Wir haben uns eine Umgebung geschaffen, welche Bewegungsmangel fördert: Mit dem Auto zur Arbeit, dort vor dem Bildschirm sitzen, zurück nach Hause und zum Abschluss ein entspannter Abend auf dem Sofa: So sieht der Alltag vieler Menschen aus.
Für unseren Körper ist das jedoch Gift: Zu wenig Bewegung kann verheerende gesundheitliche Folgen mit sich bringen.
Studien zeigen, dass längerer Bewegungsmangel das Sterberisiko um 56 % erhöhen kann – das Risiko ist höher als bei Rauchern (52 %) oder erhöhtem Alkoholkonsum (26 %) (1).
Was bei einem Bewegungsmangel im Körper passiert, welche Auswirkungen er hat und was Du tun kannst, erfährst Du hier. Außerdem geben wir Dir 30 Tipps für mehr Bewegung im Alltag.
Übrigens: In unserem Podcast findest Du zu unserem heutigen Thema eine spannende Episode – viel Spaß beim Reinhören!
Wie schleicht sich Bewegungsmangel in unseren Alltag?
Bewegungsmangel wird häufig durch zu viele Tätigkeiten im Sitzen gefördert – unser Alltag enthält immer weniger Reize für Bewegung. Durchschnittlich sitzen wir 7 Stunden unserer Wachzeit, Büroarbeiter sogar fast 10 Stunden.
Ein Alltag mit hohen Sitzanteilen sieht meist so aus (etwas überspitzt, aber so sieht es leider häufig aus):
- Frühstück: 30 Minuten sitzen
- Arbeitsweg: 30 Minuten sitzen
- Büroarbeit: 4 Stunden auf dem Bürostuhl
- Mittagessen: 30 Minuten sitzen
- Büroarbeit: 4 Stunden auf dem Bürostuhl
- Arbeitsweg nach Hause: 30 Minuten sitzen
- Abendessen mit der Familie: 1 Stunde sitzen
- Fernsehen: 1 Stunde auf der Couch
Welche Folgen kann Bewegungsmangel haben?
Bewegen, bewegen, bewegen – das hören wir bei jedem Arztbesuch und von jedem ambitionierten Sportler. Was viele nervt, ist aber absolut richtig.
Der Mensch ist nicht dafür ausgelegt, für längere Zeit zu sitzen oder liegen. Unsere Vorfahren haben in den vergangenen Generationen immer ein hohes Maß an Bewegung im Alltag aufgewiesen. Unser Körper ist ein Wunderwerk und für vielfältige Bewegungsformen gebaut: Laufen, Springen, Klettern, Kriechen, Heben, Schieben oder Ziehen.
Seit etwa 50 Jahren, seit Wohlstand und Digitalisierung unseren Alltag bestimmen, verbringen wir den Großteil des Tages sitzend und nicht mehr gehend oder stehend.
Ein Bewegungsmangel kann eine Reihe gesundheitlicher Folgen mit sich bringen. Dazu zählen zum Beispiel:
- Abnehmende Knochendichte bis hin zu Osteoporose
- Rückenschmerzen
- Verdauungsprobleme
- Verspannungen im Rücken und Nacken
- Herz-Kreislauf-Probleme
- Stoffwechselerkrankungen wie Typ 2 Diabetes und Bluthochdruck
- Sinkende Entgiftungsleistung durch reduzierten Lymphfluss
Schauen wir uns die drei Hauptprobleme einmal näher an:
1. Stoffwechselprobleme
Als besonders schädlich gilt das Sitzen. In dieser Position fährt der Kreislauf herunter, die Insulinsensitivität sinkt und es kommt langsam zum Blutstau im unteren Bereich des Körpers. Folglich nimmt die Durchblutung ab, der Stoffwechsel verlangsamt sich und der Körper erhält weniger Sauerstoff.
Das wirkt sich auch negativ auf die Verdauung aus, da die beteiligten Organe ausreichend Blut zum Arbeiten benötigen.
Studien haben gezeigt, dass die Insulinsensitivität bereits nach 60 Minuten stark sinkt und die Zellen Blutzucker nicht mehr so gut verwerten können. Je länger diese Situation anhält, umso mehr beginnt der Körper Fett an ungünstige Stellen – wie im Bauchraum, Herz und Leber – einzulagern. Dies erhöht das Risiko für Stoffwechselerkrankungen sehr stark.
