Kriterium, sondern es geht um den Sinn und um die Aufgabe. Und die sind nicht immer gleich mit dem, was wir wollen, sondern sie entspricht einem Gefühl der Anbindung auf einer tieferen Ebene. Das gilt für das Individuum ebenso wie für die Gemeinschaft. Sie sind auf der Erde, um sich um die heiligen Orte zu kümmern und um ihre Rituale durchzuführen. Als Mensch haben sie eine Sonderrolle in der Natur und sind demnach nicht mit den Tieren gleichgestellt. Im Gegensatz zu uns, die die Menschen als Parasiten ansehen, sehen die Kogi den Menschen als einen Hüter, der Verantwortung für die Natur trägt. Diese Einstellung kennen wir von vielen Naturvölkern. Wir in der so genannten zivilisierten Welt haben diese Sichtweise völlig verlernt.
Die Kogi bezeichnen sich sehr selbstbewusst als “die älteren Brüder und Schwestern” und uns als “die jüngeren Brüder und Schwestern”. Damit meinen sie, dass wir noch viel von ihnen lernen können. Das finde ich sehr erfrischend angesichts der Tatsache, dass sich viele indigene Völker minderwertig fühlen, wenn sie unsere moderne Technik und Lebensweise kennenlernen. Die Kogi hingegen sind davon überhaupt nicht beeindruckt. Sie sind sehr gelassen und außerdem der Meinung, dass wir uns wie Kinder verhalten. Sie fordern uns auf, erwachsen zu werden und Verantwortung zu übernehmen für uns selbst, für die Menschen um uns herum und vor allem für das Land, in dem wir leben. Dieses tiefe Selbstverständnis und ihr Blick auf das Leben haben mich sehr beeindruckt.
Zehnjährige Kinder haben mir gesagt, dass sie ein Mensch werden wollen, wenn sie groß sind. “Wie meinst du das?”, habe ich sie gefragt, und sie antworteten mir, dass Mensch zu werden bedeutet, Verantwortung für sich selbst, für die Gemeinschaft und für das Territorium zu übernehmen, auf dem man lebt. Das war die Ansage eines Zehnjährigen! Wenn ich die gleiche Frage einem Kind in Deutschland stelle, dann erhalte ich eine ganz andere Antwort. Die kleinen Details dieser Begegnungen haben mich sehr berührt. Sie haben mir geholfen herauszufinden, wer diese Menschen sind.
Martin: Daraus spricht mehr Weisheit und Reife als man sie bei den meisten Fünfzigjährigen findet. Wahnsinn. Die Menschen dort wissen, warum sie auf der Erde sind und was ihre Aufgabe ist. Sie gibt selbst den kleinsten Handlungen im Alltag einen übergeordneten Sinn. Mit dieser Sichtweise erledigt man alle Arbeiten bestimmter und zielgerichteter als Menschen, denen das Verständnis für ihre Tätigkeit fehlt.
Lucas: Alle Tätigkeiten, die ausgeführt werden müssen, sind ganz klar den Männern oder den Frauen zugeteilt. Es gibt weibliche und männliche Tätigkeiten. Die Männer weben die Kleidung, und die Frauen knüpfen die Taschen. Das Spannende ist, dass alles nach den Grundprinzipien der Natur funktioniert, zum Beispiel nach der Fruchtbarkeit. Es gibt immer zwei Pole, Plus und Minus, männlich und weiblich. Die Taschen werden nicht nur aus praktischen Erwägungen geknüpft, sondern das Knüpfen ist auch eine Art von Meditation. Gleiches Gilt für das Weben der Kleidung.
Die Kogi haben außerdem einen großen Schatz an Geschichten, Legenden und Mythen, die sie mit dem Alltag verbinden. Das Weben der Kleidung wird gleichgesetzt mit der mythischen Bewegung des Schöpfers, der den Gedankenfaden durch die Welt gewoben hat, um das Leben als Ganzes zu verknüpfen. Das Knüpfen der Tasche entspricht einer Kreisbewegung, durch die die Erde entstanden ist. Sie gleicht dem urweiblichen Prinzip der Gebärmutter, durch die die Zyklen des Lebens erneuert werden. Alles, was sie tun, ist gleichzeitig eine Meditation, die sie mit dem Leben verbindet, und zwar auf eine sinnhafte Art und Weise, wie wir sie uns nicht mehr vorstellen können.
