Die Abnehmspritze darf nun auch in Deutschland verordnet werden. Unter den Handelsnamen Ozempic und Wegovy (höher dosiert) ist sie auf Rezept in den Apotheken zu finden und derzeit noch auf Selbstzahlerbasis zu erhalten.

Sie kann bei Diabetes Typ 2 und Adipositas verordnet werden. Laut Aussage des dänischen Herstellers Novo Nordisk kann der Bedarf in Deutschland aktuell nicht gedeckt werden.

In diesem Beitrag möchten wir Dich zum Reflektieren und Nachdenken anregen. Lass uns auf einige Details zur Abnehmspritze sowie über natürliche Alternativen sprechen, die nicht einfacher, aber womöglich nachhaltiger sind.

Warum gibt es die Abnehmspritze?

Weil Fettleibigkeit immer weiter zunimmt – Jahr für Jahr. Das Leidensdruck ist hoch und es ist kaum Besserung in Sicht.

Die deutsche Adipositas Gesellschaft liefert erschreckende Zahlen:

  • zwei Drittel (67%) der Männer und die Hälfte (53%) der Frauen sind übergewichtig (BMI ≥ 25 kg/m2)
  • ein Viertel der Erwachsenen sind stark übergewichtig, sprich adipös (BMI ≥30 kg/m2), das sind 23% der Männer und 24% der Frauen

Wie kommt es dazu? Etwas vereinfacht und plakativ könnte man es so beschreiben:

Einer der Hauptgründe für Übergewicht ist die Zunahme hochkalorischer Speisen und die Abnahme von stoffwechselförderlichen Mikronährstoffen pro aufgenommener Kalorie (mehr Nahrungsenergie in Form von Kalorien, weniger Nährstoffdichte in Form von Vitaminen und Mineralstoffen).

Es werden mehr Kalorien gegessen als verbraucht. Dauert ein solcher Kalorienüberschuss lang genug an, dann kann Übergewicht und schließlich Adipositas folgen.

Es bilden sich feste Gewohnheiten aus, der Körper verlangt nach mehr und irgendwann gehen die Hormon- und Stoffwechselsysteme zugrunde.

Nichts funktioniert mehr. Nach einigen erfolglosen Diäten und dem ständigen Kampf mit den Verführungen der Schlemmerländer ist es irgendwann aussichtlos und Betroffene finden nur noch wenig Motivation für Bewegung und Ernährungsumstellungen. Die Ernährungsgewohnheiten sind nun fest etabliert und der Körper liefert keine verlässlichen Signale mehr (Hunger, Appetit, Sättigungsgefühl).

Darum gibt es die Abnehmspritze.

Oder vielleicht auch darum:

An dem Medikament wird seit über 10 Jahren geforscht und es hat den Hersteller Novo Nordisk im September zum reichsten börsennotierten Unternehmen in Europa gemacht. Aus finanzieller Sicht sind die Aussichten rosig!

Abnehmspritze Alternativen

Ein hohes Körpergewicht bereitet Betroffenen häufig emotionale Probleme.

 

Wie funktioniert die Abnehmspritze?

Semaglutid ist der enthaltene Wirkstoff und gehört zu den GLP-1-Rezeptor-Agonisten, was bedeutet, dass es die Effekte des menschlichen Inkretins Glucagon-ähnliches Peptid-1 (GLP-1) imitiert.

Dadurch kommt es zu einer Steigerung der Insulinproduktion und einer besseren Regulation des Blutzuckerspiegels, während gleichzeitig das Hungergefühl reduziert wird und weniger Kalorien aufgenommen werden.

Die biologische Halbwertszeit von Semaglutid liegt bei etwa sieben Tagen (165–184 Stunden), weshalb es wöchentlich vom Anwender gespritzt wird.

Die Abnehmspritze greift also in ein sensibles Gefüge unserer Hormone ein:

 

Exkurs: Hungerhormone im Überblick

Die Zusammenhänge zwischen GLP-1, Ghrelin, Insulin und Leptin spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation des Appetits, des Blutzuckerspiegels und des Körpergewichts.

Lass uns darauf schauen, wie diese zusammenhängen [2]:

GLP-1 (Glucagon-ähnliches Peptid-1): GLP-1 ist ein Hormon, das nach einer Mahlzeit im Darm freigesetzt wird. Es hat mehrere Funktionen, darunter die Steigerung der Insulinproduktion, um den Blutzuckerspiegel nach dem Essen zu senken. Darüber hinaus verlangsamt es die Entleerung des Magens und fördert ein Sättigungsgefühl, was dazu beiträgt, den Appetit zu kontrollieren.

