Beweglichkeit – Anleitung + Übungen, die sofort wirken

von Martin Krowicki, Dr. rer. medic.
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Yoga Pose Beweglichkeit

Wenn Du Deinen Alltag aktiv gestalten möchtest, dann benötigst Du optimale Beweglichkeit. Egal, ob für Sport, die Arbeit oder das Spielen mit den eigenen Kindern. Dein körperliches Wohlbefinden und Deine Gesundheit sind unmittelbar mit Deiner Beweglichkeit verknüpft, denn wenn sich Deine Bewegungen steif und schmerzvoll anfühlen, werden Lebensqualität, Durchblutung sowie Stoffwechsel stark eingeschränkt.

Das Problem: Oft werden wir erst aktiv, wenn wir unsere Füße nicht mehr erreichen, um uns die Schuhe zuzubinden, oder das Einsteigen ins Auto immer schwerer fällt. Erschreckend ist, dass sich eine Abnahme der Beweglichkeit häufig schon im Jugendalter zeigt. In meiner Trainerlaufbahn waren es vermehrt junge Menschen, die mangelnde Mobilität und muskuläre Dysbalancen aufwiesen.

Deshalb sollten wir unsere Beweglichkeit ein Leben lang trainieren und verbessern – als Grundlage für Aktivität und Mobilität. Beweglichkeit bildet ein solides Fundament für Deine Fitness. Ebenso essenziell sind Kraft und Ausdauer.

Wie Du schon heute beweglicher wirst, erfährst Du in diesem Artikel.

Übrigens – wir haben eine spannende Podcastfolge dazu aufgenommen, hör sie Dir hier an:

 

Was ist Beweglichkeit?

In der Trainingswissenschaft wird Beweglichkeit so definiert [1]:

„Unter Beweglichkeit wird der Bewegungsspielraum verstanden, der in den Bewegungen und Stellungen (Haltungen) der verschiedenen Körpergelenke und -regionen vorhanden bzw. erreichbar ist.“

Beweglichkeit ist also ein Maß dafür, wie Du Deinen Körper im dreidimensionalen Raum bewegen kannst. In der Definition heißt es weiterhin:

„Sowohl bei den verschiedenen Sportarten als auch im Alltagsleben sind genetisch, vor allem aber auch tätigkeitsbedingte […] individuelle Unterschiede in der Beweglichkeit zu beobachten.“

Beweglichkeit wird also zum Teil von Deinen Genen bestimmt, aber auch durch Deinen Körperbau. Außerdem ist Dein tägliches Verhalten entscheidend – wer monotone Bewegungen durchführt, verliert die Fähigkeit, sich multidimensional zu bewegen.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Definition von Beweglichkeit ist folgender:

„Ihre Funktion als Leistungsvoraussetzung wird am auffälligsten, wenn sie durch Verletzungen oder Krankheit eingeschränkt ist.“

Sobald unsere Lebensqualität leidet, nehmen wir Probleme bewusst wahr und werden tätig. Im Idealfall lassen wir es aber gar nicht soweit kommen.

 

Beweglichkeit ist Teil der Fitness

FITNESS = KRAFT + SCHNELLIGKEIT + AUSDAUER + BEWEGLICHKEIT

Unter Fitness wird meist nur Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer verstanden. Versinnbildlicht: Ein Triathlet oder jemand, der (leichte oder schwere) Gewichte heben kann, wie z. B. ein Kraftsportler oder Crossfitter.

Auch Beweglichkeit ist ein essenzieller Teil der Fitness. Vielleicht ist sie sogar am wichtigsten. Leider wird sie unterschätzt. Warum? Wahrscheinlich, weil man davon keine starken Muskeln bekommt. Oder weil man nicht damit angeben kann. Oder weil es viel Geduld erfordert, sie aufzubauen.

Junge Frau in tiefem Ausfallschritt neben Flussbett und Felswand

Beweglichkeit ist eine bedeutsame Komponente der Fitness

 

Beweglichkeit – warum ist sie wichtig?

