Wildfleisch gilt als besonders ursprünglich, nährstoffreich und gesund – und das stimmt in vielen Punkten. Trotzdem tauchen immer wieder Fragen auf: Ist Wildfleisch belastet? Könnten Schrotpartikel, Schwermetalle oder radioaktive Rückstände ein Problem sein? Und wie sieht es mit Krankheitserregern oder Hygienemängeln aus?
Die ehrliche Antwort lautet: Ja, es gibt potenzielle Risiken – aber sie sind weit weniger dramatisch, als manche Berichte suggerieren.
Wenn Du weißt, worauf Du achten solltest, kannst Du Wildfleisch unbesorgt genießen. In vielen Fällen sind die Risiken sogar geringer als bei konventionellem Fleisch aus Massentierhaltung.
In diesem Beitrag räumen wir mit Vorurteilen auf, klären über die wichtigsten Kritikpunkte auf – und zeigen Dir, warum Wildfleisch trotz allem eine der besten Fleischquellen für Deine Gesundheit bleibt, wenn Du bewusst auswählst.
Bleischrot & Munition: Schrotpartikel im Fleisch
Ein häufiger Kritikpunkt an Wildfleisch ist die Verwendung von Bleischrot oder bleihaltiger Büchsenmunition. Beim Schuss können kleine Splitter im Fleisch zurückbleiben – und diese enthalten tatsächlich Blei. Blei ist ein Schwermetall, das im Körper nichts zu suchen hat: Es wirkt neurotoxisch, kann die Blutbildung stören und sich langfristig im Gewebe einlagern.
Aber: Die Problematik betrifft vor allem Federwild wie Wildenten oder Fasane, die mit Schrot geschossen werden – weniger Reh, Hirsch oder Wildschwein, bei denen Büchsenmunition eingesetzt wird. Und selbst dort ist der kritische Bereich sehr lokal begrenzt: Direkt um den Einschusskanal herum.
Wenn das Tier fachgerecht geschossen und vom Metzger oder Jäger sauber ausgelöst wurde, besteht praktisch kein Risiko. Moderne Jäger verwenden zudem zunehmend bleifreie Munition – aus Kupfer oder Zinn – die sich weniger zersplittert und keine toxische Wirkung hat.
Du kannst Dich also gut schützen:
- Kaufe nur Fleisch mit nachweislich bleifreier Munition oder frage beim Jäger gezielt nach.
- Verzichte auf Fleischstücke in unmittelbarer Nähe zum Einschussloch, falls Du selbst zerlegst.
- Wähle Wild von erfahrenen Jägern oder Wildmetzgereien mit sauberer Verarbeitung.
Fazit: Die Sorge vor Bleischrot ist berechtigt, aber in der Praxis gut kontrollierbar – vor allem, wenn Du weißt, wo Dein Fleisch herkommt.
Schwermetalle im Wild: Cadmium, Blei & Quecksilber
Wildtiere leben in der freien Natur – und damit auch in einem Umfeld, das durch Industrie, Landwirtschaft oder Altlasten belastet sein kann. Besonders in der Nähe von Straßen, Minen, Müllverbrennungsanlagen oder Altmunition können sich Schwermetalle wie Cadmium, Blei oder Quecksilber im Boden anreichern. Diese gelangen über Pflanzen und Pilze in den Stoffwechsel des Wildes.
Betroffen ist vor allem die Leber und Niere der Tiere – dort reichern sich Schwermetalle am stärksten an. Das Muskel- bzw. Fleischgewebe ist dagegen kaum belastet. Die gesetzlichen Grenzwerte für Muskelfleisch werden fast nie überschritten – das zeigen regelmäßige Untersuchungen aus Deutschland, Österreich und Skandinavien.
Ein Sonderfall ist Wildschwein: Es frisst oft am Boden, wühlt in der Erde und nimmt dabei auch Pilze und Wurzeln auf, die Cadmium enthalten können. Deshalb ist die Leber von Wildschwein manchmal stärker belastet. Das gilt vor allem für Regionen mit hoher Umweltbelastung.
Was Du tun kannst:
- Iss Leber und Innereien von Wild nur gelegentlich – und nur aus vertrauenswürdiger Quelle.
- Muskel- bzw. Keulenfleisch ist in der Regel sehr gering belastet – hier brauchst Du Dir keine Sorgen zu machen.
- Frage beim Jäger nach der Region und dem Habitat, in dem das Tier gelebt hat.
Schwermetalle sind in der Umwelt leider allgegenwärtig – aber beim Wildfleisch gut kontrollierbar. Wenn Du Dich auf Muskelfleisch konzentrierst und auf die Herkunft achtest, bist Du auf der sicheren Seite.
Radioaktive Belastungen: Wild und Tschernobyl – noch ein Thema?