Ghrelin: Ghrelin ist ein Hormon, das im Magen produziert wird und als “Hungerhormon” bekannt ist. Es wird vor den Mahlzeiten ausgeschüttet und signalisiert dem Gehirn, dass es Zeit ist zu essen. Ein Anstieg des Ghrelinspiegels erhöht das Hungergefühl.

Insulin: Insulin wird von der Bauchspeicheldrüse produziert und ist entscheidend für die Regulation des Blutzuckerspiegels. Nach dem Essen hilft Insulin dabei, Glukose aus dem Blut in die Zellen zu transportieren, wo sie als Energiequelle genutzt wird. Ein Mangel an Insulin oder eine Insulinresistenz können zu hohen Blutzuckerspiegeln führen.

Leptin: Leptin wird von den Fettzellen produziert und spielt eine Rolle bei der Regulierung des Körperfettanteils. Es wirkt als “Sättigungshormon” und signalisiert dem Gehirn, wenn genügend Fettreserven vorhanden sind. Ein höherer Leptinspiegel führt normalerweise zu einem verringerten Appetit.

Die Zusammenhänge sind komplex und vielschichtig:

  • GLP-1 beeinflusst den Appetit und die Insulinfreisetzung, um den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren.
  • Ghrelin regt den Appetit an.
  • Insulin ist entscheidend für die Aufnahme von Glukose in die Zellen und senkt den Blutzuckerspiegel nach dem Essen.
  • Leptin signalisiert dem Gehirn den Fettstatus und beeinflusst somit den Appetit und den Energieverbrauch.
Abnehmspritze Alternative

Betroffene kämpfen oft mit dem Blick auf die Waage.

 

Was sind die Vorteile der Abnehmspritze?

Natürlich haben Medikamente immer auch ihre Vorteile. In Bezug auf das gewünschte Ergebnis funktionieren sie (meistens).

Eine oft zitierte Studie zeigt folgende Ergebnisse [3]:

1961 Erwachsene mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 oder höher, die keinen Diabetes hatten, wurden als Probanden genutzt. Sie wurden zufällig für eine 68-wöchige Behandlung mit Semaglutid (2,4 mg) oder Placebo plus Lebensstilintervention (Bewegung, Ernährung) eingeteilt.

Die durchschnittliche Veränderung des Körpergewichts von der Ausgangsbasis bis zur 68. Woche betrug in der Semaglutid-Gruppe -14,9%, verglichen mit -2,4% in der Placebo-Gruppe.

Das Medikament kann Betroffenen also sehr schnell helfen, Gewicht zu verlieren. Effektiver sind nur Fettabsaugungen oder Magen-Verkleinerungen.

Laut meiner Recherchen wird das Medikament nur mit Lebensstil-Änderungen wie Ernährungsumstellung und Bewegung verschrieben, was zumindest positiv zu bewerten ist. Ob das auch der Praxis entspricht und ob es von den Anwendern auch ernst genommen wird, ist schwer zu beurteilen.

Offene Fragen:

Weiterhin fehlen mir Studien zur Nachhaltigkeit der Effekte und es stellen sich folgende Fragen:

  • Wie stabil bleibt der Gewichtsverlust nachdem die Behandlung mit der Abnehmspritze abgeschlossen ist?
  • Wird die Abnehmspritze überhaupt wieder abgesetzt?
  • Können sich die körpereigenen Hormonsysteme wieder regenerieren?

 

Was sind die Nebenwirkungen der Abnehmspritze?

Reden wir über Nebenwirkungen – macht ja sonst keiner. Das Medikament ist ein starker Eingriff in den menschlichen Stoffwechsel und kommt daher mit unerwünschten Effekten daher.

Häufig ist von Nebenwirkungen berichtet, die bei über 5 % der Patienten auftreten können.

Die Formulierung „bei über 5% der Patienten“ klingt zunächst wenig – ist aber bei genauer Betrachtung tatsächlich als ÜBER 5% zu betrachten. Ein Blick in die Studien zeigt die Nebenwirkungen in Prozent der Anwender bei einer Dosierung von 1 mg OZEMPIC [1]:

  • Übelkeit (20,3 %)
  • Erbrechen (9,2 %)
  • Durchfall (8,8 %)
  • Bauchschmerzen (5,7 %)
  • Verstopfung (3,1 %)

Nebenwirkungen heißt ganz unwissenschaftlich formuliert: Der Körper mag das nicht.

