Leinöl – Inhaltsstoffe, Wirkungen und Anwendungen

von Martin Auerswald, M.Sc.
Veröffentlicht: Zuletzt bearbeitet:
Eine Flasche Leinöl neben einer Schale mit Leinsamen

Leinöl wird aus Leinsamen gewonnen und ist besonders gesund, weil es viele pflanzliche Omega-3-Fettsäuren enthält. Obwohl sein nussiger Geschmack nicht jeden überzeugt, ist es sehr beliebt, da es sich für die kalte Küche sowie kosmetische Anwendungen eignet.

Im folgenden Beitrag erfährst Du alles Wichtige über Leinöl: Inhaltsstoffe, Wirkungen, Anwendungen etc. Und Du erhältst Tipps zum Kauf.

 

Was ist Leinöl?

Leinöl (auch Leinsamenöl) wird durch Kaltpressung von frischen Leinsamen gewonnen. Dieses Verfahren gewährleistet ein qualitativ hochwertiges Produkt, denn Leinöl enthält hitzelabile Fettsäuren. Aus diesem Grund sollte man nicht mit Leinöl kochen oder es anderweitig erhitzen.

Klar abzugrenzen ist Leinöl vom Leindotteröl, das durch die Pressung von Leindottersamen gewonnen wird. Dieses enthält zwar viele pflanzliche Omega-3-Fette, entspricht in botanischer und geschmacklicher Hinsicht aber Rapsöl – von beiden rate ich ab. Der Grund: Raps, der in freier Natur wächst, ist giftig und nicht für den Verzehr geeignet.

Zusammen mit Oliven- und Hanföl bietet sich Leinöl für verschiedene Anwendungen an: Salate, Holzschutz, Naturkosmetik.

Dass Leinsamenöl heute so bekannt ist und breite Anwendung findet, ist der Verdienst von Dr. Johanna Budwig. Die Apothekerin und Biochemikerin erforschte lange Zeit dessen Gewinnung und Anwendung. Der klassische „Quark mit Leinöl“ zur Schonung des Magen-Darm-Traktes wird ihr zugeschrieben.

Wiese voller Lein mit lilafarbenen Blüten und strahlend blauem Himmel

Lein (Flachs) ist in seiner natürlichen Form wunderschön anzusehen

 

Leinöl Inhaltsstoffe

28 g (2 Esslöffel) Leinöl enthalten die folgenden Inhaltsstoffe [1]:

  • 248 kcal
  • 28 g Fett, davon
    • 2,6 g gesättigte Fettsäuren
    • 5,7 g einfach ungesättigte Fettsäuren
    • 18,5 g mehrfach ungesättigte Fettsäuren, davon 15 g Alpha-Linolensäure (pflanzliche Omega-3-Fettsäure)
  • 4,9 mg Vitamin E (24 % RDA)

Die Kombination aus pflanzlichen Omega-3-Fettsäuren (66 % des Öls) und Vitamin E entfaltet eine entzündungshemmende Wirkung. Die meisten gesundheitlichen Vorteile basieren indirekt darauf. Diesbezüglich ist Leinöl weitaus gesünder als Rapsöl, Sonnenblumenöl & Co. Zwar enthalten diese Öle zahlreiche ungesättigte Fette, aber nicht so viele Omega-3-Fettsäuren.

<strong>Was bewirken pflanzliche Omega-3-Fettsäuren?</strong>
Pflanzliche Omega-3-Fettsäuren sind gesund, müssen hinsichtlich ihrer Wirkung aber von den tierischen abgegrenzt werden. Der Grund: In Pflanzen liegt fast ausschließlich Alpha-Linolensäure (ALA) vor (Ausnahme: Algen), in tierischen Produkten Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA).

Alle drei wirken stark entzündungshemmend. Der Körper kann jedoch nur EPA und DHA als Bausubstanz für Zellen (besonders für das Gehirn) nutzen. Die Umwandlung von ALA in die längeren Fettsäuren EPA und DHA ist äußerst ineffizient [7]. Insofern wirkt ALA „nur“ entzündungshemmend, dient aber nicht dem Aufbau neuer Nervenzellen.

Mehr dazu erfährst Du hier: Omega-3 – warum Leinöl nicht ausreicht.

Dennoch: Leinöl ist so reichhaltig an dieser Omega-3-Fettsäure, dass sie beachtliche Wirkungen erzielen kann.

 

Leinöl Wirkungen

Wird Leinöl in moderaten Mengen sowie sachgemäß konsumiert (d. h. nicht erhitzt), birgt es zahlreiche Vorteile für die Gesundheit.