In unseren Kulturen war es früher ähnlich. Von den alten Griechen weiß man, dass die Sophia, das altgriechische Wort für Weisheit, aus Mythos und Logos besteht, also aus der Verbindung des Rationalen mit der Erzählung. In unserer heutigen Zeit berufen wir uns hauptsächlich auf den Logos. Die Weisheit entspricht dem Logos, aber durch sie wurde der Mythos in den Schatten gestellt. Er ist in unser Unterbewusstsein gewandert. Wir glauben, dass unser Denken frei von Mythen sei, und deswegen sind wir in Wahrheit viel anfälliger für Mythen, als wir glauben.
Das liegt daran, dass wir sie nicht mehr erkennen. Es wäre schon, wenn wir uns öfter fragen würden, welche Geschichten wir uns erzählen und wie die Welt funktioniert. Das sind Lebensweisen, die die Kogi auf ganz natürliche Art praktizieren. Den Mythos nennen wir heute ganz modern “Storytelling” und rücken ihn wieder in den Fokus. Wir denken, wir hätten etwas ganz Neues und Tolles entdeckt, aber es gibt die Geschichten, seit es die Menschen gibt. Der Mythos ist die Grundlage der 4.000 Jahre alten, friedlichen, emotionalen und ökologisch hoch entwickelten Kultur der Kogi.
Martin: Das waren viele wichtige Punkte. Gerade im Hinblick auf die Corona Pandemie in den letzten zwei Jahren haben wir gesehen, wie anfällig Menschen für diverse Geschichten geworden sind. Wenn Mythen und Legenden verlorengehen, dann fehlt der innere Wertekompass. Umso anfälliger werden wir für Manipulationen. Wir werden zum Spielball anderer. Die indigenen Völker stehen fest im Leben, denn alles Tun und Fühlen hat eine Konsequenz.
Lucas: Richtig. Es hat Konsequenzen, und es erlaubt einen Zugang zu anderen Fähigkeiten. Die Kogi haben Fähigkeiten, die mich ins Staunen versetzen. Dazu habe ich ein schönes Beispiel. Zwei der Weisen waren einmal nach Frankreich eingeladen worden, um gemeinsam ein Tal in den französischen Alpen zu durchwandern. Sie sollten diese Region aus ihrer Perspektive heraus analysieren. Nach einiger Zeit in dieser völlig anderen Landschaft sagten sie, dass das Tal zwar in einem guten Zustand sei, aber es gäbe eine Baumart, die dort nicht hingehöre. Es handelte sich um die Schwarzkiefer. Die Wissenschaftler sagten, dass dieser Baum auf natürliche Art gewachsen sei, aber die Kogi widersprachen. Sie erklärten, dass die Schwarzkiefern das dortige Ökosystem stören würden, weil sie zu viel Wasser verbrauchen würden, was dann den anderen Pflanzenarten fehlt.
Sie würden sich nicht in den vorhandenen Lebensraum einfügen. Die Wissenschaftler wunderten sich über die Aussage und begannen, zu recherchieren. Sie stellten fest, dass diese Schwarzkiefern tatsächlich nicht natürlich gewachsen waren. Sie wurden nach dem Ersten Weltkrieg als Teil von Kriegsreparationen von Österreich nach Frankreich gebracht. Das ist ein schönes Beispiel, das zeigt, dass der Einklang der Natur eine hohe Relevanz für die Herausforderungen hat, denen wir derzeit gegenüberstehen. Die Gesundheit der Ökosysteme leidet, und wir müssen uns fragen, wie es uns gelingen kann, eine neue Ordnung aufzustellen. Wir benötigen ein Gleichgewicht, das eine gute Basis für unsere Gesundheit legt. Die Kogi haben Zugänge zur Natur, die uns abhanden gekommen sind.