Wie bereits erwähnt, ist Beweglichkeit eine körperliche Grundeigenschaft, die Du bis ins hohe Alter bewahren solltest. Beweglichkeit trägt dazu bei, dass Deine Mobilität im Alltag gewährleistet ist.

Im Prinzip ist jede menschliche Bewegung mit dem Training der Beweglichkeit verbunden. Doch oft bewegen wir uns nur in einseitigen Mustern (monotone Bewegungsabläufe), die zulasten der Beweglichkeit des Gesamtsystems gehen.

Hier ein paar Fragen, die Dir helfen einzuschätzen, ob Du Dich als beweglich bezeichnen kannst:

  • Erreichst Du Deine Fußspitzen, wenn Du Dich mit gestreckten Beinen nach unten einrollst?
  • Kommst Du in die tiefe Hockposition (Squat), ohne dass sich die Fersen abheben?
  • Kannst Du in dieser Position sogar die Arme gestreckt und gerade über den Kopf bringen?
  • Kannst Du vom Boden aufstehen, ohne die Hände zu benutzen?
  • Bekommst Du Deine Arme soweit über den Kopf, bis die Oberarme auf Ohrhöhe sind?
  • Erreicht Dein Kinn die Brust, wenn Du es nach vorn einrollst?

Beweglichkeit oder Mobility gewinnt zunehmend Bedeutung im Fitnessbereich. Meine Begeisterung für das Thema habe ich damals durch den amerikanischen Physiotherapeuten Dr. Kelly Starrett entwickelt. Er hat sich von den langweiligen Dehnungs- und Stretchingübungen gelöst und damit angefangen, einen effektiveren Ansatz zu vermittelt. In seinem Buch Werde ein geschmeidiger Leopard*  finden sich zahlreiche Übungen, Schritt-für-Schritt-Anleitungen und neue Erkenntnisse zur Verbesserung der Beweglichkeit.

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Kelly Starrett zeigt in diesem Buch seine revolutionäre Herangehensweise an Beweglichkeit sowie den Erhalt der Leistungsfähigkeit. Er liefert den Masterplan für effektive und sichere Bewegungsabläufe beim Sport und im Alltag.

  • Hunderte Schritt-für-Schritt-Fotos helfen bei der Umsetzung.
  • Kelly Starrett gliedert den menschlichen Körper in 14 Zonen und zeigt Mobilisationstechniken, mit denen man seine Beweglichkeit zurückgewinnen kann
  • Lerne Dutzende Strategien, mit denen gezielt auf einzelne Einschränkungen, eine Verletzung oder einen hartnäckigen Bewegungsfehler eingegangen werden kann.
  • Mit einem 14-Tage-Programm lässt sich der ganze Körper in nur zwei Wochen neu mobilisieren.

 

Welche Formen der Beweglichkeit gibt es?

Um noch etwas tiefer ins Thema einzutauchen, möchte ich Dir im Folgenden verschiedene Formen von Beweglichkeit vorstellen.

 

Aktive Beweglichkeit

Die aktive Beweglichkeit beschreibt die Fähigkeit, wie viel Bewegungsspielraum Du selbstständig durch den Einsatz Deiner Muskulatur erzeugen kannst, also unter aktiver Bewegung Deiner Gelenke durch die Muskeln.

 

Passive Beweglichkeit

Die passive Beweglichkeit ist demzufolge Deine Bewegungsamplitude unter Hinzunahme einer externen Kraftwirkung. Dies kann ein Trainingspartner, Arzt oder Physiotherapeut sein oder ein Widerstand, wie z. B. Zugbänder.

Die passive Beweglichkeit ist meist höher als die aktive Beweglichkeit.

 

Anatomische Beweglichkeit

Bei dieser Form der Beweglichkeit geht es um anatomische Möglichkeiten. Theoretisch könnte jeder einen Spagat schaffen, praktisch ist das nicht der Fall.