 

#1 Typ-2-Diabetes

Leinsamen eignen sich für Diabetiker, Leinöl folglich ebenso. Durch seine entzündungshemmenden Eigenschaften steigt die Insulinsensitivität, was dazu führt, dass der Blutzucker effektiver gesenkt werden kann.

 

#2 Cholesterinspiegel

Studien zufolge kann Leinöl den LDL-Cholesterinspiegel senken. LDL ist ein Lipoprotein, das im Fall von Herz-Kreislauf-Erkrankungen problematisch sein kann. Wer von erhöhten Cholesterinwerten betroffen ist, profitiert durch den Konsum des Öls.

Übrigens: Pilze und grünes Gemüse sind auch Cholesterinsenker. Warum nicht einen Salat aus diesen drei Komponenten zubereiten?

 

#3 Arteriosklerose

Weil Leinsamenöl den Cholesterinspiegel senkt und Entzündungen hemmt, ist das Risiko für einen Herzinfarkt, Schlaganfall sowie Arteriosklerose geringer [5]. LDL-Cholesterin stellt erst ein Problem dar, wenn es oxidiert (oxidativer Stress) und sich an der Gefäßwand ablagert. Leinöl verhindert, dass LDL-Cholesterin oxidiert.

 

#4 Rheuma

Bei systemischen Autoimmunerkrankungen wie Rheumatoide Arthritis und Lupus wirken sich Omega-3-Fettsäuren und Vitamin E positiv aus [4]. Entzündungen und Schmerzen werden effektiv gesenkt, sodass der ganze Körper davon profitiert.

 

#5 Blutdruck

Leinöl kann sich positiv auf den Blutdruck auswirken. Grund dafür ist die Hemmung von Entzündungen, denn diese bedeuten Stress für Deinen Stoffwechsel, was zur Verengung der Blutgefäße führt.

Übrigens: Rote Beete und Spinat eignen sich ebenfalls zur Blutdrucksenkung. Also auch hier: Warum nicht einen Salat aus diesen drei Komponenten zubereiten?

 

#6 Entzündungen

Bereits die Einnahme geringer Mengen Leinöl versorgt den Körper mit pflanzlichen Omega-3-Fettsäuren, die effektiv die biochemischen Signalwege für Entzündungs- und Schmerzbotenstoffe hemmen können. Konkret COX-2 und Inflammasome.

 

#7 Entgiftung

Aufgrund der Bitterstoffe erhöht Leinöl die Gallenproduktion und regt so die Entgiftung über Darm und Leber an. Außerdem erhöhen Omega-3-Fette den Nrf-2-Signalweg, der die zelleigene Müllabfuhr (Autophagie) aktiviert. Jeden Tag etwas Leinsamenöl oder ein paar Leinsamen zu konsumieren, unterstützt den Körper bei der Entgiftung.

 

#8 Arthrose

Leinöl kann Knorpelgewebe nicht regenerieren, aber Schmerzen und Entzündungen am und im Knorpel reduzieren.

Tipp: Hagebutten, Kollagen, MSM und Krafttraining helfen Dir dabei, Knorpel zu erneuern und Arthrose zu lindern.

 

#9 Kopfschmerzen

Wenn Du häufiger an Kopfschmerzen und Migräne leidest, könnte Leinsamenöl für Linderung sorgen: Vitamin E und Omega-3-Fette senken den Blutdruck und hemmen Entzündungen im Gehirn – die häufigsten Ursachen für chronische Kopfschmerzen.

Tipp: Achte auf eine gesunde Ernährung und Stressreduktion, um nachhaltig gegen Kopfschmerzen vorzugehen.

 

#10 Glück und Zufriedenheit

Untersuchungen von Dr. Patrick und Prof. Ames zufolge sind Omega-3-Fettsäuren wichtig für die Produktion des Glückshormons Serotonin [6]. Mehr davon kann nicht schaden, meinst Du nicht auch?

 

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#11 Darmflora

Omega-3-Fettsäuren wirken beruhigend und modulierend auf die Darmflora (Mikrobiom). Solltest Du von wiederkehrenden Darminfekten oder Verdauungsproblemen betroffen sein, könnte Leinöl Abhilfe schaffen.

 

#12 Immunsystem

Das Immunsystem wird ineffektiv, wenn der Körper chronisch entzündet ist. Immunzellen blockieren sich dann gegenseitig und nehmen Kollateralschäden des Körpergewebes in Kauf. Omega-3-Fette wirken hier entgegen.