2. Höheres Osteoporose-Risiko
Wir müssen unsere Knochen fordern, damit sie widerstandsfähig bleiben. Knochen müssen, ähnlich wie Muskeln, ständig den Reiz bekommen, dass sie benötigt werden. Durch Bewegung werden die Knochen der Schwerkraft ausgesetzt und bekommen die Information, stark und stabil zu bleiben. Die Druck und Zugreize der Muskulatur sorgen ebenfalls dafür, dass wir starke Knochen ausbilden.
Bei längerem Bewegungsmangel droht Osteoporose – verstärkt wird dieses Risiko meist noch durch zusätzliche Nährstoffmängel, wie z.B. Vitamin D-Mangel.
3. Verspannungen drohen
“Use it or lose it!” – “Nutze es oder es verfällt.” Dieses Zitat bewahrheitet sich nicht nur in Bezug auf unsere Knochen, sondern auch auf die Muskulatur. Sind diese längere Zeit inaktiv, bilden sie sich auf lange Sicht zurück – am schnellsten betrifft dies unsere Oberschenkelmuskulatur.
Im Gegenzug sind durch die immer gleiche Haltung im Sitzen Teile der Muskulatur im Oberkörper dauerhaft beansprucht, weshalb oftmals Verspannungen im Rücken und Nacken resultieren. Auch das Herz ist ein Muskel, der regelmäßig beansprucht werden will, um gut zu funktionieren. Passiert dies nicht, können Herz-Kreislauf-Erkrankungen entstehen.
Zu möglichen Folgen eines Bewegungsmangels gehört auch Diabetes Typ 2. Die häufigsten Ursachen für diese Form der Erkrankung sind unzureichende Bewegung, ungesunde Ernährung und infolgedessen Übergewicht.
Nach Schätzungen ist ein Bewegungsmangel bei sieben Prozent der Betroffenen in der europäischen Region ursächlich.(2) Übergewicht, das häufig auch Folge geringer Bewegung ist, gilt in 65 bis 80 Prozent der Erkrankungen als Auslöser.
Symptome: Was sind die ersten Anzeichen eines Bewegungsmangels?
Es klingt seltsam, aber Bewegungsmangel schleicht sich meist leise und langsam in unseren Alltag und so bleiben auch die ersten Symptome oft lange unbemerkt. Unser Leben ist stark nach unseren Gewohnheiten geprägt und darüber entwickelt sich auch Bewegungsmangel.
An folgenden Anzeichen kannst Du dennoch erkennen, ob Du mehr Bewegung in Deinen Alltag holen solltest:
- Du bist bei normaler körperlicher Belastung wie einem Spaziergang oder Treppensteigen relativ schnell außer Atem?
- Verspannungen und Schmerzen im Rücken- und Nackenbereich erschweren Dir den Alltag?
- Dein Blutdruck steigt schnell und stark an, sobald Du Dich sportlich betätigst?
- Du fühlst Dich schlapp und antriebslos, obwohl Du gesund bist?
- Deine Stimmung schwankt und Du fühlst Du unausgeglichen?
- Du schläfst abends schlecht ein und Dein Schlaf ist nicht besonders tief?
Hegst Du den Verdacht, dass sich auch bei Dir der Bewegungsmangel heimlich eingeschlichen hat, solltest Du handeln.
30 Tipps gegen Bewegungsmangel
Um einem Bewegungsmangel vorzubeugen oder dagegen anzugehen, kannst Du einige Maßnahmen in Deinen Alltag integrieren. Es geht darum, gesunde Routinen zu etablieren und mit der Zeit mehr und mehr Bewegung in den Alltagzu integrieren.
Hier findest Du 30 Ideen, um gegen Bewegungsmangel vorzugehen:
- Bewege Dich schon beim Zähneputzen.
- Tausche das Auto öfter mal durch ein Rad oder einen strammen Spaziergang aus.
- Parke Dein Auto immer etwas weiter weg.
- Wähle die Treppen statt den Aufzug.
