Resistente Stärke zählt zu den Stoffen, mit denen sich Wissenschaftler erst seit relativ kurzer Zeit auseinandersetzen. Sie entsteht, unter anderem, wenn Kartoffeln, Reis oder Nudeln abkühlen.
Früher dachte man, Stärke in Lebensmitteln gelangt bereits im Dünndarm in den Blutkreislauf. Doch seit den 90-er Jahren ist bekannt, dass Verdauungsenzyme bestimmte Arten von Stärke nicht aufspalten können.
Diese resistente Stärke gelangt in den Dickdarm und entfaltet dort positive Wirkungen, die wir auch von anderen Ballaststoffen kennen.
Informiere Dich über resistente Stärke und wie Du damit Deine Ernährung anreichern kannst!
Resistente Stärke: New Kids on the Block bei Ballaststoffen
Stärke zählt zu den Polysacchariden, auf Deutsch Mehrfachzucker. Pflanzen nutzen diese Kombination von zwei Glucoseketten, Amylose und Amylopektin, dazu, um Energie zu speichern (1). Deshalb kann Stärke mit den geeigneten Verdauungsenzymen leicht aufgespalten werden. Früher dachte man, Stärke aus Lebensmitteln gelangt bereits vollständig vom Dünndarm in den Blutkreislauf.
Ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Dr. Hans Englyst an der renommierten Cambridge Universität sprach 1992 zum ersten Mal von resistenter Stärke (2). Zuvor hatten sich die Forscher intensiv damit beschäftigt, wie Stärke von Kartoffeln verdaut wird (3). Dabei hatten sie herausgefunden, dass ein Teil dieser Kohlenhydrate in den Dickdarm gelangt.
Heute wissen wir, dass es insgesamt drei natürliche Arten von resistenter Stärke und eine künstliche Version gibt (4-5):
- RS1: Diese Stärke befindet sich im inneren von intakten Zellen, zum Beispiel in Getreidekörnern oder in Hülsenfrüchten.
- RS2: Diese Stärke hat eine biochemische Struktur, die unsere Enzyme nicht knacken können, etwa in grünen Bananen oder rohen Kartoffeln.
- RS3: Diese Substanzen werden auch retrogradierte Stärke genannt. Sie entstehen, wenn stärkereiche Lebensmittel wie Kartoffeln, Reis und Nudeln abkühlen. Dadurch bilden sich kristalline Bereiche, die Enzymen widerstehen.
- RS 4: Diese Stoffe werden künstlich hergestellt, etwa Dextrine und Maltodextrine. Die Lebensmittelindustrie setzt sie als Füll- und Verdickungsmittel oder für das Anreichern mit Ballaststoffen ein.
Hinweis: Zwischenzeitlich gab es vor allem in den USA eine Art Hype um resistente Stärke. Mit diesen Ballaststoffen lässt sich gut Geld verdienen. Hierzulande zählt grünes Bananenmehl zu den aktuellen Trends. Tatsächlich brauchst Du aber keine komplizierten Rezepte, um resistente Stärke in Deine Ernährung einzubauen.
Wie gesund ist resistente Stärke?
Abnehmen ist in unserer Zeit ein wichtiges Thema, denn krankhaftes Übergewicht ist auf der ganzen Welt auf dem Vormarsch. Viele Menschen haben Schwierigkeiten damit, ihr Gewicht zu halten oder unerwünschte Pölsterchen abzubauen. Deshalb ist es verständlich, dass mögliche Abkürzungen und Wundermittel schnell Anhänger finden.
Resistente Stärke galt und gilt als ein Hoffnungsträger für Menschen, die Gewicht verlieren möchten. Tatsächlich kann resistente Stärke in der Nahrung dazu beitragen, Fettpolster zu reduzieren – aber sie unterscheidet sich nicht wesentlich von den Vorteilen, die auch andere Ballaststoffe erzielen (6).
Was kann resistente Stärke für die Gesundheit leisten (7)?
- Verlangsamt den Verdauungsprozess
- Gleicht Blutzuckerspiegel aus
- Verbessert Insulinwirkung
- Ernährt Darmbakterien
- Fördert Darmgesundheit
- Stärkt Immunsystem
Verlangsamt die Verdauung
Wie Ballaststoffe auch, so verlangsamt resistente Stärke die Aufnahme von Nährstoffen in den Blutkreislauf (8). Das verbessert den glykämischen Index von Lebensmitteln. Dieser Wert sagt aus, wie schnell ein Nahrungsmittel den Blutzuckerwert steigen lässt. Allerdings ist dieser Index stark umstritten (9).
