Übrigens: In unserem Podcast findest Du zum heutigen Thema eine spannende Episode:
Das Problem mit Kuhmilch
Tierische Milchprodukte wie Kuh-, Schafs- und Ziegenmilch waren historisch gesehen wichtige Nahrungsquellen, besonders in Europa. Diese Produkte lieferten unseren Vorfahren essentielle Nährstoffe und deckten den Kalorienbedarf.
Traditionelle Milchprodukte: Natürlich und nahrhaft
Früher stammte die Milch von Tieren, die artgerecht gehalten wurden. Die Tiere erhielten natürliches Futter, und die daraus gewonnenen Produkte wurden traditionell verarbeitet: Rohmilch und fermentierte Milchprodukte waren weit verbreitet und enthielten zahlreiche aktive Enzyme und Bakterien. Diese halfen nicht nur bei der Verdauung, sondern stärkten auch das Immunsystem und schützten vor schädlichen Keimen.
Pasteurisierung und Homogenisierung
Bei der Betrachtung von Milchprodukten spielen neben der Fütterung der Tiere insbesondere das Pasteurisieren und Homogenisieren eine entscheidende Rolle. Pasteurisierung (kurzzeitiges hocherhitzen) hat das Ziel, gesundheitsschädliche Bakterien, wie Salmonellen, abzutöten, hat aber den Nebeneffekt, dass Proteine und Enzyme denaturiert und zerstört werden. Fraglich ist, ob frische Rohmilch durch die natürlich enthaltenen Bakterien sich nicht selbst gegen Pathogene schützen kann. Durch die Pasteurisierung entsteht also ein biochemisch verändertes Produkt, welches häufig schlechter vertragen wird. Natürlich vorkommende Enzyme, wie Laktase oder Lipase, können den Verdauungsprozess von Milch verbessern. Der aktuelle wissenschaftliche Stand bestätigt diese Aussagen aber nicht und erkennt keine positiven Effekte von Rohmilch gegenüber pasteurisierter Milch an.
Bei der Homogenisierung wird die Milch unter hohem Druck durch feine Düsen gepresst, sodass die Fetttröpfchen gleichmäßig zerkleinert und in der Flüssigkeit verteilt werden. Durch diesen Vorgang setzt sich das Fett nicht an der Oberfläche ab und die Milch behält eine gleichbleibende Konsistenz. Obwohl die Homogenisierung hauptsächlich aus ästhetischen Gründen und zur Verlängerung der Haltbarkeit angewandt wird, gibt es Bedenken hinsichtlich der potenziellen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit. Kritiker der Homogenisierung argumentieren, dass die kleinen Fetttröpfchen die Darmbarriere leichter unverdaut durchqueren können, insbesondere bei vorliegender Darmepithelstörung (Leaky Gut). Diese Behauptung deckt sich mit empirischen Beobachtungen durch viele Darmexperten, doch wurde in der klinischen Wissenschaft noch nicht belegt.
Moderne Milchproduktion: Ursachen für gesundheitliche Probleme
Auf der anderen Seite waren Milchprodukte über Tausende von Jahren in vielen Kulturen ein wesentlicher Nahrungsbestandteil. Die Bevölkerung der bulgarischen Bergregionen, in der die meisten Hundertjährigen leben, ernährt sich traditionell zu 40 bis 50 % von rohen Schafmilchprodukten. Die von Weston Price untersuchten Bergbauern in der Schweiz ernährten sich über den Winter von einem Roggenbrot, an dem sich die meisten Zivilisationsmenschen die Zähne ausbeißen würden, fingerdick belegt mit Rohmilchbutter und Rohmilchkäse aus der Milch von gesunden Weidetieren.
Viele der heutigen gesundheitlichen Probleme wie Entzündungen und Unverträglichkeiten traten erst mit der Industrialisierung der Milchproduktion auf. Heutzutage stammen Milchprodukte oft von Tieren, die unter unnatürlichen Bedingungen gehalten werden. Moderne Kuhsorten enthalten häufig mehr A1-Casein, ein Protein, das mit Entzündungen in Verbindung gebracht wird. Die Verträglichkeit von Milch kann man übrigens verbessern, wenn man sie leicht erhitzt (40 °C).
Fazit zum Thema Tiermilch
Prinzipiell sollte man Tiermilchprodukte nicht fürchten, sondern deren Mehrwert anerkennen und bei Bedarf in hoher Qualität, möglichst natürlich konsumieren. Ob man sie nun wirklich zu sich führen möchte, hängt vom eigenen Körpergefühl ab. Spoiler: Die beiden Martins und ich trinken inzwischen keine Milchprodukte mehr, sondern sind gänzlich auf pflanzliche Alternativen umgestiegen.
Ist Pflanzenmilch also die bessere Alternative?
Kurz gesagt: Ja, aber es kommt auf die Wahl der Produkte an. Hochwertige, rohköstliche Milchprodukte wie Joghurt und Butter sind nur für einen kleinen Teil der Bevölkerung zugänglich. Für den Großteil der Menschen sind Pflanzenmilchalternativen eine gute Wahl – aber welche?