 

Wie wird Beweglichkeit gemessen?

Ein Marker für Beweglichkeit ist die sogenannte Range of Motion (ROM). Übersetzt bedeutet das die Reichweite der Bewegung. Dieser Wert wird meist mit Winkeln gemessen und in Grad angegeben.

Die Beweglichkeit der Beinrückseite im Liegen sollte in etwa 90 Grad betragen, wenn Du Dein Bein im Liegen gestreckt nach oben bewegst. Gemessen wird dabei immer das betroffene Gelenk. In diesem Fall: das Hüftgelenk.

Ärzte und Physiotherapeuten können so die Beweglichkeit messbar machen.

 

Welche Beweglichkeitstests gibt es?

Um herauszufinden, wie beweglich Du bist, gibt es einige Tests. Den ersten kannst Du gern selbst durchführen.

 

Einfache Tests: Toe Touch

Hierbei rollst Du Deine Wirbelsäule aus dem Stand so weit wie möglich nach unten ein und versuchst mit den Fingern den Boden zu berühren. Sicher kennst Du diese Übung. Deine Reichweite nach unten ist Dein Ausgangswert, den Du am besten notierst (in cm oder Handlänge).

Achte bei diesem Test darauf, nicht mit Schwung oder zusätzlicher Kraftaufwendung nach unten zu kommen. Dieser Beweglichkeitstest misst Deine aktive Beweglichkeit.

Keine Sorge, wenn Du es beim ersten Mal nicht schaffst. Mobilität lässt sich trainieren.

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Muskelfunktionstest nach Janda

Der Muskelfunktionstest nach Janda ist ein standardisiertes physiotherapeutisches Verfahren. Hier wird Deine passive Beweglichkeit gemessen, indem der Physiotherapeut Deine Gelenke und Muskeln manuell misst.

Im Idealfall hat der Physiotherapeut ein Gefühl dafür, wie hart oder weich Deine Muskulatur im Endpunkt reagiert. Sehr angespannte Muskeln haben in der Gelenkendstellung einen harten Anschlag.

Häufig getestete Muskeln/Gelenke:

  • Beinrückseite
  • Beinvorderseite
  • Hüftbeuger
  • Brustmuskulatur
  • Rückenmuskulatur
  • Halswirbelsäule

Der Test misst auch hier die ROM in Grad. Mittlerweile gibt es auch technische Geräte, wie mobeeMed oder mobeeFit, die die Objektivität des Verfahrens erhöhen.

 

Functional Movement Screen

Der Functional Movement Screen (FMS) nach Gray Cook misst mehr die Art und Weise, wie Du wichtige Bewegungen durchführst. Die Marker für den Test sind Beweglichkeit und Stabilität.

Ich habe mit diesem Test oft die Zusammenarbeit mit meinen Klienten begonnen, weil er schnell ein Bild über Bewegungsmuster liefert und realistischer ist als der einfachere Toe Test. Denn wir trainieren, weil wir funktionell fit sein möchten, also um bestimmten Bewegungen oder Alltagssituationen gewachsen zu sein.

Die Bewegungen sind mehrdimensional und zeigen die Qualität des Zusammenspiels Deiner Muskeln auf.

Diese Übungen/Muskeln werden getestet:

  • Tiefe Überkopf-Kniebeuge (Deep Squat)
  • Über eine Hürde steigen (Hurdle Step)
  • Ausfallschrittkniebeuge auf der Linie (In-Line Lunge)
  • Schulterbeweglichkeit
  • Beinrückseite
  • Rumpfstabilität
  • Rotation aus dem Vierfüßlerstand

Der Test entstammt ursprünglich dem Leistungssport und wird mittlerweile in den meisten Physiotherapien und besseren Fitnesseinrichtungen angeboten.

 

Beweglichkeitstraining – welche Techniken funktionieren?