- Achte darauf, jeden Tag etwa 10.000 Schritte zu gehen. Das ist eine gute Faustregel.
- Nutze Fitness-APPs und mache Schrittchallenges mit Freunden oder Familie.
- Verabrede Dich wöchentlich zu festen Terminen mit Freunden, an denen ihr spazieren geht..
- Steige in den öffentlichen Verkehrsmitteln eine Station früher aus und laufe die letzte Etappe.
- Nutze kleine Mikroworkouts in Deinem Alltag, z.B. das 4-Minuten Tabata Training.
- Gewöhne Dir eine Morgenroutine an, in dieser Du schon 5 Minuten Bewegung integrierst.
- Früh nach dem Aufstehen einen kurzen Spaziergang unternehmen. Vielleicht sogar in den nächsten Wald. So wird auch Dein Kreislauf viel angenehmer und natürlicher wach.
- Finde die Bewegung, die Dir Spaß macht. Es muss nicht immer das Fitnessstudio sein. Was wolltest Du schon immer machen?
- Führe den Hund Deiner Nachbarn aus oder frage bei einem Tierheim nach.
- Zum nächsten Supermarkt laufen statt das Auto nehmen.
- Höre mehr Musik, das lädt zur Bewegung ein.
- Lass Dir nicht alles vor die Haustür liefern. Packstationen sind eine gute Idee für mehr Bewegung.
- Entlaste die Lieferdienste und hole bestelltes Essen selbst ab – das spart meist sogar noch Geld.
Wenn Du einen Bürojob hast, solltest Du außerdem folgende Tipps umsetzen:
- 16. Wenn Du im Homeoffice arbeitest, dann gehe gleich morgens eine Runde spazieren, dadurch simulierst Du den Arbeitsweg.
- Regelmäßig (alle 60 Minuten) aufstehen und ein paar Schritte gehen.
- Abwechselnd im Sitzen und Stehen arbeiten (wenn möglich). Ein höhenverstellbarer Stehtisch bietet sich an.
- Alle ein bis zwei Stunden strecken und dehnen.
- Telefonate sind eine gute Möglichkeit, um sich nebenbei zu bewegen.
- Mache sogenannte “Walking Meetings” mit Deinen Kollegen.
- Integriert aktive Pausen in eure Meetings – dies können auch spielerisch sein.
- Nimm einen Drucker, der weiter weg von Deinem Büro ist.
- Tausche Deinen Bürostuhl zeitweise (max. 30 Minuten) gegen einen Gymnastikball.
- In der Mittagspause eine Runde spazieren gehen.
- Setze Dir Bewegungsreize, z.B. wenn der Kaffee kocht oder Du auf Toilette gehst.
- Im Homeoffice kannst Du eine Gymnastikmatte immer ausgerollt neben Dir lassen – sie erinnert Dich an Bewegung.
- Nach Feierabend gelegentlich Yoga, Qi Gong oder Pilates in Erwägung ziehen, um die Beweglichkeit zu erhöhen.
Fazit – Bewegungsmangel ist eine Gewohnheit
Zu Beginn mag es schwer vorkommen, diese Tipps zu realisieren. Beginne mit einigen wenigen Veränderungen und nimm erst neue Ideen hinzu, wenn die ersten Änderungen zur Gewohnheit geworden sind.
Sind sie endlich zur Routine geworden, bemerkst Du sie gar nicht mehr und Du musst Dich auch gar nicht mehr dazu überwinden. Dein Körper wird es Dir danken – mit mehr Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden.
Hier findest Du weitere Ideen für mehr Bewegung im Alltag:
- Bewegungsmangel bei Kindern vorbeugen
- TRX-Training mit dem Schlingentrainer
- Homeworkout – Ideen und Trainingsplan
- Krafttraining zuhause – die besten Übungen
- Ausdauertraining zuhause – Tipps für Übungen
- Arch Intern Med 170, 2010, 711, zitiert nach Ärzte Zeitung, 28. April 2010, S. 2
- WHO-Regionalbüro für Europa: Bewegungsmangel und Diabetes. URL: http://www.euro.who.int/de/health-topics/noncommunicable-diseases/diabetes/news/news/2015/11/physical-inactivity-and-diabetes (06.09.2019). ↑