Omega-3 zu Omega-6 Verhältnis
Ein Problem bei vielen Pflanzendrinks ist das unvorteilhafte Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren. Um die Textur zu verbessern, werden häufig pflanzliche Öle wie Sonnenblumen- oder Rapsöl zugesetzt. Diese Öle enthalten viel mehr Omega-6 als Omega-3, was Entzündungen im Körper fördern kann. Achte daher auf eine ausgewogene Omega-3-Zufuhr, zum Beispiel durch Fisch, Meeresfrüchte oder Bio-Eier, und wähle Pflanzendrinks ohne zugesetzte Öle. Alternativ kannst du auch Kokos-Reis-Drinks nutzen oder deine Pflanzenmilch selbst herstellen.
Zusatzstoffe
Industriell hergestellte Pflanzendrinks enthalten oft Zusatzstoffe, um Geschmack, Konsistenz und Haltbarkeit zu verbessern. Nicht alle Zusatzstoffe sind per se schlecht, aber es lohnt sich, die Etiketten genau zu lesen. Besonders Zucker, der häufig als Rohrohrzucker getarnt wird, solltest du meiden.
Nähr- und Antinährstoffe
Der Nährstoffgehalt in Pflanzenmilch unterscheidet sich stark von dem in Kuhmilch. Während Kuhmilch reich an Calcium und Vitamin B12 ist, punkten die pflanzlichen Alternativen eher mit ihren Polyphenolen, welche zahlreiche gesundheitsfördernde Wirkungen erzielen können. Problematisch ist teilweise die Bioverfügbarkeit von Vitaminen und Mineralstoffen in den Pflanzendrinks, insbesondere Hafer. Durch Fermentation kann die Bioverfügbarkeit von Vitaminen und Mineralstoffen in pflanzlichen Milchalternativen erhöht und einige Antinährstoffe und Polyphenole abgebaut werden, die die Nährstoffaufnahme hemmen. Achte deshalb darauf, dass die Pflanzenmilch fermentierte Getreide, wie fermentierten Hafer, nutzt.
Ist Hafermilch schlecht für den Blutzucker?
Hafermilch steht zunehmend in der Kritik, den Blutzuckerspiegel zu erhöhen. Aufgrund der Herstellungsmethode enthalten viele Pflanzendrinks natürlichen Zucker. Wenn Hafermilch isoliert konsumiert wird, kann der Blutzuckerspiegel tatsächlich schnell ansteigen. Ständige Blutzuckerspitzen können Entzündungen, schnellere Hautalterung und sogar Diabetes begünstigen. Allerdings wird Hafermilch selten allein getrunken, sondern oft in Kombination mit Proteinen und Ballaststoffen, etwa in einem Porridge.
Welche ist die beste Pflanzenmilch?
Die Wahl der besten Pflanzenmilch hängt von individuellen Bedürfnissen und Verträglichkeiten ab. Hier ein Überblick:
- Haferdrink
- Vorteil: Regional & umweltfreundlich, günstig, keine Antinährstoffe, ß-Glucane, guter Geschmack
- Nachteil: Geringer Proteingehalt, Kalorien & Zucker, meist Sonnenblumenöl, meist Spuren von Gluten
- Sojadrink
- Vorteil: Hoher Proteinanteil, alle essenziellen Aminosäuren
- Nachteil: Häufig nicht gut verträglich, viel Omega-6, teilweise genetisch modifiziert
- Mandeldrink
- Vorteil: Niedriger Kaloriengehalt, Vitamin E, gut verträglich
- Nachteil: Geringer Proteingehalt, umweltbelastend
- Reismilch
- Vorteil: Gut verträglich, natürlich süß, keine Antinährstoffe
- Nachteil: Geringer Proteingehalt, hoher Kohlenhydrat- und Zuckergehalt, häufig arsenbelastet
- Kokosmilch
- Vorteil: Reich an MCTs, gut verträglich, keine zugesetzten Öle
- Nachteil: Geringer Proteingehalt, starker Kokosgeschmack
- Cashewmilch
- Vorteil: Cremige Konsistenz
- Nachteil: Reich an Antinährstoffen, Preis, häufig schlecht vertragen
- 600-750ml gefiltertes Wasser
- 100g Mandeln (24 Stunden einweichen)
- 100g Walnüsse oder andere Nüsse deiner Wahl (24 Stunden einweichen)
- 2-4 entkernte Medjool-Datteln
- Optional: 25g Aprikosenkerne (8-24 Stunden einweichen)
- Optional: 1 Messerspitze Bourbon-Vanillepulver
Sind die pflanzlichen Alternativen wirklich nachhaltiger und besser für die Umwelt?