Infografik Leinöl

 

 

Leinöl Anwendungen

Im Folgenden erhältst Du einen Überblick über die wichtigsten Anwendungen von Leinöl, damit Du jederzeit und unkompliziert von seinem angenehmen Geschmack und seinen Wirkungen profitieren kannst.

 

Leinöl Einnahme

Viele unserer Leser nehmen Leinöl pur ein. Meist früh auf nüchternen Magen oder direkt vor dem Frühstück, um Stoffwechsel und Verdauung anzuregen.

Einfach einen Esslöffel Öl schlucken und mit einem Glas Wasser nachspülen.

 

Ölziehen

Ich bevorzuge Olivenöl zum Ölziehen, viele schwören jedoch auf Leinöl. Die Methode kommt der Mundhygiene zugute, denn die Öle wirken antibakteriell und überziehen den gesamten Mundraum mit einer Fettschicht.

Nimm hierzu einfach einen Esslöffel Leinsamenöl und ziehe es 10 bis 20 Minuten durch die Zähne. Danach ausspucken und gut nachspülen.

Ich schwöre auf Ölziehen, wenn ich leichte Zahnschmerzen habe, denn die häufigste Ursache sind zu viele Bakterien in der Mundhöhle. In solchen Fällen greife ich lieber zu Öl statt zu Listerine.

 

Leinöl als Naturkosmetik

Auch für die äußerliche Anwendung eignet sich Leinöl: Im Fall von trockener, gereizter und juckender Haut wirkt es schmerz- und entzündungslindernd. Besonders Neurodermitiker und Menschen, die an Ekzemen oder Schuppenflechte leiden, profitieren davon.

Wenn Du lange Haare hast, kannst Du sie mit ein paar Tropfen Leinsamenöl zum Glänzen bringen: einfach nach dem Waschen und Trocknen ein paar Tropfen in den Haaren verreiben. Arganöl ist für diese Wirkung bekannt, Leinsamenöl eignet sich aber ebenso.

Zur Zubereitung von Cremes ist Leinöl nicht empfehlenswert, weil es schnell ranzig wird. Aus diesem Grund solltest Du es lieber direkt auftragen.

 

Rezepte mit Leinöl

In der Naturheilkunde und in der Klosterschule von Hildegard von Bingen hat sich Lein/Flachs etabliert: Leinöl mit Quark, Joghurt oder Hüttenkäse ist ein Klassiker und wird von vielen als schonendes Frühstück geschätzt.

Außerdem kannst Du das Öl als Dressing für jeden Salat verwenden. Ich selbst nutze Olivenöl, Hanföl, MCT-Öl und Leinöl für Dressings, je nachdem, welches geschmacklich zum Salat passt.

Tipp: Kombiniere Leinsamenöl mit Apfelessig und etwas Honig für ein gesundes Dressing!

Auch im Müsli macht sich das Öl gut – besonders in Verbindung mit Birnen, Haferflocken und Naturjoghurt.

 

Leinöl Kapseln

Nicht jeder mag den Geschmack von Leinöl, deshalb gibt es Kapseln mit Leinsamenöl zu kaufen. Von dieser Alternative rate ich jedoch ab, weil die Kapseln in vielen Fällen bereits ranzig sind, ehe sie Dich per Post erreicht haben. Wenn Du Dich mit dem Geschmack des Öls gar nicht anfreunden kannst, greife zu Leinsamen.

 

Leinöl als Holzschutz

Seit Jahrhunderten wird Leinsamenöl als natürlicher Holzschutz verwendet. Es überzieht das Holz mit einer wasserabweisenden Schicht und kommt dabei ohne Konservierungsmittel, künstliche Farben und Lacke aus. Leinöl dringt tiefer in das Holz ein als Acrylate und ist schmutz- und wasserabweisend. Außerdem blättert es nicht ab.

Es eignet sich für Möbel, Zäune, Fassaden und Balken. Beachte bitte, dass es einige Wochen dauern kann, bis das Öl komplett eingezogen ist und das Holz nicht mehr leicht klebrig und ölig ist.

Leinöl wird mit großen Pinsel als Holzschutz auf helle Bretter aufgetragen

Leinöl kann als natürliche Schutzschicht auf Holz aufgetragen werden

 

Leinöl im Geigenbau

Sonneneingedicktes Leinöl wird seit Jahrhunderten in einigen traditionellen Geigenwerkstätten genutzt. Es schützt die Instrumente vor chemischen sowie mechanischen Schäden und erhöht deren Lebensdauer – möglich sind bis zu 250 Jahre!

 

Leinöl kaufen – worauf ist zu achten?

