Artgerechte Tierhaltung, Nose-To-Tail und Selber-machen am Beispiel „Gasthof zum Seelöwen“ in Kulmbach

von Martin Auerswald, M.Sc.
Nosetotail_im_Seeloewen_Titelbild

Wir setzen uns bei SchnellEinfachGesund für eine gesündere Welt ein: gesunder Mensch, gesunde Umwelt – und auch gesunde Tiere, die mit uns leben und die auch Teil unserer Ernährung sein dürfen, wenn wir das möchten (schließlich sind Fleisch, Innereien und Knochenbrühe unheimlich nährstoffreich).

Hier klären wir viel über artgerechte Tierhaltung – Weidefleisch – auf und warum es für unsere Gesundheit, Umwelt, Tierwohl und selbst für den Bauern eine gute Wahl ist.

Auch Nose-To-Tail ist uns wichtig: das ganze Tier verwerten, auch die „weniger edlen“, dafür nährstoffreichen Teile. Das ist auch dem Tier gegenüber respektvoll.

Wir werden häufig gefragt, wie das in der Praxis, im Haushalt aussehen kann – oder in der Gastronomie, denn immer mehr Restaurants und Wirtshäuser stellen auf nachhaltig, artgerecht und Nose-To-Tail um.

Wir setzen uns auch für selbst-machen, selber-kochen und traditionelles Kochhandwerk ein.

Wie das in der Praxis aussehen kann, möchten wir heute gerne am Beispiel des Gasthof zum Seelöwen in Kulmbach, eine Traditionsgaststätte mit Herz im tiefsten Frankenland (und meiner Heimat) zeigen. Lass Dich inspirieren!

 

Warum artgerechte Tierhaltung?

Zunächst ein paar Sätze über artgerechte Tierhaltung. Warum ist das so gut?

Ob Fleisch gesund oder ungesund ist, darüber haben wir schon geschrieben. Das Fazit daraus: Gesundes Tier, gesunder Mensch.

Gesundes Tier, gesunder Mensch: Das Fleisch von gesunden und glücklichen Tieren schmeckt besser und enthält mehr wertvolle Nährstoffe wie Omega 3-Fettsäuren und Antioxidantien.

Ungesundes Tier, ungesunder Mensch: Das Fleisch von Tieren aus Massentierhaltung schmeckt weniger natürlich, ist voller Rückstände von Antibiotika und Wachstumshormonen, Stresshormonen und entzündungsfördernden Omega 6-Fettsäuren.

Glückliche Tiere sollte uns alle etwas angehen – es geht um Tierwohl.

Nosetotail_im_Seeloewen_Weidehaltung

So – wie hier beim Biohof Michael Porzelt im Frankenland – sollte das aussehen!

Weidehaltung ist besser für den Boden, dieser kann sich dadurch regenerieren, bleibt fruchtbar und ein Ökosystem für unzählige Tiere und Pflanzen.

Es muss nicht groß zugefüttert oder importiert werden. Das schont Regenwälder in den Tropen. Wenn zugefüttert wird, dann eigens angebautes Bio-Getreide.

Massentierhaltung bringt CO2 in die Atmosphäre. Weidehaltung bindet durch Humus-Bildung CO2 im Boden.

Für die Bauern ist es ein nachhaltigeres, schöneres und meist auch profitableres Arbeiten als ein Knebelvertrag mit der Lebensmittelindustrie.

Es spricht eigentlich nicht viel für Massentierhaltung – außer, dass das Fleisch billig ist. Aber billig geht auf Kosten unserer Gesundheit – und die von Tier und Planet.

Daher setzen wir uns für artgerechte Tierhaltung ein.

 

Nose-To-Tail – Warum das ganze Tier verwerten?

Die meisten Menschen essen nur die Edelteile – das Steak, Filet, Gulasch, Hackfleisch. Die weniger edlen Teile? Ja, was mache ich mit denen?

Zunächst mal ist es dem Tier gegenüber respektvoller, es komplett zu verwerten, wenn es schon für uns sein Leben gibt. Nur die Edelteile verwerten, wäre einfach nicht schön.