Für viele Menschen stehen bei der Wahl von Pflanzenmilch nicht die gesundheitlichen Aspekte im Vordergrund, sondern die Umweltaspekte. Eine in der Fachzeitschrift „Current Environmental Health Report“ erschienene Studie aus dem Jahr 2023 verglich Kuhmilch mit verschiedenen Pflanzenalternativen in Hinblick auf die Nachhaltigkeit. Pflanzliche Milchalternativen haben in der Regel geringere Treibhausgasemissionen und einen geringeren Wasserverbrauch als Kuhmilch. Dies gilt insbesondere für Soja-, Hafer-, Erbsen- und Kokosmilch, während Mandelmilch aufgrund des hohen Wasserverbrauchs eine Ausnahme bildet.
Angesichts dieser Gesichtspunkte scheint Pflanzenmilch die nachhaltigere Option zu sein. Das Problem beim Nachhaltigkeitsvergleich ist jedoch, dass konventionelle Tierhaltung deutlich schlechter abschneidet als biologische, traditionelle Tierhaltung. Eine Verallgemeinerung ist hier nicht möglich.
Kuhmilch vs. Pflanzenmilch im direkten Vergleich
Während Kuhmilch früher als wertvolles Lebensmittel galt, stellt Pflanzenmilch für viele Menschen heute eine bessere Alternative dar. Nachfolgend erhältst du einen direkten Vergleich der Milchvarianten, um eine eigene differenzierte Entscheidung zu treffen.
Kriterium | Kuh- oder Ziegenmilch | Pflanzenmilch |
---|---|---|
Vitamine und Mineralstoffe | Hoher Nährstoffgehalt, insbesondere Kalzium | Geringer Nährstoffgehalt, enthalten antioxidative Polyphenole aus der Pflanze |
Proteine | 3,4g pro 100ml mit hoher biologischer Wertigkeit, häufig Unverträglichkeit gegen Casein | Kaum Protein, außer Sojamilch (geringe biologische Wertigkeit) |
Zucker | 5g pro 100ml Laktose. Laktose ist an sich ein hochwertiger Zucker. Viele Menschen haben Unverträglichkeiten | Zwischen 2 und 5g Zucker pro 100ml |
Fette | 3,5-4,2g/100ml hochwertiges breites Fettsäurenspektrum, abhängig von Qualität | Meist hoher Omega-6-Anteil |
Ballaststoffe | Keine vorhanden | Kaum Ballaststoffe, bis auf Hafermilch |
Nachhaltigkeit | Abhängig von Tierhaltung | Abhängig von Herkunft und Pflanze. Generell nachhaltig |
Mach es selbst
Die gesündeste Option ist es, deine Pflanzenmilch selbst herzustellen. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ich persönlich bevorzuge Milch auf Basis von Nüssen. Hier mein Lieblingsrezept, inspiriert von Angelika Fürstler:
Zutaten für ca. 1 Liter:
Zubereitung:
- Alle Zutaten in einem Hochleistungsmixer cremig pürieren.
- Die Mischung durch einen Nussmilchbeutel in eine Schüssel filtern und die Flüssigkeit herausdrücken.
- Die Milch hält sich im Kühlschrank 1-2 Tage.
Zusammenfassung
Pflanzenmilch ist oft die gesündere Wahl, wenn du auf Qualität, individuelle Bedürfnisse und eine ausgewogene Ernährung achtest.
- Achte auf ein gutes Omega-3-Verhältnis.
- Vermeide unnötige Zusatzstoffe.
- Stelle deine Pflanzenmilch nach Möglichkeit selbst her.
- Tiermilch ist nicht per se schlecht, sollte aber bewusst konsumiert werden.
- Halte den Blutzuckerspiegel stabil durch Bewegung oder geeignete Lebensmittelkombinationen.
- Probieren geht über Studieren. Probiere dich einfach mal durch die verschiedenen Varianten durch und achte auf dein Körpergefühl.
Quellen
- [1] LZ. (17. März, 2023). Einkaufsmenge von konventioneller Milch und pflanzlichem Milchersatz pro Käufer in Deutschland im Jahr 2022 (in Liter) [Graph]. In Statista. Zugriff am 20. August 2024, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1373692/umfrage/pro-kopf-absatz-milch-und-milchersatz/
- [2] Ramsing, R., Santo, R., Kim, B. F., Altema-Johnson, D., Wooden, A., Chang, K. B., Semba, R. D., & Love, D. C. (2023). Dairy and Plant-Based Milks: Implications for Nutrition and Planetary Health. Current environmental health reports, 10(3), 291–302. https://doi.org/10.1007/s40572-023-00400-z
- [3] Aydar, E. F., Tutuncu, S., & Ozcelik, B. (2020). Plant-based milk substitutes: Bioactive compounds, conventional and novel processes, bioavailability studies, and health effects. Journal of Functional Foods, 70, 103975. https://doi.org/10.1016/j.jff.2020.103975
- [4] Lucey, J. A. (2015). Raw milk consumption. Nutrition Today, 50(4), 189–193. https://doi.org/10.1097/nt.0000000000000108
- [5] Opitz, C. (2010). Befreite Ernährung: Wie der Körper uns zeigt, welche Nahrung er wirklich für Gesundheit und Wohlbefinden braucht