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Deine Beweglichkeit zu trainieren. Entscheidend ist, dass Du Techniken und Übungen findest, die zu Dir passen.

Junge Frau in Yogapose auf rosafarbener Sportmatte

Nicht nur etwas für Frauen – jeder profitiert von einer erhöhten Mobilität

 

Statisches Dehnen

Statisches Dehnen ist die erste Assoziation, wenn wir an Beweglichkeitstraining denken. Es verbessert die Dehnbarkeit des Bindegewebes. Über Dehnungsreize, die auf die Muskulatur wirken, erzielt man eine Reduktion der Muskelspannung. Wichtig ist, nicht zu trainieren, bis es schmerzt, weil das Zentrale Nervensystem sonst mit Gegenspannung reagiert. Dies führt zu gegenteiligen Effekten.

Statisches Dehnen kann eine effektive Methode für Problembereiche sein. Es hat sich herausgestellt, dass die Dehnungspositionen länger gehalten werden sollten (30–60 Sekunden), um Effekte zu erzielen. Dies gibt dem Körper bzw. dem Nervensystem Zeit, die Muskelspannung herunterzufahren.

Hier musst Du die Zähne am Anfang zusammenbeißen, denn … das ziept!

 

Dynamisches Dehnen oder Stretching

Dynamisches Dehnen oder Stretching trainiert Deine aktive Beweglichkeit. Hierbei werden dynamische und langsame Bewegungen vor allem in den Gelenkendstellungen durchgeführt. Leicht federnde Bewegungen erhöhen den Stoffwechsel im Gewebe und führen zu mehr Beweglichkeit.

Aber auch hier gilt: Bei übermäßigem Krafteinsatz können gegenteilige Wirkungen erzielt werden, wenn das Zentrale Nervensystem einer Stressreaktion ausgesetzt wird. Achte also auf sanfte und weiche Bewegungen.

 

Faszientraining

Faszientraining ist immer noch ziemlich im Trend und wird meist mit der Blackroll (Faszienrolle) in Verbindung gebracht.

Sicher hat die Rolle ihre Vorteile und kann zu Entspannungseffekten führen. Doch sind die Auswirkungen der hohen Druckbelastungen auf Muskeln, Bindegewebe, Knochen und Blutgefäße noch unzureichend untersucht [2]. Ich würde diese Form des Trainings nur begleitend einsetzen, am besten nach vorheriger sportwissenschaftlicher oder ärztlicher Anamnese.

Vergessen wird oft, dass jede Form der Bewegung auch Faszientraining ist. Achte darauf, Bewegungen mit großen Umfängen durchzuführen, die mehrdimensional sind und grundlegende menschliche Bewegungsmuster abdecken:

  • tiefe Hocke
  • Krabbeln
  • Hüpfen
  • Hangeln
  • Laufen
  • Sprinten

Wer sich mehrdimensional und spielerisch im Alltag bewegt, der wird nur noch wenig Extraaufwand für Beweglichkeitstraining betreiben müssen. Präventiv ist dies der beste Weg!

 

Yoga, Pilates oder Tai-Chi

Yoga, Pilates oder Tai-Chi enthalten gute Elemente, um Deine Beweglichkeit zu trainieren. Einerseits verbessert sich dadurch Deine Entspannungsfähigkeit durch die Reduktion des Muskeltonus. Andererseits trainierst Du ganz bewusst und langsam mit mehrdimensionalen Bewegungen. Zur Stressreduktion sind diese Methoden hervorragend geeignet.

Besonders bei Yoga trainierst Du die innere Muskulatur, die ebenso essenziell ist wie die äußere bzw. sichtbare.

Über eine verbesserte Körperwahrnehmung lassen sich hier nachhaltige Erfolge erzielen.

Junge Frau in meditativer Yoga-Pose auf Holzparkett

Sportarten wie Yoga sind eine Wohltat für Geist und Körper

 

Beweglichkeit trainieren – eine Anleitung zum Sofortstart

Je eher Du anfängst, Deine Beweglichkeit zu trainieren, desto besser. Hier findest Du eine praktische Anleitung.