Gleicht Blutzuckerspiegel aus und verbessert Insulinwirkung
Auf jeden Fall führt die verlangsamte Aufnahme von Lebensmitteln mit resistenter Stärke dazu, dass der Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigt. Der Stoffwechsel braucht deshalb weniger Insulin. Das führt dazu, dass die Insulinsensitivität verbessert wird (10). Oder einfach ausgedrückt: Insulin wirkt besser.
Verringerte Insulinsensitivität ist ein Problem bei vielen Menschen mit Übergewicht. Im Extremfall kommt es zur Insulinresistenz, einer Vorstufe von Diabetes Typ 2, metabolischem Syndrom und nichtalkoholischer Fettleber (11).
Ernährt Darmbakterien und fördert Darmgesundheit
Resistente Stärke gelangt in den Dickdarm, wo sie von Darmbakterien fermentiert wird. Das ernährt nicht nur die nützlichen Bakterien (12). Dabei entstehen auch kurzkettige Fettsäuren, hauptsächlich Butyrat (Buttersäure), Acetat (Essigsäure) und Propionat (Propionsäure).
Stärkt Dein Immunsystem
Diese Fette stärken die Darmgesundheit, den Stoffwechsel und das Immunsystem gleichermaßen (13). Es ist bekannt, dass kurzkettige Fettsäuren im ganzen Körper Entzündungen hemmen. Das wirkt sich natürlich besonders stark am Ort ihres Entstehens aus, im Darm.
So hat sich gezeigt, dass Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa von resistenter Stärke profitieren können (14). Kurzkettige Fettsäuren liefern Energie für die Regeneration der Zellen in der Darmwand. Davon und von der gestärkten Darmflora profitiert auch das Immunsystem, das zum größten Teil in und um den Darm herum angesiedelt ist (4-15).
Welche Lebensmittel haben viel resistente Stärke? Top 7
Angesichts dieser zahlreichen Vorteile stellt sich die Frage: Wo ist resistente Stärke enthalten? Viele Menschen fragen auch: Haben Haferflocken resistente Stärke?
Hier ist die Liste der Top 7 Lebensmittel, die am meisten resistente Stärke enthalten (der Gehalt bezieht sich auf 100 Gramm Lebensmittel):
- Haferflocken, ungekocht: 11 Gramm
- Weiße Bohnen: 10 Gramm
- Grüne Bananen: 8,5 Gramm
- Roggenvollkornbrot: 5,5 Gramm
- Gekochter, abgekühlter Vollkornreis: 4,5 Gramm
- Gekochte, abgekühlte Kartoffeln: 4 Gramm
- Gekochte, abgekühlte Paste (aus Hartweizengries): 3,5 Gramm
Damit sich resistente Stärke entwickelt, muss ein gekochtes Lebensmittel mindestens 12 Stunden lang abkühlen, am besten im Kühlschrank.
Fazit: Resistente Stärke, Beta-Glucane, Ballaststoffe – alles Banane!
Manchmal steigt ein Nährstoff wie ein Star am Himmel auf und wird als das neue Wundermittel gepriesen. Resistente Stärke zählt zu den Substanzen, die manche Experten aus nicht ganz uneigennützigen Gründen über den grünen Klee loben. Sicher, Mehl aus grünen Bananen ist reich an resistenter Stärke und liefert gleichzeitig viele Vitamine und Mineralstoffe, ideal für eine glutenfreie Ernährung.
Aber Du musst nicht den hohen Preis für dieses Mehl bezahlen, um Deine Ernährung mit resistenter Stärke anzureichern. Tatsächlich enthalten Lebensmittel mit viel resistenter Stärke gleichzeitig auch Beta-Glucane, die ähnlich positive Wirkungen entfalten.
Wenn wir die wissenschaftliche Studienlage betrachten, können wir sehen: Alle Ballaststoffe entfalten ähnliche Wirkungen. Statt Dich auf eine bestimmte Kategorie zu konzentrieren, erscheint es deshalb sinnvoller, generell auf eine ballaststoffreiche Ernährung zu setzen. Das macht Deine Darmbakterien glücklich, stärkt Immunsystem und Stoffwechsel und hilft, Fettpölsterchen in den Griff zu bekommen.
Hast Du noch Fragen? Dann freuen wir uns sehr über Deinen Kommentar!