Darüber hinaus wurden folgende mögliche Nebenwirkungen beobachtet:

  • Pankreatitis
  • Komplikationen im Zusammenhang mit diabetischer Retinopathie
  • Hypoglykämie (bei gleichzeitiger Anwendung von Antidiabetika wie Insulin oder Sulfonylharnstoffe)
  • Akuter Nierenschaden
  • Allergische Reaktionen
  • Akute Erkrankungen der Gallenblase

Aufgelistet sind die bisher nachgewiesenen sichtbaren Nebenwirkungen. Ich möchte jetzt mutmaßen, dass es mögliche weitere Probleme auf Nährstoffebene gibt:

  • Störung der Resorption von Mikronährstoffen aus der Nahrung und Ergänzung (z.B. durch Erbrechen und Durchfall)
  • Durch weniger Hunger wird zwar wie gewünscht, weniger gegessen, aber gelichzeitig werden noch weniger Mikronährstoffe aufgenommen, welche für den Stoffwechsel wichtig sind.

 

Zwischenfazit zur Abnehmspritze

Zugegeben: Das ist keineswegs ein komplett neutraler Artikel und er enthält ein subjektives „Geschmäckle“ meinerseits.

Von daher ist es kein Geheimnis, dass ich der Abnehmspritze und der öffentlichen Darstellung sehr skeptisch gegenüberstehe.

Ich würde gern noch offensiver und kritischer schreiben, aber ich versuche diesmal halbwegs aufklärend zu bleiben und eigene Gedanken zu formulieren.

Die Abnehmspritze ist die Konsequenz eines systemischen Problems in einer Welt aus McDonalds, Burger King, Red Bull, Milchschnitte und vielem mehr. Auch emotionale Probleme in der heutigen Zeit tragen der Fresssucht bei.

Aus diesem Grund fällt es mir schwer, diese „Lösung“ des Problems ernst zu nehmen. Die Abnehmspritze behandelt das Symptom und nicht die Ursache – so wie wir es in der Schulmedizin oft vorfinden.

Mehr braucht es dazu gar nicht zu sagen.

Spritze Abnehmen

Keine schnelle Lösung, aber nachhaltig.

 

Lass uns zum Abschluss des Beitrages noch auf natürliche Alternativen zu Abnehmspritze eingehen, die keiner hören möchte:

 

Abnehmspritze – 5 natürliche und unspektakuläre Alternativen

Ziel der folgenden Alternativen ist es, den Stoffwechsel durch Nährstoffe, Pflanzenstoffe und Lebensgewohnheiten wieder in Gang zu setzen, um so einen langfristigen Erfolg zu erzielen.

 

#1 Berberin

Berberin ist eine natürliche Verbindung, die zum Beispiel in Berberitzen vorkommt und wird seit Jahrhunderten in der traditionell chinesischen Medizin eingenommen.

Es hilft möglicherweise bei Insulinresistenz und hohem Blutzucker und Studien zeigen, dass Berberin die Insulinsensitivität verbessern und das Abnehmen fördern kann [4].

Es wird in Nahrungsergänzungsmitteln eingenommen, üblicherweise in einer täglichen Dosis von bis zu 1,5 Gramm.

#2 Magnesium

Auch Magnesium kann die Insulinsensitivität verbessern, was wiederum den Blutzuckerspiegel senken kann.

Menschen mit Diabetes haben in der Regel niedrigere Magnesiumspiegel im Blut und können daher davon profitieren.

Laut einer Studie hilft Magnesium dabei, die Insulinsensitivität zu verbessern und die Insulinsekretion zu steigern (macht die Abnehmspritze auch, jedoch lässt sich mit Magnesium wenig Geld verdienen) [5].

 

#3 Kräuter, Gewürze und weitere Pflanzenstoffe

Eine interessante Studie aus dem Jahre 2021 mit dem Titel „Boosting GLP-1 by Natural Products“ zeigt, das GLP-1 auch über andere Naturstoffe positiv beeinflusst werden kann [6]:

„In der vorliegenden Studie kommen wir zu dem Schluss, dass bestimmte pflanzliche Inhaltsstoffe wie Berberin, Tee, Curcumin, Zimt […] und Resveratrol […] einen Einfluss auf die Freisetzung von GLP-1 haben können.“

 

#4 Vitalpilze

Auch unsere Allrounder im Bereich der Naturheilkunde könnten eine Alternative zur Abnehmspritze sein. Bisher haben nur wenige Studien die Wirkung von Heilpilzen auf GLP-1 untersucht, doch es zeigen sich positive Effekte auf Blutzucker und Insulinsensitivität, z.B. bei Reishi [7].