 

Schritt 1: Beweglichkeit testen

Wenn Du Deine Beweglichkeit trainieren und verbessern möchtest, dann solltest Du zunächst Deinen Ausgangswert bestimmen. Dadurch lassen sich Deine Fortschritte besser aufzeigen. Das erhöht die Motivation!

Ein einfacher Test für die Beweglichkeit ist der sogenannte „toe touch“, den ich bereits beschrieben habe.

Alternative Beweglichkeittests:

  1. Rumpfrotation: mit nach vorn gestreckten Armen und zusammengeklappten Händen nach links und rechts rotieren.
  2. Überkopf-Beweglichkeit: Arme gestreckt über den Kopf führen und erfassen, wie weit die Arme nach oben/hinten kommen (vermeide dabei ein Hohlkreuz).
  3. Als Test gilt auch Dein Fortschritt in den oben genannten Fragen. Viele möchten zum Beispiel gern in die tiefe Hocke gehen können.

 

Schritt 2: Entspanne Deinen Körper, um Beweglichkeit zu verbessern

Nun beginnen wir mit den ersten Übungen, die Beweglichkeit trainieren. Gründe für Verspannungen und verhärtete Muskeln sind oftmals körperliche und psychische Anspannungen. Daher ist es effektiv, mit Entspannungsübungen zu beginnen. Das senkt den Muskeltonus im ganzen Körper, indem die Aktivität des Sympathikus heruntergefahren wird.

Hierfür genügt es, wenn Du Dich entspannt hinsetzt oder hinlegst und für 10 Atemzüge tief in den Bauch ein- und durch die Nase ausatmest. Schließe dabei die Augen und lasse Deinen Körper schwer werden.

Das sollte schon dazu beitragen, die ersten Spannungen im Körper zu lösen.

Hat es schon gewirkt? Zur Effektmessung kannst Du danach Deine Testübung wiederholen.

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Schritt 3: Ansteuerung des Nervensystems

Ich habe das Seminar Neuroathletik-Coach beim Mobility-Experten Patrick Meinart besucht. In diesem Seminar haben wir Techniken erlernt, mit denen wir Einfluss auf unser Nervensystem erlangen. Es gibt Übungen, die unser Zentrales Nervensystem (ZNS) positiv oder negativ aktivieren.

Spürbare Auswirkungen erreichen wir hauptsächlich über Übungen, die Hände, Füße und Augen betreffen. Warum? Weil dadurch die größten Areale in unserem Gehirn aktiviert werden. Logisch, denn über Hände, Füße und Augen nehmen wir unsere Umwelt hauptsächlich war (Fühlen und Sehen).

Drei Übungen, die Dein ZNS aktivieren und damit die Beweglichkeit trainieren:

  • Augen fixieren: Halte einen Stift mit ausgestrecktem Arm vor Dir. Führe nun große Kreisbewegungen aus und übergib den Stift in der Mitte in die andere Hand. Verfolge dabei mit den Augen die Mine des Stiftes.
  • Hände öffnen und schließen: Halte Deine Arme lang gestreckt nach vorn. Rolle nun Dein Handgelenk und Deine Hände so weit auf, bis Du im Unterarm ein Ziehen spürst. Spreize auch Deine Finger so weit wie möglich. Rolle danach Hände und Finger soweit wie möglich ein.
  • Fußkreisen: Stelle Deinen Fuß nach hinten mit den Zehen auf. Vollführe nun aus dem Fußgelenk heraus eine große Kreisbewegung um den großen Zeh. Achte darauf, das Sprunggelenk weit aufzudehnen, um das ZNS zu aktivieren.

Danach nutzt Du wieder Deine Testübung, um etwaige Verbesserungen zu messen. Oft lassen sich allein hierdurch viele Zentimeter Bewegungsspielraum gewinnen.