Martin: Es geht darum, den ursprünglichen Lebensraum zu schützen, so wie er war, bevor der Mensch eingegriffen hat. Die indigenen Völker lesen in der Natur wie in einem offenen Buch. Sie sehen Zusammenhänge, die wir als übersinnlich beschreiben würden und verfügen über Fähigkeiten, die uns abhanden gekommen sind. Hast du auf deinen Reisen auch Übersinnliches beobachtet?
Lucas: Die Schwarzkiefer in Frankreich war ein Beispiel dafür. Des Weiteren empfehle ich den Film “Aluna – An Ecological Warning by the Kogi People”, den man sich bei YouTube anschauen kann. Der weise Kogi-Schamane wurde nach London eingeladen. Dort besuchte er in ein Observatorium. Ein Astronom zeigte ihm ein Foto, das mit dem Weltraumteleskop Hubble aufgenommen wurde. Er wollte dem Schamanen erklären, was es auf dem Foto zu sehen gab, doch der Schamane wusste es bereits selbst. “Übrigens”, sagte er, “gibt es nur einen einzigen Stern auf diesem Bild, alles andere sind Sternenwolken”. Er erklärte, wie Sterne Licht erzeugen und wie das Universum funktioniert. Der Astronom war überrascht, denn alles, was der Schamane erklärte, war richtig.
Die Kogi können nicht lesen und schreiben und sprechen kein Spanisch. Sie haben den Berg, auf dem sie leben, so gut wie nie verlassen, aber trotzdem wissen sie sehr gut Bescheid. Wie kommt das? Ich habe keine Antwort auf diese Frage, aber ich finde es spannend, sich damit zu befassen. Ich glaube, dass in den Naturvölkern ein Potenzial steckt, das wir in den nächsten Jahren sowohl individuell als auch gesellschaftlich dringend benötigen, um uns und unseren Planeten wieder in das Gleichgewicht zu bringen, das die Natur angelegt hat.
Hinweis: Hier kannst Du Teil 2 des Podcast-Interviews hören (oder direkt zu Spotify gelangen):
Martin: Es ist schön, dass man sich wieder mehr auf das Wissen der Naturvölker und auf deren übersinnliche Erfahrung besinnt. Allerdings sehe ich darin auch Gefahren. Zum Beispiel, wenn Leute damit beginnen, zu Hause Ayahuasca-Zeremonien zu veranstalten, ohne zu wissen, was genau dahintersteckt. Die Kogi setzen sich dafür ein, ihre Lehren zu verbreiten, um damit beizutragen, die Welt zu heilen.
Lucas: Jein! Sie möchten nicht, dass wir ihre kulturellen Lehren eins zu eins übernehmen. Darin sehen sie sogar eine große Gefahr, gerade wegen solcher Dinge, die du genannt hast. Sie wollen uns erinnern. Sie wollen uns die Richtung zeigen, in die wir schauen können, aber sie können uns nicht sagen, was wir dort sehen werden. Ihre Aufgabe ist es, uns zu inspirieren. Sie zeigen uns unsere Wurzeln und unsere ursprünglichen Gedanken. Die sind wie kleine Samen, die nicht aufgegangen sind. Jetzt geht es darum, diese Samen zu kultivieren, um die Gedanken wieder wachsen zu lassen. Sie wollen nicht, dass wir ihre Kultur übernehmen. Wir haben uns bereits vieles angeeignet. Die Leute praktizieren Yoga, aber sie stellen sich nicht die Frage, ob Yoga zu uns passt.
Die Frage nach dem “bei uns” ist nicht sehr populär. Die Kogi sind der Meinung, dass es je nach Herkunft kosmische Repräsentanzen gibt. Es ist nicht alles zufällig, sondern es ist wichtig, woher ein Mensch kommt und mit welchem Land er verbunden ist. Sie sind ganz und gar nicht dafür, dass wir damit beginnen, Ayahuasca-Zeremonien durchzuführen. Diese sind nicht für uns bestimmt, denn sonst wären sie bei uns entstanden. Das ist eine sehr radikale Ansicht, die in einem Europa der historischen Kriege und Völkerwanderungen eine sehr große Herausforderung darstellen kann. Die Kogi sind davon überzeugt, dass man eine Perspektive des Eigenen zulassen muss und sich nicht wie in einem Supermarkt das Beste aus allen Kulturen heraussuchen soll. Für sie ist wichtig, woher der Mensch kommt, wohin er gehört und wie er aus seiner Herkunft Kraft schöpfen kann.