Eine positive Wirkung über GLP-1 ist anzunehmen und bestätigt sich zumindest in Bezug auf Cordyceps und diabetische Mäuse [8].

 

#5 weitere Mikronährstoffe

Letztendlich könnte ich die Liste an wirksamen Mikronährstoffen weiter fortführen. Ein Blick auf die empfohlenen Vitamine und Mineralstoffe bei Diabetes mellitus und Adipositas reicht eigentlich schon aus (aus Gröber, Uwe „Mikronährstoffe“):

  • Vitamin B1 (Benfotiamin)
  • Vitamin C
  • Folsäure
  • Vitamin D
  • Magnesium
  • Zink
  • Chrom
  • Omega-3 Fettsäuren
  • Alpha-Liponsäure
  • Coenzym Q10

Der menschliche Stoffwechsel kann langfristig nur funktionieren, wenn er in Bezug auf die Mikronährstoffe aus dem vollen schöpfen kann. Deshalb ist eine Ernährung, die reich an Vitalstoffen ist, gepaart mit einer klugen Ergänzung, sicher am nachhaltigsten. Das kann die Abnehmspritze nicht bieten.

Hinzu kommen eine gute Bewegung, Stressreduktion und die Arbeit an emotionalen Themen – darauf möchte ich hier aber nicht zu sehr eingehen.

 

Fazit: Abnehmspritze behandelt das Symptom und nicht die Ursache

Die Abnehmspritze ist aktuell in aller Munde und bei immer mehr Betroffenen im Einsatz. Der Rezeptblock der Ärzte ist gezückt und die Kassen der Pharmaindustrie werden wieder einmal geflutet.

Es ist aufwändig an den wahren Wurzeln der Erkrankungen Adipositas und Diabetes Typ 2 zu arbeiten – von daher rennt das Wundermittel offene Türen ein, denn es scheint einfach.

Wir bleiben skeptisch und propagieren die langweiligen, aufwändigeren Alternativen ☺

Was denkst Du dazu? Schreib es gern in die Kommentare.

 

 


[1] https://dailymed.nlm.nih.gov/dailymed/drugInfo.cfm?setid=adec4fd2-6858-4c99-91d4-531f5f2a2d79 [2] Ronveaux, C. C., Tomé, D., & Raybould, H. E. (2015). Glucagon-Like Peptide 1 Interacts with Ghrelin and Leptin to Regulate Glucose Metabolism and Food Intake through Vagal Afferent Neuron Signaling. The Journal of Nutrition, 145(4), 672-680. [3] https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2032183 [4] Pérez-Rubio KG, González-Ortiz M, Martínez-Abundis E, Robles-Cervantes JA, Espinel-Bermúdez MC. Effect of berberine administration on metabolic syndrome, insulin sensitivity, and insulin secretion. Metab Syndr Relat Disord. 2013 Oct;11(5):366-9. doi: 10.1089/met.2012.0183. Epub 2013 Jun 28. PMID: 23808999. [5] Veronese N, Watutantrige-Fernando S, Luchini C, Solmi M, Sartore G, Sergi G, Manzato E, Barbagallo M, Maggi S, Stubbs B. Effect of magnesium supplementation on glucose metabolism in people with or at risk of diabetes: a systematic review and meta-analysis of double-blind randomized controlled trials. Eur J Clin Nutr. 2016. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27530471/ [6] Yaribeygi, H., Jamialahmadi, T., Moallem, S. A., & Sahebkar, A. (2021). Boosting GLP-1 by Natural Products. Advances in experimental medicine and biology, 1328, 513–522. https://doi.org/10.1007/978-3-030-73234-9_36 [7] Wińska K, Mączka W, Gabryelska K, Grabarczyk M. Mushrooms of the Genus Ganoderma Used to Treat Diabetes and Insulin Resistance. Molecules. 2019 Nov 11;24(22):4075. doi: 10.3390/molecules24224075. PMID: 31717970; PMCID: PMC6891282. [8] https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fnut.2023.1203430/full