 

Schritt 4: Beweglichkeit trainieren mit klassischen Übungen

Erst im vierten Schritt kommen wir zu klassischen Übungen, die unsere Beweglichkeit verbessern. Mit gezielten Übungen wollen wir Deine Range of Motion (ROM) trainieren. Diese sind aus dem Yoga bekannt. Die meisten Übungen kann jeder ausführen, nur einige sind eher etwas für Fortgeschrittene.

Übersicht mit zwölf Yoga-Piktogrammen

Unterschieden wird hierbei zwischen statischem und dynamischem Beweglichkeitstraining.

 

Dynamische Übungen für die Beweglichkeit

Beim dynamischen Beweglichkeitstraining führst Du aktive Bewegungen durch. Achte darauf, dass Du die Bewegungen kontrollieren kannst und führe sie langsam durch.

Ausfallschritte

Im Rahmen dieser Übung trainierst Du die Beweglichkeit Deines Hüftbeugers. Dieser ist oft verspannt, wenn Du viel Zeit im Sitzen verbringst.

Begib Dich in eine Ausfallschrittposition, wobei Du das hintere Knie ruhig ablegen kannst. Richte dann Deinen Oberkörper weit auf und öffne die Hüfte soweit wie möglich. Führe nun kleine federnde Bewegungen durch. Nach etwa 30 Sekunden kannst Du das Bein wechseln.

Stab über Kopf

Greife einen Stab etwas mehr als schulterbreit und führe ihn in einem großen Kreis langsam über Kopf, bis Du Deine Lendenwirbelsäule erreichst. Führe die Bewegung zurück genauso aus. Achte dabei auf gestreckte Ellenbogen. Wenn Du Überkopf Probleme hast, dann greife etwas weiter.

Diese Übung verbessert die Beweglichkeit in Deinem Schultergürtel und hilft bei der Aufrichtung der Brustwirbelsäule.

Rotation im Liegen

Lege Dich für diese Übung auf den Rücken und winkle die Beine mit aufgestellten Füßen an. Die Arme platzierst Du am besten breit neben Deinem Körper.

Führe nun die Beine angewinkelt nach links und rechts in Richtung Boden. Achte darauf, dass Du mit dem Oberkörper den Kontakt zum Boden hältst.

Die Übung wird die Muskulatur im unteren Rücken entspannen und hilft dabei, das Kreuz-Darmbein-Gelenk (ISG) zu lockern. Sie nützt sowohl bei Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule als auch bei Problemen mit dem Ischias.

 

Statische Übungen für die Beweglichkeit

Es gibt zahlreiche statische Übungen, um Beweglichkeit verbessern zu können. Die wichtigsten drei Regionen, für die ich statische Übungen empfehle, betreffen die drei Hauptbereiche der Wirbelsäule.

Dehnung der Halswirbelsäule

Halte Deinen Kopf gerade mit nach innen gezogenem Kinn. Führe nun den Kopf nach links,  bis Du ein leichtes Ziehen im rechten Nackenbereich spürst. Halte diese Position für 30 Sekunden und intensiviere sie langsam mit jeder Ausatmung, indem Du den rechten Arm immer schwerer werden lässt. Wiederhole die Übung mit der anderen Seite.

Aufrichtung der Brustwirbelsäule

Wer seine Beweglichkeit trainieren will, wird sich sehr auf die Brustwirbelsäule konzentrieren müssen. Durch zunehmend gebeugte Haltungen – im Auto, am PC und Handy – nimmt die Flexibilität der Strukturen in diesem Bereich fortlaufend ab.

Eine einfache Übung: Leg Dich langgestreckt auf den Rücken und führe die Arme nach hinten. Lasse sie dann langsam in Richtung Boden sinken und achte darauf, keine Ausgleichbewegungen durchzuführen (kein Hohlkreuz). Versuche, die Ellenbogen gestreckt zu lassen.