Interessant wird es, wenn wir Naturvölker nach der Jagd beobachten: der stärkste Jäger bekommt die Leber. Der älteste Jäger bekommt das Herz. Wer gerade Nachwuchs möchte, bekommt die Hoden. Die Innereien werden also zuerst verteilt – ganz zum Schluss, wenn jeder versorgt ist, bekommen die Hunde dann das Muskelfleisch.

Das Muskelfleisch wird hier als un-edel angesehen, und wir wissen auch, warum: es enthält am wenigsten Nährstoffe.

Die Lebenskraft des Tieres steckt in den Innereien. In den „wenig edlen Teilen“. In den Knochen, Knorpeln und Gelenken für eine Knochenbrühe. Im Schmorfleisch, das reichlich Kollagen enthält.

Das ganze Tier verwerten ist nicht nur ethisch, sondern auch gesund. Daher setzen wir uns für „Nose-to-tail“ ein und geben immer wieder Rezepte und Inspirationen, wie Innereien und „un-edle Teile“ lecker und einfach zubereitet werden können.

 

Weidehaltung und Nose-To-tail trifft auf Gastronomie: Der Gasthof zum Seelöwen

Felix und Caroline aus dem SchnellEinfachGesund-Team führen seit Jahresbeginn die Traditionsgaststätte „Gasthof zum Seelöwen“ in unserer fränkischen Heimat Kulmbach.

Dort wird seit Jahren Weidehaltung und Nose-To-Tail großgeschrieben und sie haben diese Tradition übernommen und ausgebaut. Daher möchte ich an diesem Beispiel aufzeigen, wie es aussehen kann – im kleinen und im großen Stil.

Und wer Caroline, Felix, meine Schwiegereltern Edeltraud & Werner, Maxi und mich schon immer mal in Tracht sehen wollte, kommt jetzt in den Genuss :-).

Dieses Bild entstand kurz vor der Bekanntgabe, dass meine Schwiegereltern den “Seelöwen” an Felix & Caroline übergeben:

Nosetotail_im_Seeloewen_Familienbetrieb

 

Artgerecht und Nose-to-tail in einem: Rindfleisch vom Biohof

Das Rindfleisch im „Seelöwen“ kommt vom Biohof Porzelt. Die Angus-Rinder (eine alte und sehr robuste und schmackhafte Rasse) werden auf großen Weideflächen aufgezogen und artgerecht gehalten.

Die Rinder werden nach der Schlachtung direkt in den Seelöwen geliefert und zerlegt. Hierbei werden die Tiere komplett zerlegt – nichts kommt weg:

  • Die Knochen werden zu Knochenbrühe ausgekocht und dienen als Saucengrundlage im Gasthof.
  • Die Innereien werden direkt im Gasthof angeboten (z.B. Nieren, Rinderleber, Zunge und Herz).
  • Filet, Steak, Gulasch und die vielen „Cuts“ vom Rind werden von Felix fachmännisch ausgelöst.
  • Was übrig bleibt, wird „verwurstet“ – so enthält die Göttinger und der Leberkäs‘ vom „Seelöwen“ einen Rindfleischanteil von 30 % und ist damit besonders geschmacksintensiv (und nicht so wässrig wie anderer Leberkäs‘).
  • Und der Rindertalg und -schmalz, der anfällt (z.B. beim Auskochen), wird zum Braten verwendet. Dieses Fett ist nicht nur lecker, sondern auch sehr stabil und mehr für die heiße Küche geeignet, als Rapsöl oder Sonnenblumenöl.

 

Das Wurstsortiment: Echte Handwerkskunst statt Fabriksalami

Das im Gasthof verwertete Schweinefleisch wird ähnlich verwertet: ganze Schweine aus traditioneller Haltung (Stichwort Strohschweine) werden direkt nach der Schlachtung geliefert und verwertet. Auch hier bleibt nichts übrig.

Das Schweinefleisch bietet das Fundament für alle Wurstwaren. Wichtig ist zu erwähnen, dass auf unnötige Zusatzstoffe und Chemie verzichtet wird. Fleisch, Gewürze und Salz oder Pökelsalz sind die wichtigsten Zutaten.