Martin: Das ist super interessant. Die Kogi machen demnächst eine Reise, an deren Organisation du beteiligt bist. Was hat es damit auf sich, und was habt ihr vor?
Lucas: 2019 gründeten wir einen Verein mit dem Namen “Lebendige Zukunft“. Der Impuls zur Gründung kam von den Kogi. Nach meinem viermonatigem Aufenthalt sagten sie mir, “Lucas, wenn du das Buch fertig hast, dann wäre es total klasse, wenn du eine Akademie gründen würdest”. Ich dachte, “ja, klar! Noch irgendwelche Wünsche?” Aber diese Idee hat mich nicht mehr losgelassen. Ich bin jedoch nicht in der Lage, ein solches Projekt alleine zu stemmen, und deswegen suchte ich nach Menschen, die Lust haben, mitzuwirken. So entstand der Verein “Lebendige Zukunft” mit dem Untertitel “Ursprüngliches Wissen für die moderne Welt”. Es geht darum, vorhandene elementare Weisheiten wiederzubeleben. Und das ist nicht nur auf Naturvölker begrenzt, sondern das können auch unsere eigenen Lebenserfahrungen sein oder universelle Prinzipien, die auf moderne Art und Weise angewandt und neu aufgelegt werden. Das wollen wir voranbringen, indem wir eine Akademie für, im weitesten Sinne, Lebendigkeit gründen.
Einer der ersten Schritte ist, vier Älteste der Kogi nach Deutschland einzuladen, unter ihnen der Schamane, von dem ich gerade die beiden Beispiele aus den französischen Bergen und dem Observatorium in London erzählt habe. Er ist bereits 81 Jahre alt und wird von einem Übersetzer begleitet. Wir machen eine Tour durch Deutschland, Österreich, die Schweiz und nach Schweden. Dabei werden wir Vorträge und Workshops abhalten und Schulen besuchen. Wir werden uns mit Waldexperten in der Schweiz und in Brandenburg treffen, um dortige Waldstücke zu analysieren. Dabei steht die Trockenheit im Vordergrund, die wir gerade erleben.
Die Kogi werden uns ihre Meinung sagen, ob wir etwas dagegen tun können. Viele spannende Begegnungen sind geplant, und wir freuen uns auf einen interessanten Austausch. Es ist nicht Sinn der Sache, dass wir alle zu den Kogi fahren, weil sie, wie gesagt, keinen Tourismus und keinen Besuch haben möchten. Aber sie haben sich bereiterklärt, zu uns zu kommen und ihre Perspektiven mit uns zu teilen. Darüber freuen wir uns sehr. Es gibt auch noch freie Plätze, die ihr über unsere Webseite www.lebendigezukunft.org buchen könnt. Im oberen Bereich der Seite findet ihr einen Reiter, der zu der Reise und zu ihren Stationen führt. Dort könnt ihr euch anmelden. Wir würden uns freuen, wenn ihr die Kogi persönlich treffen könntet.
Martin: Ich habe gerade den Veranstaltungskalender aufgerufen. Ihr habt euch viel vorgenommen, richtig stark! Ich bin im September in Deutschland, mal schauen, ob ich vorbeikommen kann. Allen, die uns jetzt zuhören, empfehle ich, den Veranstaltungskalender unter lebendigezukunft.org anzuschauen. Gerne verlinke ich ihn. Dort findet man einen übersichtlichen Plan, wann ihr wo seid. Das wird eine Erfahrung der etwas anderen Art werden, die auf jeden Fall den eigenen Horizont extrem erweitern kann.
Lucas: Schaut euch an, wie alt diese Menschen und wie fit sie gleichzeitig sind. Alle sind um die 80 Jahre alt, gesund und munter, und sie veranstalten das ganze Programm, und zwar in einer Welt, die ihnen fremd ist. Es ist sehr beeindruckend, diese Menschen live zu erleben.