Immer wieder liest man: Wildschwein ist radioaktiv belastet. Der Ursprung dieser Sorge liegt im Reaktorunglück von Tschernobyl 1986. Damals gelangten große Mengen Cäsium-137 in die Atmosphäre und wurden über Regen in den Boden gespült – besonders in Süddeutschland, Österreich und Teilen Skandinaviens.
Pilze, Moose und Flechten speichern radioaktives Cäsium besonders gut – und genau das fressen Wildschweine. Deshalb kann es bis heute vorkommen, dass einzelne Wildschweine in bestimmten Regionen erhöhte Werte aufweisen. Andere Wildarten wie Reh oder Hirsch sind davon kaum betroffen, da sie anderes Futter bevorzugen.
Wichtig: In belasteten Gebieten wird jedes geschossene Wildschwein auf Radioaktivität untersucht, bevor es verkauft oder abgegeben wird. Die Behörden sind hier streng – Fleisch, das über dem Grenzwert liegt, darf nicht in den Handel.
Was Du tun kannst:
- Beziehe Wildschwein nur von Jägern oder Händlern, die eine Radiocäsium-Messung vornehmen (in Süddeutschland Standard).
- Reh, Hirsch und Kaninchen sind fast nie belastet – hier kannst Du entspannt bleiben.
- Frage im Zweifel nach dem Jagdgebiet – in Nord- und Westdeutschland sowie Skandinavien besteht praktisch kein Risiko.
Ja, radioaktive Belastung ist ein Thema – aber es wird gut überwacht. Wer gezielt einkauft und die Quelle kennt, muss sich keine Sorgen machen.
Parasiten und Krankheitserreger: Trichinen, Tularämie & Co.
Wildtiere leben ohne medizinische Betreuung – und das bedeutet auch, dass sie Träger von Parasiten oder Erregern sein können. Besonders oft genannt werden Trichinen (Würmer), Salmonellen oder Tularämie.
In Deutschland und den meisten europäischen Ländern unterliegt jedes Wildschwein einer verpflichtenden Trichinenuntersuchung. Erst wenn ein amtlicher Tierarzt das Fleisch freigegeben hat, darf es verkauft oder weitergegeben werden. Bei Reh und Hirsch ist das Risiko noch geringer, da diese kaum in Kontakt mit potenziell infizierten Tieren oder Böden kommen.
Auch die gefürchtete Tularämie betrifft fast ausschließlich Hasen und Wildkaninchen – und auch hier gibt es gesetzliche Meldepflichten und klare Standards in der Wildhygiene.
Was Du tun kannst:
- Kaufe Wildfleisch nur aus kontrollierter Jagd, mit nachgewiesener Fleischuntersuchung.
- Erhitze Wildfleisch immer vollständig – durchgaren tötet alle gängigen Parasiten und Erreger zuverlässig ab.
- Vermeide rohes Wildschweinfleisch (z. B. als Mett) – das ist kein traditionelles Carpaccio-Material.
Parasiten und Erreger sind theoretisch vorhanden – aber in der Praxis sehr gut kontrollierbar. Wer auf Qualität, Herkunft und Zubereitung achtet, hat kein Risiko.
Hygiene und Verarbeitung: Schwachstelle beim Zerlegen
So gesund und natürlich Wild auch ist – der wichtigste Schwachpunkt liegt oft nicht im Tier selbst, sondern in der Verarbeitung. Wild muss nach dem Schuss schnell und sauber aufgebrochen, gekühlt und weiterverarbeitet werden. Wenn das nicht sorgfältig gemacht wird, kann es zu Verunreinigungen oder Keimbelastungen kommen.
Besonders kritisch ist der Bereich um den Verdauungstrakt – hier können bei unsachgemäßem Aufbrechen Keime wie Coli-Bakterien oder Salmonellen ins Fleisch gelangen. Auch eine zu langsame Kühlung kann das Keimwachstum fördern – gerade im Sommer oder bei Transport über längere Strecken.
Die gute Nachricht: Professionelle Jäger und Wildmetzgereien arbeiten hygienisch auf hohem Niveau. In Deutschland, Österreich und der Schweiz gelten klare Vorgaben, wann, wie und wo Wild aufgebrochen und gelagert werden darf. Verstöße sind selten – aber Du solltest trotzdem wachsam bleiben.
Was Du tun kannst:
- Kaufe Wild nicht auf dubiosen Wochenmärkten oder ohne Herkunftsnachweis.
- Frage nach dem Aufbruchetikett oder der Wildursprungsmarke – sie garantieren Rückverfolgbarkeit.
- Tiefgekühltes Wild aus vertrauenswürdiger Quelle ist meist hygienisch unproblematisch.
Die größte Gefahr liegt nicht im Fleisch selbst, sondern im Handling. Wer auf saubere Verarbeitung achtet, hat nichts zu befürchten.
