Macht rotes Fleisch krank? Wirft man einen Blick auf Ernährungsempfehlungen diverser Ernährungsinstitute, Bücher und der Medienlandschaft kommt so manch einer zu dem Schluss, dass rotes Fleisch krank macht.
So scheint es das Risiko für Krebs, Typ-2-Diabetes, Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und viele weitere zu erhöhen. Die WHO stuft verarbeitetes rotes Fleisch als „krebserregend“ ein, als ein Karzinogen.
Und das ist erst der Anfang: Fleisch gilt als Triebkraft vieler Umweltprobleme und so sehen wir uns bei SchnellEinfachGesund immer wieder mit Nachrichten aufgebrachter Leser konfrontiert, die in anklagendem Ton formuliert sind. Eine der häufigsten: „Wie um alles in der Welt könnt ihr noch Fleisch empfehlen?“
Daran erkennen wir, dass es noch Aufklärungsbedarf beim Thema Fleisch gibt.
Auf der Anklagebank: Macht Fleisch krank?
Fleisch scheint das Risiko für …
- Typ-2-Diabetes,
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt,
- Krebs (besonders Dickdarmkrebs),
- Übergewicht,
- und neurodegenerative Erkrankungen zu erhöhen.
Schlecht fürs Klima ist es auch, weil es die Abholzung der Regenwälder forciert und Wiederkäuer wie Kühe klimaschädliche Treibhausgase abgeben.
Nahezu alle gängigen Gesundheits- und Ernährungsinstitute weltweit – Deutsche Gesellschaft für Ernährung, American Heart Association, Food and Drug Safety Authority, European Food Safety Authority, World Health Organization – raten dazu, den Fleischkonsum auf ein Minimum zu beschränken.
Zahlreiche großangelegte epidemiologische Studien scheinen den Zusammenhang zwischen rotem Fleisch und den genannten Problemen zu bestätigen.
Im Folgenden sehen wir uns die Fakten und Studien genauer an und gehen der Frage nach, ob rotes Fleisch krank macht.
Das Problem mit den Studien
Meist wird Bezug auf großangelegte epidemiologische Studien genommen, an denen Hunderttausende bis Millionen Menschen teilnahmen. Daraus resultieren gewaltige Datensätze, aus denen Zusammenhänge herausgearbeitet werden.
Diese haben eine große Aussagekraft. Aber gleichzeitig bestehen Probleme, die berücksichtigt werden müssen:
- Epidemiologische Studien suchen nach Korrelationen. Aber Kausalzusammenhänge (A führt zu B) können sie nicht immer herstellen. So wird der sogenannte „Healthy User Bias“ ignoriert. Dieser besagt, dass jemand, der sich von Fast Food ernährt, wahrscheinlich auch weniger Sport treibt, mehr raucht, Alkohol trinkt, sich ungesund ernährt und deswegen häufiger krank ist. So wird oftmals ein fragwürdiger Zusammenhang zwischen “Fleisch” und “Krank” hergestellt, der so nicht stimmt.
- Es wird nicht zwischen verarbeitetem und unverarbeitetem Fleisch unterschieden. Sprich, die Art der Zubereitung wird vernachlässigt.
- Fast Food wird mit eingerechnet. Eine Tiefkühlpizza mit Salami und ein Burger einer Fast-Food-Kette erhalten das Etikett „Fleisch“, ebenso ein schonend gegrilltes Steak vom Weiderind. In den Studien ist beides “Fleisch”, aber doch nicht vergleichbar.
- Es wird nicht zwischen Fleisch aus artgerechter Bio-Weidehaltung und solchem aus Massentierhaltung unterschieden. Das heißt, Faktoren wie Tierhaltung, Tierfutter, Antibiotika und die Fleischqualität insgesamt bleiben unberücksichtigt.
- Es wird nicht zwischen Fleisch, das reich an Zusatzstoffen ist, und naturbelassenem Fleisch ohne Zusatzstoffe differenziert.
Fleisch ist nicht gleich Fleisch! Eine Leber und ein Steak, schonend zubereitet, vom Weiderind, sind je etwas völlig anderes als eine Discounter-Salami aus Massentierhaltung mit 25 Zusatzstoffen. Sie unterscheiden sich in ihrer Qualität und in ihrem Gesundheitswert.