Martin: Richtig stark, was du alles aufziehst und organisierst. Sicher werden viele Mitglieder unserer Community vorbeischauen, wenn es sich einrichten lässt. Ihr fangt Ende August in der Schweiz an. Dann geht es weiter nach Deutschland.
Lucas: Wir fangen im Westen von Deutschland an und reisen von Köln über Hannover nach Berlin. Dann fliegen wir nach Schweden auf eine Privatinsel, wo wir Investoren treffen, die lernen möchten, wie man nachhaltige Zukunft gestaltet. Danach geht es im Osten Deutschlands wieder runter in Richtung Österreich. Und in Bayern endet unsere Tour.
Martin: Du bist Unternehmensberater. Kannst du uns etwas zu deiner Arbeit erzählen?
Lucas: In den letzten Jahren haben wir viel über das Thema Nachhaltigkeit gehört. Trotzdem merken wir, dass der entscheidende Wandel nicht eintritt. Wir frisieren unseren CO2-Ausstoß, es wird hier ein bisschen verbessert und dort ein bisschen verbessert, aber auf der grundsätzlichen Ebene haben wir uns nicht gewandelt. Ich habe die Kogi gefragt, was sie von Nachhaltigkeit halten. Sie haben sich beraten und geantwortet, dass es sich so anhört, als ob wir sicherstellen wollten, uns auch in Zukunft noch an der Natur bedienen zu können. Wow, das war eine präzise Analyse. Nach einigen Recherchen bin ich auf die so genannte Regenerative Bewegung gestoßen.
Auf der einen Seite haben wir die klassische Wirtschaft, und auf der anderen Seite gibt es die grüne Wirtschaft, die versucht, ein bisschen weniger kaputt zu machen. Dann gibt es noch die nachhaltige Wirtschaft, die nichts kaputt machen will, und schließlich die regenerative Wirtschaft, die versucht, der Natur etwas zurückzugeben. Durch die eigene Wertschöpfung soll eine ganzheitliche Ebene geschaffen werden, und zwar sowohl für die Menschen als auch für die Natur. Wie schaffen wir es, etwas zurückzugeben? Das ist der Kerngedanke vieler indigener Gesellschaften, und auf dieser Basis arbeite ich mit den Unternehmen zusammen.
Ich berate Organisationen, die Lust auf eine regenerative Art des Wirtschaftens haben. Im Rahmen der von mir mitgegründeten Beratung re:ground bieten wir einen so genannten regenerative journey an, der Unternehmen in eine erneuerbare Zukunft begleitet. Wir unterstützen sie mit Projekten, Workshops und individuellen Konzepten. Es geht darum, das bereits vorhandene Potenzial zu heben. Dazu gehören natürlich die Mitarbeiter, die sich in der Materie des Betriebs gut auskennen. Wir wissen nicht, wie der Hase in den einzelnen Unternehmen läuft, aber wir arbeiten gemeinsam daran, die Stärken und Erfahrungen zu erkennen und zu nutzen. Dabei hilft mir die Erfahrung, die ich bei den Kogi gesammelt habe, unter anderem die Anwendung des Grundverständnisses, welche Aufgabe wir zu erfüllen haben.
Nachhaltigkeit ist lediglich das Ergebnis regenerativer Wertschöpfung. Ein regeneratives Unternehmen benötigt keine Nachhaltigkeitsabteilung, warum auch? Die Nachhaltigkeit ist bereits vom Grundverständnis her, von der Art zu wirtschaften, tief verankert. Es benötigt keinen Satelliten, der um den Kern des Unternehmens herumkreist. Es gibt bereits Beispiele für regenerative Unternehmen, und interessanterweise sind die meisten von ihnen ziemlich erfolgreich. Regeneratives Arbeiten steht nicht im Widerspruch zu wirtschaftlichem Erfolg. Der Erfolg wird von der Zerstörung abgekoppelt und verknüpft sich mit der Restauration und mit der Schaffung von Werten. Das ist für mich der grundsätzliche Unterschied zur herkömmlichen Art des Unternehmertums.