Entlastung der Lendenwirbelsäule

Einer der Hauptgründe für eine unbewegliche Lendenwirbelsäule ist der Hüftbeugemuskel, ein großer Muskel, der vom Oberschenkel zur Lendenwirbelsäule zieht.

Diesen Muskel erreichst Du zum Beispiel, indem Du Dich auf einen Tisch legst mit dem Po an der Tischkante. Dann umfasst Du das Knie eines Beines und lässt das andere Bein einfach an der Tischkante herunterhängen. Die Schwerkraft erledigt den Rest, wenn Du das Bein mit jedem Atemzug schwerer werden lässt.

Alternativ kann ein Partner das Bein leicht nach unten drücken.

 

Schritt 5: Funktionelle Beweglichkeit trainieren

Schlussendlich möchtest Du sicher über körperliche Fähigkeiten verfügen, mit denen Du Dich mühelos und vielfältig im Raum bewegen kannst. Daher ist es ratsam, in Bewegungsmustern zu denken und sich vom klassischen Dehnen und Stretchen zu lösen, auch wenn es begleitend zu empfehlen ist.

Junges Mädchen in tiefer Hocke am Meeresufer

Kinder haben ein natürliches Gespür für Bewegungen, das wir uns bewahren sollten

Unser Körper reagiert aber am besten auf natürliche Bewegungen. Deswegen hier noch ein paar Tipps zur funktionellen Beweglichkeit:

  • Trainiere in Bewegungsmustern, z. B. freies Krafttraining statt an Geräten!
  • Suche Dir geeignete Sportarten oder Elemente daraus; ich nutze zum Beispiel den Sonnengruß aus dem Yoga nahezu jeden Tag.
  • Gestalte Deinen Alltag bewegungsreich, z. B. Lesen oder Zähneputzen in der tiefen Hocke oder Ausfallschritte, wenn Du zur Toilette gehst.
  • Versuche Mobility-Übungen in Deine Morgenroutine einzubauen, um früh wach und vital zu werden und die Durchblutung zu fördern. Der Sonnengruß (oder die Yogi-Liegestütze) eignet sich ideal, um die Lymphe und Muskeln anzuregen.
  • Vermeide Techniken und Übungen, die mit Schmerz verbunden sind, denn Druck erzeugt Gegendruck. Entspanne Dich lieber.

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  • Hunderte Schritt-für-Schritt-Fotos helfen bei der Umsetzung.
  • Kelly Starrett gliedert den menschlichen Körper in 14 Zonen und zeigt Mobilisationstechniken, mit denen man seine Beweglichkeit zurückgewinnen kann
  • Lerne Dutzende Strategien, mit denen gezielt auf einzelne Einschränkungen, eine Verletzung oder einen hartnäckigen Bewegungsfehler eingegangen werden kann.
  • Mit einem 14-Tage-Programm lässt sich der ganze Körper in nur zwei Wochen neu mobilisieren.

 

Fazit – Beweglichkeit ist Lebensqualität

Was auch immer Du in Deinem Alltag tust – Beweglichkeit und Mobilität sind das A & O für ein aktives und vitales Leben. Soll Rückenschmerz ein Fremdwort für Dich sein, willst Du erfolgreich im Sport sein oder einfach nur mit Deinen Kindern spielen und herumtollen können, dann ist ein beweglicher Körper unabdingbar.

Eine gute Körperbeherrschung und aufrechte Haltung geben Dir Selbstvertrauen und verleihen Dir Ausstrahlung für die Herausforderungen in Deinem Leben. Wie heißt es doch so schön?

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„Mens sana in corpore sano – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“.

 


[1] Schnabel, Harre, Krug, Bord (2003) Trainingswissenschaft. Leistung. Training. Wettkampf. Berlin: Sportverlag. [2] Rollen oder nicht Rollen – das ist die Frage: Studie spricht gegen Nutzen des Foam Rollings für die Faszien – Medscape – 2. Jul 2019.

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