(1) Kötting O, Kossmann J, Zeeman SC, Lloyd JR. Regulation of starch metabolism: the age of enlightenment? Curr Opin Plant Biol. 2010 Jun;13(3):321-9. doi: 10.1016/j.pbi.2010.01.003. Epub 2010 Feb 18. PMID: 20171927. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20171927/)
(2) Englyst HN, Kingman SM, Cummings JH. Classification and measurement of nutritionally important starch fractions. Eur J Clin Nutr. 1992 Oct;46 Suppl 2:S33-50. PMID: 1330528. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/1330528/)
(3) Englyst HN, Cummings JH. Digestion of polysaccharides of potato in the small intestine of man. Am J Clin Nutr. 1987 Feb;45(2):423-31. doi: 10.1093/ajcn/45.2.423. PMID: 3812341. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/3812341/)
(4) Birt DF, Boylston T, Hendrich S, Jane JL, Hollis J, Li L, McClelland J, Moore S, Phillips GJ, Rowling M, Schalinske K, Scott MP, Whitley EM. Resistant starch: promise for improving human health. Adv Nutr. 2013 Nov 6;4(6):587-601. doi: 10.3945/an.113.004325. PMID: 24228189; PMCID: PMC3823506. (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3823506/)
(5) Dundar AN, Gocmen D. Effects of autoclaving temperature and storing time on resistant starch formation and its functional and physicochemical properties. Carbohydr Polym. 2013 Sep 12;97(2):764-71. doi: 10.1016/j.carbpol.2013.04.083. Epub 2013 May 17. PMID: 23911513. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23911513/)
(6) Higgins JA. Resistant starch and energy balance: impact on weight loss and maintenance. Crit Rev Food Sci Nutr. 2014;54(9):1158-66. doi: 10.1080/10408398.2011.629352. PMID: 24499148; PMCID: PMC4220782. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24499148/)
(7) Bojarczuk, Adrianna & Skapska, Sylwia & Marszałek, Krystian. (2022). Health benefits of resistant starch: A review of the literature. Journal of Functional Foods. 93. 105094. 10.1016/j.jff.2022.105094. (https://www.researchgate.net/publication/360319261_Health_benefits_of_resistant_starch_A_review_of_the_literature)
(8) Robertson MD. Dietary-resistant starch and glucose metabolism. Curr Opin Clin Nutr Metab Care. 2012 Jul;15(4):362-7. doi: 10.1097/MCO.0b013e3283536931. PMID: 22510681. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22510681/)
(9) Keenan MJ, Zhou J, Hegsted M, Pelkman C, Durham HA, Coulon DB, Martin RJ. Role of resistant starch in improving gut health, adiposity, and insulin resistance. Adv Nutr. 2015 Mar 13;6(2):198-205. doi: 10.3945/an.114.007419. PMID: 25770258; PMCID: PMC4352178. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25770258/)
(10) Johnston KL, Thomas EL, Bell JD, Frost GS, Robertson MD. Resistant starch improves insulin sensitivity in metabolic syndrome. Diabet Med. 2010 Apr;27(4):391-7. doi: 10.1111/j.1464-5491.2010.02923.x. Erratum in: Diabet Med. 2015 Feb;32(2):288. PMID: 20536509. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20536509/)
(11) Freeman AM, Pennings N. Insulin Resistance. 2022 Jul 4. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022 Jan–. PMID: 29939616. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29939616/)
(12) Wen JJ, Li MZ, Hu JL, Tan HZ, Nie SP. Resistant starches and gut microbiota. Food Chem. 2022 Sep 1;387:132895. doi: 10.1016/j.foodchem.2022.132895. Epub 2022 Apr 5. PMID: 35413551. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35413551/)
(13) Portincasa P, Bonfrate L, Vacca M, De Angelis M, Farella I, Lanza E, Khalil M, Wang DQ, Sperandio M, Di Ciaula A. Gut Microbiota and Short Chain Fatty Acids: Implications in Glucose Homeostasis. Int J Mol Sci. 2022 Jan 20;23(3):1105. doi: 10.3390/ijms23031105. PMID: 35163038; PMCID: PMC8835596. (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8835596/)
(14) Montroy J, Berjawi R, Lalu MM, Podolsky E, Peixoto C, Sahin L, Stintzi A, Mack D, Fergusson DA. The effects of resistant starches on inflammatory bowel disease in preclinical and clinical settings: a systematic review and meta-analysis. BMC Gastroenterol. 2020 Nov 10;20(1):372. doi: 10.1186/s12876-020-01516-4. PMID: 33167889; PMCID: PMC7653724. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33167889/)
(15) Wiertsema SP, van Bergenhenegouwen J, Garssen J, Knippels LMJ. The Interplay between the Gut Microbiome and the Immune System in the Context of Infectious Diseases throughout Life and the Role of Nutrition in Optimizing Treatment Strategies. Nutrients. 2021 Mar 9;13(3):886. doi: 10.3390/nu13030886. PMID: 33803407; PMCID: PMC8001875. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33803407/)