Da auch hier das ganze Tier verwertet wird, würde ich die Wurst-Waren im Seelöwen als gesund bezeichnen. Tradition trifft hier auf Handwerk und Gesundheit.

Die Klassiker:

  • Bauerngeräuchertes (d. h. Schinken aus der Hinterkeule und Lachsschinken aus dem Rücken) – alles selbst gesalzen und über offenem Feuer geräuchert
  • Presssack (rot mit Blut, weiß ohne Blut) enthält Fleisch, Innereien und Schwarte
  • Bratwurst enthält neben Fleisch auch etwas Milch und heimische Eier
  • Grobe Leberwurst nach einem alten Familienrezept
  • Weitere Klassiker sind die Kulmbacher Bierwurst, Göttinger, Schweinefleisch im eigenen Saft und der Leberkäse
  • Ausgelassenes Fett wird aufgehoben und zum Braten verwendet.
Nosetotail_im_Seeloewen_Bauerngeräuchertes

Mein Favorit im Seelöwen, seitdem ich 15 Jahre alt bin: Bauerngeräuchertes!

 

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Saucen: Selbstgemacht statt Fertigpulver

Mit Gewürzen und Knochenbrühe werden im Seelöwen die Saucen selbst gemacht und nur wenige Zusätze (je nach Sauce verschiedene Gewürze, Sahne) verwendet. Der Geschmack ist pur, ursprünglich – nicht austauschbar wie bei den meisten Fertigsaucen-Pulvern, die man so kennt.

Apropos Saucen: auch der zu den Gerichten gereichte Ketchup wird selbst gemacht und ist damit geschmacklich interessanter, diverser und enthält weniger Zucker.

Auch Mayonnaise, Joghurt- und Essigdressing werden im Gasthof zum Seelöwen selbst zubereitet, womit wir schon zum nächsten Punkt – den Salaten – kommen.

 

Salate: Frisch zubereitet statt aus dem Eimer

Machen wir uns nichts vor: in der Gastronomie wird häufig auf Convenience gesetzt, um Geld oder Zeit zu sparen. Kartoffelsalat aus dem Eimer ist so ein Klassiker, über den nicht gerne gesprochen wird.

Im Seelöwen wird alles selbst zubereitet, neben Kartoffelsalat ist immer eine kleine Variation (z.B. Krautsalat, Karottensalat, Bohnensalat, Rote-Beete-Salat uvm.) auf Lager und zu vielen Hauptgerichten wird ein kleiner Salatteller gereicht.

So wird bereits vor dem Hauptgang reichlich Gemüse und Salat gegessen und etwas gegen den kleinen Hunger gereicht.

 

Zusammenfassung und Fazit

Selbstgemachte Saucen, Salate, Handarbeit, Wurstsortiment, artgerechte Tierhaltung, Verwertung des ganzen Tiers – am Beispiel unseres Heimat-Gasthofs „Zum Seelöwen“ wollte ich einmal aufzeigen, wie das, worüber wir bei SchnellEinfachGesund so gerne schreiben, in der Praxis aussehen kann.

Felix und Caroline zeigen das jeden Tag grandios und verbinden gesunde Traditionsküche mit fränkischer Gastwirtschaft. Jetzt weißt Du auch ein bisschen besser, wer hinter unseren Rezepten steckt und wie viel Know-How, Engagement und Leidenschaft die beiden jeden Tag aufs Neue in Kulmbach beweisen.

 

Nachwuchsköche gesucht

Übrigens – Meisterkoch Felix sucht ab September eine/n Nachwuchskoch/-köchin (m/w/d) für eine Ausbildungsstelle. Wenn Dich das interessiert oder Du jemanden kennst, für den das interessant wäre oder der gerade eine Ausbildungsstelle sucht, bei dem er noch echte Kochkunst erlernt, dann sende am besten diesen Beitrag weiter oder gehe direkt in den Kontakt mit Felix & Caroline via info@zum-seeloewen.de oder telefonisch unter der 09221/84200.

 

Die wichtigsten Fragen rund um die Kochausbildung klärt Felix im Kurzinterview mit Maxi:

 

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