Martin: Das macht Sinn und ist wahrscheinlich auch die einzige Form, wie wir als Menschheit auf diesem Planeten längerfristig gut leben können. Auch Anja Wagner, mit der du dich gut verstehst, arbeitet mit regenerativen Methoden, und zwar auf dem Gebiet der regenerativen Landwirtschaft. Wir bei SchnellEinfachGesund kümmern uns um regenerative Gesundheit für die Menschen, indem wir wieder zurück zu unserer wahren Gesundheit finden. Das ist die Zukunft. Es ist wichtig, sich zu vernetzen und gegenseitig zu pushen.
Lucas: Das alles sind Aspekte, die sich nicht voneinander trennen lassen. Ohne regeneratives Arbeiten kann man langfristig kein gutes Leben führen. Dazu gehört auch der regenerative Boden und die Landwirtschaft. Diese Dinge greifen ineinander, und wir verstehen immer besser, dass unser Silo-Denken, das auf Effizienz gepusht ist, nicht funktioniert. Trotzdem sind diese Denkweisen und Mechanismen noch immer vorhanden. Auch ich bin nicht frei davon. Aber es ist wichtig, den Weg zu suchen und zu prüfen, wie man diese Prinzipien umsetzen kann. Wir kommen aus einem Kontext, der es nötig macht, zurückzufinden zu den wahren Werten.
Ich möchte mit Menschen und Organisationen arbeiten, die ebenso wie ich Lust darauf haben, diesen Weg gemeinsam zu gehen. Zusammen finden wir heraus, was es heißt, regenerativ zu werden. Daraus entstehen sehr schöne Prozesse.
Martin: Das glaube ich gerne. Ich finde es auch schön, wie viele wichtige Themen wir heute angeschnitten haben und bin mir sicher, dass sie bei unseren Zuhörerinnen und Zuhörern sehr viel bewirken können. Was kannst du uns zu deinen Büchern sagen, Lucas?
Lucas: Mein erstes Buch “Kogi: Wie ein Naturvolk unsere moderne Welt inspiriert” ist der Erfahrungsbericht, den ich für die Kogi geschrieben habe. Er beleuchtet drei Aspekte. Der erste beinhaltet Zitate der Schamanen. Damit will ich den Leserinnen und Lesern die Möglichkeit geben, mein Gefühl nachzuvollziehen, wie ich dort saß, am Lagerfeuer im Weltenhaus. Es war dunkel, vier Feuer haben gebrannt, und viele Stimmen murmelten um mich herum. Sie sprachen über die Welt und was der Kosmos und das Leben für sie bedeutet. Es ging um Landwirtschaft und um das Zusammenleben von Mann und Frau, also Themen, die alle betreffen. Ich habe die ungefilterte Art der Sprache wiedergegeben.
Der zweite Teil ist die Kontextualisierung der Gedanken, eine Art Übersetzung in unsere Art, zu denken. Wenn man gewisse Hintergründe nicht kennt, ist es nicht leicht, die Aussagen der Kogi zu verstehen, eben weil wir so anders denken.
Der dritte Teil behandelt meine Erfahrungen. Wie bin ich dort hingekommen, und wie habe ich mich bei den Kogi gefühlt? Das hat mir geholfen, meine Subjektivität zu beschreiben. Das Buch ist kein objektiver Bericht, sondern es ist eine subjektive Erfahrung, die ich über zwei Sprachbarrieren hinweg sammeln konnte, von Kággaba nach Spanisch, von Spanisch nach Deutsch und umgekehrt. Jeder, der Lust hat, in diesen Bewusstseinsraum einzutauchen, kann das mit Hilfe des Buches machen. Ich bekomme viele E-Mails von Menschen, die mir sagen, dass sie das Buch tief berührt hat und dass sie sich gekräftigt fühlen. Das freut ich immer sehr.