Importiertes Wildfleisch: Welche Herkunft birgt Risiken?
Nicht jedes Wildfleisch, das Du kaufen kannst, stammt aus heimischen Wäldern. Gerade in Supermärkten oder in der Gastronomie wird oft importiertes Wild angeboten – etwa Hirsch aus Neuseeland, Wildkaninchen aus China oder Wildschwein aus Osteuropa. Und hier solltest Du genau hinschauen.
In einigen Ländern gelten andere Standards bei Jagd, Hygiene und Kontrolle. Das Fleisch wird oft tiefgekühlt verschifft, manchmal mit Konservierungsmitteln behandelt und stammt nicht immer aus freier Wildbahn, sondern aus Gatterhaltung – was mit echtem Wild nur noch wenig zu tun hat.
Besonders problematisch sind Herkunftsländer mit unklaren Tiergesundheitskontrollen, mangelnder Rückverfolgbarkeit oder niedrigeren Umweltstandards. Auch radioaktive Altlasten oder Bleischrot-Rückstände sind in bestimmten Regionen Osteuropas ein Thema.
Was Du tun kannst:
- Kaufe möglichst regionales oder heimisches Wildfleisch, z. B. direkt beim Jäger oder einer Wildmetzgerei.
- Frage im Restaurant oder im Handel nach der Herkunft – ein gutes Haus nennt sie Dir gern.
- Vermeide Wild aus anonymen Quellen oder Billigangeboten – besonders im Tiefkühlregal großer Handelsketten.
Auch beim Wild gilt: Die Herkunft entscheidet über die Qualität. Heimisches Wild ist nicht nur frischer, sondern auch deutlich transparenter – und meistens sicherer.
Wie Du Dich schützt: Worauf Du beim Wildfleisch achten solltest
Die meisten Risiken beim Wildfleisch lassen sich vermeiden – wenn Du ein paar einfache Regeln beachtest. Wild ist nicht per se gefährlich, aber eben auch kein industriell standardisiertes Produkt. Es kommt auf Vertrauen, Transparenz und gesunden Menschenverstand an.
Hier die wichtigsten Punkte für Dich zusammengefasst:
- Kaufe regional – idealerweise direkt vom Jäger, aus der Wildmetzgerei oder von zertifizierten Online-Händlern mit Herkunftsnachweis.
- Frage nach Munition – bevorzuge Wild, das mit bleifreier Munition geschossen wurde.
- Wähle Muskel- statt Innereienfleisch – vor allem bei Wildschwein und in belasteten Regionen.
- Achte auf die Verarbeitung – das Fleisch sollte vakuumiert, gut gekühlt oder tiefgefroren sein und hygienisch einwandfrei wirken.
- Gare Wildfleisch immer durch – besonders bei Wildschwein, Hase und Kaninchen.
- Vermeide anonymes Import-Wild – hier fehlen oft wichtige Informationen zur Herkunft und Qualität.
Wenn Du diese Dinge beherzigst, kannst Du Wildfleisch mit gutem Gefühl genießen – und bekommst all die gesundheitlichen Vorteile, ohne unnötige Risiken einzugehen.
Fazit: Wildfleisch bewusst genießen
Wildfleisch ist und bleibt eine der ursprünglichsten, nährstoffreichsten und natürlichsten Formen tierischer Ernährung. Doch wie bei allen natürlichen Lebensmitteln gilt: Es braucht Wissen und Achtsamkeit, um die Qualität richtig einzuschätzen.
Ja, es gibt potenzielle Risiken – von Bleischrot über Schwermetalle bis hin zu Krankheitserregern. Aber diese Gefahren sind nicht dramatisch und lassen sich mit gesundem Menschenverstand sehr gut kontrollieren:
- Wähle Wild aus vertrauenswürdiger Quelle
- Informiere Dich über Herkunft, Munition und Verarbeitung
- Gare das Fleisch gründlich, besonders bei Wildschwein und Hasen
- Vermeide anonymes Importfleisch aus fragwürdigen Regionen
Wenn Du diese Punkte beachtest, bleibt Wildfleisch genau das, was es sein soll: Ein nährstoffreiches, nachhaltiges und ehrliches Lebensmittel – fernab von Massentierhaltung, industrieller Verarbeitung und künstlicher Manipulation.
Du bekommst nicht nur hochwertiges Eiweiß, Eisen, Omega-3 und B-Vitamine – sondern auch ein Stück Verbindung zur Natur. Und das ist heute wichtiger denn je.
Falls Du den ersten Beitrag noch nicht gelesen hast, in dem es um die gesundheitlichen Vorteile von Wildfleisch geht, dann lohnt sich ein Blick dorthin – denn dort zeigen wir Dir, warum Wildbret so besonders ist, was es nährstofftechnisch auszeichnet und warum es ein echtes Superfood für bewusste Fleischesser ist.
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