In vielen Studien läuft es jedoch folgendermaßen: Alles Fleisch wird ungeachtet dieser Faktoren in einen Topf geworfen, einmal umgerührt und anschließend wird das pauschalisierte Fazit „Fleisch macht krank“ aufgetragen.
Fleisch ist nicht gleich Fleisch
Qualität, Herkunft, Zubereitung und Zusatzstoffe sind wichtige Kriterien, die eine differenzierte Bewertung von Fleischprodukten verlangen. Alles gleichermaßen abzuwerten, ist also nicht fair. Nicht den Konsumenten gegenüber, nicht den Produzenten, nicht den Tieren.
Es gibt allerdings auch Studien, die zwischen verarbeitetem und unverarbeitetem Fleisch unterscheiden. Sie zeichnen ein sehr eindeutiges Bild:
- Unverarbeitetes rotes Fleisch erhöht NICHT das Risiko für Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes – das zeigen Studien sehr eindeutig.
- Verarbeitetes rotes Fleisch (Fast Food, Wurstprodukte, Frittiertes) erhöht das Risiko für zahlreiche Erkrankungen. Dies legt den Schluss nahe, dass nicht Fleisch an sich problematisch ist, sondern die Zubereitung und die Zusatzstoffe.
Leider sind Studien, die Fleisch aus Massentierhaltung mit Fleisch aus artgerechter Tierhaltung (Bio-Weidefleisch) vergleichen, noch Mangelware.
Ich gehe jedoch davon aus, dass unverarbeitetes Bio-Weidefleisch, schonend zubereitet, als gesundheitsförderlich eingeschätzt würde.
Fleisch ist gesund
Schonend zubereitetes und naturbelassenes Fleisch, das von Tieren aus artgerechter Haltung stammt, ist aus unserer Sicht gesund. Daher empfehlen wir es bei SchnellEinfachGesund.
In dieser Qualität ist Fleisch reich an Nährstoffen wie:
- Vitamin A
- B-Vitamine
- Vitamin E
- Proteine und Aminosäuren
- gesunde Fette (auch Omega-3-Fettsäuren und CLA)
- Mineralstoffe und Spurenelemente wie Eisen, Zink, Kupfer, Mangan, Selen
- Vitalstoffe und biogene Amine wie Kreatin, Carnitin, Taurin, Alpha-Liponsäure
Enthält ein Lebensmittel viele wertvolle Stoffe für unseren Körper, können wir es als gesund bezeichnen.
Viele dieser Nährstoffe gehen bei der Verarbeitung verloren und es ist bekannt, dass Fleisch aus Massentierhaltung weniger nützliche Stoffe enthält, dafür mehr entzündungsfördernde Omega-6-Fettsäuren, Antibiotika und Stress-Stoffe.
Weidehaltung ist nicht klimaschädlich. Sie ist klimaneutral, ja klimaförderlich.
Bei artgerechter Tierhaltung werden die Tiere mit Gräsern und Kräutern gefüttert. Zugefüttert wird nur mit selbst angebautem Bio-Kraftfutter. Dafür wird kein Regenwald abgeholzt, sondern das verwendet, was lokal zur Verfügung steht.
Weidehaltung unterstützt die Bildung einer Humusschicht, die Kohlenstoff speichert, statt abzugeben.
Biodynamische Weidehaltung fördert die Artenvielfalt (im Boden, auf dem Boden und in der Luft) sowie natürliche Gleichgewichte.
Du siehst: Diese Art der Tierhaltung gestaltet sich völlig anders als industrielle Stallhaltung, in der Kraftfutter zum Einsatz kommt, für das möglicherweise Regenwald abgeholzt wird (bewusst überspitzt formuliert, um zu verdeutlichen).
Zu diesem Thema gibt es ein interessantes Buch von Anita Idel, das ich sehr empfehlen kann: „Die Kuh ist kein Klimakiller“.
Was unterscheidet rotes von weißem Fleisch?
Viele Studien beziehen sich auf rotes Fleisch. Warum ist das so? Warum scheint rotes Fleisch so ungesund zu sein, weißes Fleisch hingegen nicht? Und worin bestehen Unterschiede zu weißem Fleisch?
Auch das ist nur scheinbar so. Weißes Fleisch ist nicht besser als rotes Fleisch – rotes Fleisch ist nicht minderwertiger oder gesundheitlich bedenklicher, wenn die Qualität berücksichtigt wird.