Mein zweites Buch trägt den Titel “Entdecke deine Körperintelligenz”. Ich habe es zusammen mit Karl Grunick geschrieben. Er ist einer der beeindruckendsten Energetiker, die ich kennenlernen durfte. Karl kommt aus dem kontaktlosen Kampfsport und sieht extrem abgefahren aus. Aber don’t judge the Book by its Cover! Die Seminare von Karl Grunick sind grandios. Ich habe selbst sehr viele von ihm besucht, bevor wir das Buch zusammen geschrieben haben. Das Interessante ist, dass Karl auf einer anderen Ebene und mit einem total anderen Zugang auf die gleichen Prinzipien wie die Kogi gestoßen ist. Das begeistert mich, und das verbindet uns. Es geht um die grundsätzlichen Wirkweisen des Lebens, wie wir in Kontakt miteinander treten und wie unsere Energien funktionieren. Diese Prinzipien sind auch vom individuellen Ansatz her für viele Menschen interessant.
Auch hier ist es wieder so, dass du über den Körper den Zugang zur Energie erfährst, letztendlich eine Art Anti-These zur vergeistigten Form von Spiritualität, die wir oft angeboten bekommen. Die Materie des Körpers wird als Hindernis gesehen. Letztlich geht es darum, wie wir hier sind, als Menschen mit unserem Körper, in unserer Ganzheit von Geist und Seele. Das wird oft vergessen. Unser Körper wird als Mittel gesehen, der uns von A nach B trägt. Ansonsten hat er keine Funktion. Wir kümmern uns nur um ihn, wenn er anfängt, Probleme zu machen. Aber der Körper ist ein wunderbares Vehikel, das uns hilft, grandiose Zugänge zu Höherem bekommen. Auch darum geht es in meinem Buch.
Martin: In der Medizin ändert sich dahingehend gerade viel. Und je mehr ich lerne, wie mein Körper funktioniert, desto höher wird der Anteil, der intuitiv arbeitet. Gleiches merke ich bei Ärzten und Heilpraktikern, mit denen wir zusammenarbeiten und die ein viel größeres medizinisches Wissen haben als ich. Ich spüre 50 Prozent Intuition, sowohl bei uns als auch beim Patienten selbst. Das bedeutet, dass der Körper selbst weiß, was er benötigt. Diese Körperintelligenz in ein Buch zu packen, das finde ich wichtig. Durch meine Reisen lese ich sehr viele E-Books, und gerade habe ich mir das Kogi-Buch heruntergeladen. Ich werde berichten, wie es mir gefällt, und natürlich werden wir deine Bücher und alle Infos verlinken. Ich habe gesehen, dass euer Verein Spenden annimmt. Wir bei SchnellEinfachGesund unterstützen gerne coole Projekte, weil wir mittlerweile relativ gute Gewinne machen, die wir der Welt zurückgeben wollen. Wir werden auch deine Webseite verlinken, falls jemand Lust hat, mit dir zusammenzuarbeiten und sich beraten zu lassen.
Lucas: Ich halte auch Vorträge und Konferenzen zu den genannten Themen. Oft müssen die Menschen erst einmal verstehen, worum es dabei geht. Es ist wie ein vorsichtiges Herantasten, und dazu eignen sich meine Vorträge sehr gut.
Martin: Lucas, gibt es noch irgendetwas, was du loswerden möchtest oder etwas, was dich beschäftigt und über das wir noch sprechen könnten?
Lucas: Ich fand unser Gespräch sehr spannend und freue mich, dass wir alle Themen angesprochen haben. Man kann natürlich immer noch tiefer in die Materie einsteigen, aber ich glaube, für einen ersten Rundumschlag bin ich sehr zufrieden. Ich danke dir für das Interview.
Martin: Gerne. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, und ich habe viel Neues gelernt. Wenn es eine Sache gibt, die man gleich mitnehmen kann, dann mein Tipp, die Seite lebendigezukunft.org zu besuchen. Schaut euch den Veranstaltungskalender an und geht zu einem dieser Vorträge und Seminare, die Lucas mit den Kogi veranstaltet. Ich denke, das wird eine interessante Sache. Schaut auch gerne auf die Links unter dieser Episode. Sie wird übrigens auch bei YouTube online gehen. Ich wünsche dir noch ganz viel Spaß und Erfolg auf deiner weiteren Reise, lieber Lucas. Danke, dass du heute dabei warst.
Lucas: Danke, Martin, das wünsche ich dir auch. Alles, alles Gute!
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