Ich habe viele Erfahrungen mit Leinöl gesammelt. In einem letzten Schritt möchte ich Dich noch darüber aufklären, auf welche Kriterien Du beim Kauf achten musst:

  • gekühlte Lagerung
  • dunkle Glasflasche
  • Mindesthaltbarkeitsdatum ist angegeben und liegt mindestens 6 Monate in der Zukunft
  • Bioqualität
  • Kaltpressung
  • Herkunft des Leins: Deutschland oder Frankreich

Nur die wenigsten Leinöle im Einzelhandel und im Internet erfüllen diese Voraussetzungen. Die Suche nach einem hochwertigen Produkt zahlt sich jedoch aus.

Martin Krowicki aus unserem Team kauft sein Leinöl im Reformhaus. Dort ist es im Kühlregal gelagert, hat eine komplett lichtgeschützte Flasche und lange Haltbarkeit. Der Preis ist natürlich höher als im Supermarkt, dafür ist das Produkt komplett frisch und nicht ranzig.

Falls Du eine Ölmühle in der Nähe hast, dann ist auch der Kauf von Leinöl direkt vom Hersteller möglich. Viele Ölmühlen gibt es zum Beispiel im Spreewald.

 

Fazit – Leinöl als gesundes Öl für die kalte Küche

Aufgrund der großen Menge an pflanzlichen Omega-3-Fettsäuren und Vitamin E ist Leinöl hitzelabil, aber gesund. Vor allem seine entzündungshemmende Wirkung ist hervorzuheben.

Wenn Du Leinöl in der kalten Küche verwenden möchtest, empfiehlt sich ein qualitativ hochwertiges Produkt. Bioqualität und Kaltpressung sind die wichtigsten Kriterien, auf die Du achten solltest.

 

 

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  1. https://nutritiondata.self.com/facts/fats-and-oils/7554/2
  2. Basch, Ethan; Bent, Steve; Collins, Jeffrey; Dacey, Cynthia; Hammerness, Paul; Harrison, Michelle et al. (2007): Flax and flaxseed oil (Linum usitatissimum): a review by the Natural Standard Research Collaboration. In: Journal of the Society for Integrative Oncology 5 (3), S. 92–105.
  3. Calder, Philip C. (2017): Omega-3 fatty acids and inflammatory processes: from molecules to man. In: Biochemical Society transactions 45 (5), S. 1105–1115. DOI: 10.1042/BST20160474.
  4. Curado Borges, Mariane; de Miranda Moura Dos Santos, Fabiana; Weiss Telles, Rosa; Melo de Andrade, Marcus Vinicius; Toulson Davisson Correia, Maria Isabel; Lanna, Cristina Costa Duarte (2017): Omega-3 fatty acids, inflammatory status and biochemical markers of patients with systemic lupus erythematosus: a pilot study. In: Revista brasileira de reumatologia 57 (6), S. 526–534. DOI: 10.1016/j.rbre.2016.09.014.
  5. Mozaffarian, Dariush (2005): Does alpha-linolenic acid intake reduce the risk of coronary heart disease? A review of the evidence. In: Alternative therapies in health and medicine 11 (3), 24-30; quiz 31, 79.
  6. Patrick, Rhonda P.; Ames, Bruce N. (2015): Vitamin D and the omega-3 fatty acids control serotonin synthesis and action, part 2: relevance for ADHD, bipolar disorder, schizophrenia, and impulsive behavior. In: FASEB journal : official publication of the Federation of American Societies for Experimental Biology 29 (6), S. 2207–2222. DOI: 10.1096/fj.14-268342.
  7. Burdge & Calder (2005): Conversion of alpha-linolenic acid to longer-chain polyunsaturated fatty acids in human adults. Reprod Nutr Dev. 2005 Sep-Oct;45(5):581-97.

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2 Kommentare

Sonja 15. Oktober 2019 - 16:08

Hallo Martin,
sehr interessanter Artikel über Leinöl und dessen Wirkung. Leider wird das von dir empfohlene Leinöl nicht in die Schweiz geliefert ?. Schade…
Liebe Grüsse, Sonja

Michael Scherm-Markow 26. Februar 2020 - 19:54

Wer mehr und wer recht Unterhaltsames über Leinöl und seinen Wirkungen erfahren will, lese das Buch “Leinöl macht glücklich”. Es ist mit vielen Informationen, Geschichten, Bildern und Rezepten gespickt. Auch Kulturgeschichtliches wird dargeboten. Der Inhalt ist dermaßen dicht, dass es sich lohnt, das Buch mehrmals zu lesen. Ein preiswertes, helfendes und hilfreiches Vergnügen.

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