Dennoch scheint es so, dass weißes Fleisch “besser sei”. Warum?
Ein Erklärungsansatz dafür:
- Rotes Fleisch wird viel häufiger in Fast Food und Wurstprodukten verwendet, also verarbeitet. Weißes Fleisch weniger.
- Rotes Fleisch enthält mehr Eisen als weißes Fleisch, das bei der Verarbeitung oxidiert und Probleme verursachen kann, besonders bei erhöhtem Eisenspiegel.
- Rotes Fleisch enthält mehr Carnitin und Cholin, was bei ungesunder Lebensweise und einer Darmdysbiose im Verdacht steht, einen Stoff namens TMAO im Blut zu erhöhen. TMAO scheint wiederum das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu vergrößern. Dies steht jedoch weniger mit dem Fleisch und mehr mit der Lebensweise und (Darm-)Gesundheit des Einzelnen in Verbindung.
Weißes Fleisch ist nicht unbedingt besser. Doch dank der obigen Punkte entsteht dieser Eindruck.
Was Du zudem nicht vergessen solltest: rotes Fleisch enthält mehr Nährstoffe als weißes: mehr Eisen, Zink, Selen, Mangan, Kupfer, Kreatin, Carnitin, Taurin.
Rotes und weißes Fleisch haben beide ihre Daseinsberechtigung und gehören aus meiner Sicht in eine gesunde Ernährung.
Macht rotes Fleisch krank? Ja und nein
Wir können es so zusammenfassen:
- Fleisch von kranken Tieren (Massentierhaltung) macht krank.
- Fleisch von gesunden Tieren (artgerechte Haltung) kann die Gesundheit fördern.
- Es sollte auf unverarbeitetes Fleisch aus Weidehaltung und schonende Zubereitung geachtet werden.
- Studien zeigen nur Zusammenhänge zwischen verarbeitetem rotem Fleisch und Erkrankungen – unverarbeitetes Fleisch scheint „sicher“ zu sein, wir würden sogar sagen, es ist gesund.
- Auch die WHO bezeichnet lediglich verarbeitetes rotes Fleisch als Karzinogen, unverarbeitetes nicht.
- Iss Fleisch, das den oben genannten Kriterien entspricht, und beschränke Dich nicht künstlich. Es ist sehr nährstoffreich und eine für uns Menschen natürliche, normale Nahrungsquelle, an die wir gut angepasst sind.
Dieser Beitrag spiegelt unsere Sichtweise, unsere Erfahrungen und das Fazit großangelegter Studien wider.
Wenn Dich das Thema interessiert und Du noch mehr darüber wissen möchtest, schaue doch mal bei diesen beiden Beiträgen vorbei:
Weidefleisch – 6 Gründe, warum es gesund für Mensch und Tier ist!
Unsere Sichtweise und Meinung können sich von anderen unterscheiden. Deshalb lass uns hier gerne in den offenen Austausch gehen. Wie lautet Deine Meinung zu diesem Thema? Wir freuen uns auf Deinen Kommentar!
- https://www.who.int/news-room/questions-and-answers/item/cancer-carcinogenicity-of-the-consumption-of-red-meat-and-processed-meat
- Provenza FD, Kronberg SL, Gregorini P. Is Grassfed Meat and Dairy Better for Human and Environmental Health? Front Nutr. 2019 Mar 19;6:26. doi: 10.3389/fnut.2019.00026. PMID: 30941351; PMCID: PMC6434678.
- Alexander DD, Weed DL, Cushing CA, Lowe KA. Meta-analysis of prospective studies of red meat consumption and colorectal cancer. Eur J Cancer Prev. 2011 Jul;20(4):293-307. doi: 10.1097/CEJ.0b013e328345f985. PMID: 21540747.
- Kaluza J, Åkesson A, Wolk A. Long-term processed and unprocessed red meat consumption and risk of heart failure: A prospective cohort study of women. Int J Cardiol. 2015 Aug 15;193:42-6. doi: 10.1016/j.ijcard.2015.05.044. Epub 2015 May 9. PMID: 26005173.
- Micha R, Wallace SK, Mozaffarian D. Red and processed meat consumption and risk of incident coronary heart disease, stroke, and diabetes mellitus: a systematic review and meta-analysis. Circulation. 2010 Jun 1;121(21):2271-83. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.109.924977. Epub 2010 May 17. PMID: 20479151; PMCID: PMC2885952.